Berliner Zeitung 01.11.2019
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<strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 254 · F reitag, 1. November 2019 11 *<br />
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Berlin<br />
Tipps der Promis<br />
Tipps der Promis<br />
1:1<br />
2:1<br />
Gayle Tufts,<br />
Entertainerin<br />
„Eigentlich bin ich Fan<br />
vonWerder Bremen, was dramatisch<br />
und oft auch deprimierend ist.<br />
Ich finde Fußball toll, das ist so<br />
ein ästhetisches Spiel. Cool, dass es ein<br />
Derbyinder Alten Försterei gibt. Das ist<br />
so, als ob Madonna nicht in der<br />
Mercedes-Benz-Arena spielt, sondern<br />
im Hebbel-Theater.Ich tippe, dass das<br />
Spiel 1:1 ausgeht und<br />
freue mich schon auf die<br />
Bundesliga-Konferenz im Info-Radio.“<br />
3:1<br />
GregorGysi,<br />
Linken-Politiker<br />
„3:1 für Union.<br />
Schon deshalb,weil Hertha wohl Angst<br />
vordem Osten hat.“<br />
2:1<br />
Pierre Besson,<br />
Schauspieler<br />
„Mir als Köpenicker liegen<br />
die Eisernen ziemlich am Herzen.<br />
Die Stimmung ist nach dem Weiterkommen<br />
im Pokal hervorragend und man<br />
hat einen Taglänger Pause.<br />
An der Alten Försterei sollte Hertha keine<br />
Sonne sehen. Die besten Fans der<br />
Stadt werden maßgeblich zum verdienten<br />
2:1-Erfolg Unions beitragen und dann<br />
wird ganz Berlin feiern!“<br />
Der WirtFrank Schafforsvon der Fankneipe „Schwarze Hexe“ in der Paul-Robeson-Straße in Prenzlauer Berg.<br />
Eine für alle<br />
In der Fußballkneipe „Schwarze Hexe“ sind Unioner und Herthaner gleichermaßen willkommen<br />
VonMikeWilms<br />
Zwei Herzen schlagen in der<br />
Brust von Frank Schaffors.<br />
Der Wirt der Fußballkneipe<br />
„Schwarze Hexe“ ist Union-<br />
Fan, aber Hertha-Fans sind bei ihm<br />
genauso willkommen wie Anhänger<br />
der Eisernen. „Zu DDR-Zeiten gab es<br />
über die Mauer hinweg eine Fan-<br />
Freundschaft zwischen den Klubs“,<br />
sagt der gebürtige Ost-<strong>Berliner</strong>. Diesen<br />
alten Geist der Brüderlichkeit will<br />
er in seiner Kneipe in Prenzlauer Berg<br />
am Leben erhalten. Dass Union und<br />
Hertha an diesem Sonnabend erstmals<br />
zum Bundesliga-Derby aufeinandertreffen,<br />
ist für Schaffors etwas<br />
Besonderes.<br />
Fahnen für beide Teams<br />
Links und rechts der Eingangstür hat<br />
Schaffors bereits am Donnerstag zwei<br />
große Fahnen angebracht. Eine rotweiße<br />
Union-Fahne und eine blauweiße<br />
Hertha-Fahne wehen an der<br />
Hausfassade. „Das erinnert mich an<br />
das legendäreFreundschaftsspiel von<br />
1990, zweieinhalb Monate nach dem<br />
Fall der Mauer“, sagt Schaffors. Er<br />
stand selbst als Union-Fan im Olympiastadion,<br />
als Union und Hertha am<br />
27. Januar 1990 vor 51270 Zuschauern<br />
aufeinandertrafen. „Fast 30 Jahre<br />
später kommt nun wieder so ein historisches<br />
Spiel zustande“, sagt Schaffors.<br />
„Nur werde ich dieses Mal am<br />
Tresen stehen und Bier zapfen.“<br />
Der Wirt rechnet damit, dass an<br />
diesem Sonnabend 60 Prozent seiner<br />
Polizei-Großaufgebot: Die<br />
<strong>Berliner</strong> Polizei wird am<br />
Sonnabend nach eigenen<br />
Angaben mit 1500 Kräften<br />
in der Stadt unterwegs sein.<br />
„Wie sich diese verteilen<br />
hängt vomTagesverlauf ab“,<br />
sagte eine Polizeisprecherin.<br />
Gäste Union-Fans und 40 Prozent<br />
Hertha-Fans sein werden. Sein Lokal,<br />
die „Schwarze Hexe“ in der Paul-Robeson-Straße,<br />
befindet sich nur wenige<br />
HundertMeter vomehemaligen<br />
Grenzübergang Bornholmer Straße<br />
entfernt. Zum einstigen Hertha-Stadion,<br />
der Plumpe,inGesundbrunnen<br />
ist es ein Kilometer.„Es gibt hier Fans<br />
beider Teams und alle Kneipenbesucher<br />
wissen, dass man bei mir auf<br />
beide Fraktionen trifft“, sagt Schaffors.Wie<br />
an jedem Bundesliga-Spieltag<br />
seit 16 Jahren wird eramSonnabend<br />
die Großleinwand aufbauen<br />
und Fußball zeigen.<br />
An den gelb gestrichenen Wänden<br />
der Kneipe hängen Union- und Hertha-Schals,<br />
aber auch Schals anderer<br />
Bundesligavereine – Borussia Dortmund,<br />
Borussia Mönchengladbach,<br />
Werder Bremen. „Durch die Zugezogenen<br />
wirddie <strong>Berliner</strong> Fußball- und<br />
ERHÖHTES RISKIO<br />
Gefährder-Ansprachen: Die<br />
Polizei hält dasDerbyfür eine<br />
Veranstaltung mit erhöhtem<br />
Risikound will die Fanlager<br />
voneinander getrennt halten.<br />
„Wir habenGefährderansprachen<br />
im zweistelligenBereich<br />
durchgeführt.“<br />
Alkohol-Verbot: Für das ausverkaufteStadion<br />
wurde ein<br />
Alkoholverbotfestgelegt,so<br />
derUnion-Pressesprecher.<br />
22 000 Tickets seien vergebenworden.<br />
2500 Hertha-<br />
Fans würdenimStadion An<br />
der Alten Förstereierwartet.<br />
Fankultur immer vielfältiger“, sagt<br />
Schaffors. Dies bemerke er auch an<br />
seinem Kneipenpublikum, das friedlich<br />
und ohne Aggressionen auf<br />
„Fremd-Fans“ reagiere. „Diese eingeübte<br />
Toleranz stimmt mich zuversichtlich,<br />
dass es auch beim ersten<br />
Bundesliga-Derby von Union und<br />
Hertha keinen Streit und keine Probleme<br />
geben wird“, sagt Schaffors.In<br />
der „Schwarzen Hexe“ würde im<br />
Höchstfall lautstarkdiskutiert.<br />
Fachsimpelei unter Freunden<br />
ANDREAS KLUG<br />
Über die Frage,wie das Spiel ausgeht,<br />
fachsimpelt Union-Fan Schaffors am<br />
Tresen mit einem alten Bekannten.<br />
Rainer Kant ist Spielautomaten-Aufsteller<br />
und kümmertsich um die Geräte<br />
in der Kneipe.„Wie esder Zufall<br />
will, bin ich Hertha-Fan aus Lichterfelde<br />
und häufig anderer Meinung als<br />
derWirt“, sagt Kant. Im Fall des bevorstehenden<br />
Lokalderbys gestehe er<br />
aber zu, dass Hertha nach dem Pokalspiel<br />
gegen Dynamo Dresden in dieserWoche<br />
noch ziemlich geschlaucht<br />
sein dürfte. Ertippe deshalb ein 2:2-<br />
Unentschieden für das Lokalderby<br />
am Sonnabend.<br />
Wirt Schaffors ist ein Entgegenkommen<br />
in dieser Frage fremd. Er ist<br />
Union-Mitglied seit 1966 und Aktionär<br />
des Klubs. Erspielte selbst Fußball<br />
im Osten, als Hobby-Kicker bei<br />
Blau-Weiß Friedrichshain, und absolvierte<br />
eine Schiedsrichter-Ausbildung.<br />
Er war Dauergast im Union-<br />
Stadion und, obwohl hauptberuflich<br />
Wirtschaftskaufmann bei der HO,im<br />
Herzen vor allem immer Union-Fan.<br />
„Ich bin mir bei aller Toleranz gegenüber<br />
Hertha sicher, dass Union das<br />
Derby mit 2:1 gewinnt“, sagt Schaffors.<br />
Union habe in der Alten Försterei<br />
den Heimvorteil und grundsätzlich<br />
die größereLeidenschaft. Außerdem<br />
habe die Mannschaft zuletzt gegen<br />
Bayern München und Freiburg<br />
ihreTopformunter Beweis gestellt.<br />
So ganz ernst nehmen Schaffors<br />
und Kant ihre Fachsimpelei nicht.<br />
Aber es fühlt sich, seit Union in der<br />
Ersten Liga spielt, endlich wieder<br />
spannend an, über Fußball zu diskutieren.<br />
„Ich glaube zwar nicht, dass<br />
die alten Zeiten wiederkommen, in<br />
denen die verbindende Maxime von<br />
Ost-Fans und West-Fans ,Eisern Berlin’<br />
war“, sagt Schaffors. Aber in der<br />
„SchwarzenHexe“ sei man bereit dafür,<br />
esnoch einmal miteinander zu<br />
versuchen.<br />
IMAGO IMAGES (6)<br />
Alice Brauner,<br />
Filmproduzentin<br />
„Eigentlich bin ich ja Hertha-Fan.<br />
Aber Union habe ich jetzt auch schon ein<br />
paarmal spielen sehen und finde, die<br />
kämpfen noch viel härter als die Hertha.<br />
Diesen Kampfgeist bewundere ich. 3:1 gegenFreiburg<br />
im Pokal! Mein Herz schlägt im<br />
Derbyalso für den Underdog,der sich mit<br />
so viel Leidenschaft und tollen Fans in die<br />
Bundesligahochgearbeitet hat. Mein Tipp:<br />
Das Derbygewinnt Union 2:1.“<br />
2:1<br />
Wolfgang Thierse,<br />
Bundestagspräsident a. D.<br />
„Derbys sind immer etwas Besonderes und<br />
nehmen meist einen überraschenden Verlauf.<br />
Union war immer sehr stark, wenn’s<br />
gegenHertha ging,vermutlich wird das<br />
auch diesmal so sein. Also 2:1 für Union.“<br />
2:3<br />
Frank Zander,<br />
Sänger der Hertha-Hymne<br />
„Ich stelle mir vor,<br />
in der 80. Minute steht es noch unentschieden<br />
2:2 und dann schießt Hertha in den<br />
letzten Minuten noch ein Tor.<br />
Also 3:2 für Hertha. Wenn nichts schiefgeht,<br />
wird man sich auch ganz gut verstehen.<br />
Es gibt vielleicht draußen Rangeleien,<br />
aber die sind nicht der Rede wert.<br />
Das wird ein tolles Spiel, es wird übervoll<br />
sein und Hertha wird gewinnen.“<br />
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