KUNST & KULTUR PORTRÄT Mythischmysteriöses Leuchten Manchmal hat man Freunde, die für ihr Talent mit einer hohen Ehrung ausgezeichnet werden – so wie Ernst Bruzek, den ich wohl von nun an mit „Herr Professor“ anreden muss. Mit Ernst Bruzek wird ein Künstler geehrt, dessen Kunstwerke – Gemälde, Drucke, Innenarchitekturen, Bühnenbilder – man nicht lediglich abstrakt registriert, sondern sinnlich und emotional genießen und erleben kann. Eine Trendwende? Jedenfalls hat nun also alle Welt zur Kenntnis zu nehmen, dass er einer der Ernst Bruzek ist ein Künstler, dessen Werk der Betrachter sinnlich und emotional genießen und erleben kann. Text: Rolf Palm begabtesten und bedeutendsten Künstler Österreichs ist. Und das für alle Zeit, denn seine Ernennung zum Professor steht ja auch in höchstamtlichen Dokumenten und die werden sorgsam archiviert. Vorbei also die Zeiten, da man sich freuen durfte, einen Bruzek ganz allein, aus eigenem (manchmal eingebildetem) Kunstverständnis und Kunstgeschmack entdeckt zu haben. Vorbei auch die Jahre, Fotos: Ernst Bruzek 160 | SOCIETY 1_<strong>2014</strong>
KUNST & KULTUR PORTRÄT da man sich zu Gute halten durfte, zu jener Avantgarde zu gehören – freilich neben vielen bedeutenden Galeristen in ganz Europa, neben großen Regisseuren und neben klugen, exklusiven Kunstverlegern – die sich von der ganz besonderen Ausstrahlung seiner Werke, vom Einmaligen und vom quer zu den banalen Modeströmungen der Zeit gerichtete Schaffen Bruzeks angerührt fühlte. Gewiss war Ernst Bruzek als Maler, Bühnenbildner und Designer nie ein Unbekannter, nie das, was man landläufig einen Geheimtipp nennt. Der Salzburger – dort 1940 geboren – verschaffte sich sein handwerkliches Rüstzeug ab 1958 an der Wiener Akademie. Dort war er nicht nur ein Schüler des großen Caspar Neher, im Wien der Sechziger Jahre sog er auch den Duft des Wiener Realismus ein, der in jenen Jahren seine berauschenden Blüten trieb. Wäre er damals nicht zu jung gewesen, hätte gewiss auch er zur unvergessenen Gemeinde um Ernst Fuchs, Arik Brauer, Gütersloh und Hundertwasser gehört. Friedensreich Hundertwasser gab damals die Vision der anti-abstrakten, anti-minimalistischen Gestaltung vor: „Kunst ist ein Platz der Antworten, ein Ort der Erbauung, des Friedens; ein Ort, wo man tiefe seelische Hilfe findet – wo man den richtigen Weg wieder findet, den man verloren hat…“ So entspricht es denn wohl auch dem Sinn einer Generationen-Logik, dass immerhin Ernst Fuchs der Mentor und Freund von Ernst Bruzek geworden und geblieben ist. „Er“, sagte Fuchs über Bruzek schon damals, „ist einer der ersten, der in die Malerei unserer Kultur zurückkehrt.“ Schon früh gab es Gemeinschafts-Ausstellungen und Events, in denen Fuchs und Bruzek gemeinsam figurierten, so auch im September 2001 in der Wiener Fuchs-Villa, wo beide – zum Nutzen der Welthilfsorganisation CARE – Gaggenau- Kühlschränke bemalten, die dann erfolgreich versteigert wurden. (Bruzeks Möbel, auch wenn es Küchenmöbel sind, mag man halt ebenso wie seine Bilder oder Wandteller gern daheim haben, wenn man sich nicht gar sein Haus ganz von ihm innenarchitektonisch einrichten lässt, als „Ort der Erbauung und des Friedens“ eben). Da ist es denn auch wohl kein Zufall, dass man Ernst Bruzek ebenso wie Ernst Fuchs oft in Monaco findet, wo beide in ihren Ateliers die eigenartige Strahlung des Azur-Himmels in ihrer Kunst einfangen, wie schon so viele Künstler vor ihnen und auch der französische Maler Folon oder der (bereits verstorbene) deutsch-amerikanische Lichtbildner Helmut Newton in unserer Zeit. Immerhin, Ernst Bruzek entdeckte als Erster das seltsame Azur-Licht in und um Monaco, wie auch die einmalige fantasievolle mediterrane Pflanzenwelt, deren sinnlich-farbige Fleischlichkeit so oft aus seinen Gestaltungen herausstrahlt. Da war eben Bruzek vielen anderen voraus. Schon vor fast dreißig Jahren lernte ich ihn hier, in einem für seinen Charakter typischen Moment, kennen. Es gab damals in Monte-Carlo eine Musikbar, deren Besitzer seinen Gästen gern »Minimalismus ist das Anbeten des Nichts! « Ernst Bruzek „Vor dem Stier“ Bild linke Seite: „Artemis“ – Tochter des Zeus und der Leto, Zwillingsschwester Apollons CURRICULUM VITAE Ernst Bruzek, geboren 1940 in Salzburg, studierte in Wien Bühnenbild und Malerei. In den späten 1960er und 70er Jahren machte er sich vor allem als Bühnenbildner einen Namen und arbeitete für große deutsche Bühnen (z.B. Frankfurter Oper). Mitte der 80er Jahre übersiedelte er sein Atelier nach Monaco, wo er sich hauptsächlich mit großformatigen Ölbildern und Skulpturen beschäftigte. In seinen Werken bezieht er sich auf die Antike als Ursprung der europäischen Kultur. plötzlich das Mikrofon vors Gesicht hielt und ihnen das Singen befahl. An einem Abend, da sogar der damalige Fiat-Chef Agnelli und eine Prinzessin Hohenlohe solchermaßen gezwungen Töne von sich gaben, entzog sich Ernst Bruzek der Darbietung, obwohl er gerade mit einer hochkarätigen Vernissage im weltberühmten „Hotel de Paris“ einen internationalen Erfolg gefeiert hatte (bis heute erstaunt Bruzek mit Ausstellungen in der „Galerie of Fine Arts“ oder den Empfangsräumen der „Belle-Epoque“-Villa der „BANK VON ERNST“ die kosmopolitische Kunst- und Sammler-Szene in Monaco). Also, vermutete ich an jenem Abend im „Gregory’s“, hier sehen wir endlich einen Menschen, der sich nicht so gern zur Schau stellt. In der Tat: Während Tausende anderer – und minderer – Künstler jedes Event nutzen, wenn nicht gar manipulieren (ein Christo, Warhol, Rauschenberg, Beuys, Walter de la Maria scheinen und schienen ohne Medien-Hype gar nicht existent), will ein Bruzek immer hinter seinem Werk zurückstehen, will das von ihm Geschaffene für sich allein wirken lassen. Um so höher ist da zu bewerten, dass Opernregisseure, Galeristen und Kunstverleger (auch private Käufer, natürlich) schon sehr früh die künstlerische Substanz Ernst Bruzeks erkannten und ihr stets die Treue hielten. Meilensteine in der Bühnenbildnerei für große Opern- und Theateraufführungen sind Bruzeks Dekorationen, so für seine „Carmen“, für einen „Don Carlos“, und überhaupt seine Zusammenarbeit mit dem legendären Frankfurter Opernchef Christoph von Dohanny, die in einer unvergessenen Ausstattung für Wagners „Rheingold“ gipfelte. Bemerkenswert ist indessen bei Bruzek, dass er neben den gigantischen Dimensionen eines Opern-Bühnenbilds nicht minder ausdrucksstark in kleinen Formaten wirkt. So, selbstverständlich, in Bildern, wie sie etwa im Palais Schwarzenberg oder im Theresianum zu sehen waren. („Die symbolische Welt des Ernst Bruzek“, im November 1980). Deutlicher noch auf den für limitierte Auflagen geschaffenen Jahrestellern der Porzellanmanufaktur Villeroy & Boch mit echten Halbedelsteinen in den Haaren der allegorischen Frauenköpfe (30 cm Durchmesser). Ganz bezaubernde Bruzek- Kleinode sind, wir wollen es nicht vergessen, die hier im Superiora Media Verlag erschienenen Kunstdrucke der symbolischen Welt der Sternzeichen, die „Stern-Bilder“ (465x660 mm). Nun also ist das mythisch-mysteriöse Leuchten aus dem Werk Ernst Bruzeks endlich auch bis in Wiens Ministeriumsetagen hinaufgestrahlt. Man darf wohl sagen, dass der Glanz, der dort das Zeremoniell der Verleihung des Professortitels umgab, nicht nur symbolisch war. • Rolf Palm ist Redakteur für Sonderaufgaben der mediterra éditions: Riviera Côte d’Azur Zeitung, Riviera Times und Corriere della Costa Azzurra SOCIETY 1_<strong>2014</strong> | 161