Berliner Zeitung 01.11.2019
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16 <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 254 · F reitag, 1. November 2019<br />
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Gesundheit<br />
Bessere Überlebenschancen<br />
Bei Tumor-OP des Magen-Darm-Trakts kommt es entscheidenddarauf an,das richtigeKrankenhaus aufzusuchen.WasPatienten bei derKlinikwahl beachtensollten<br />
VonMichael Timm<br />
Es ist ein Wort, das Angst<br />
macht: Darmkrebs! Jeder<br />
hofft, dass er davon verschont<br />
bleibt. Doch trotz<br />
vieler Vorsorge-Angebote und verbesserter<br />
Früherkennung erkranken<br />
allein in Deutschland pro Jahr immer<br />
noch fast 60 000 Patienten –darunter<br />
33 000 Männer –aneinem Tumor<br />
des Darmtraktes. Erschreckend<br />
dabei: Immer öfter sind auch junge<br />
Menschen zwischen 50 und 70 Jahrenbetroffen.<br />
„Inall diesen Fällen ist die Operation<br />
nach wie vor der wichtigste Behandlungsschritt,<br />
um die Krankheit<br />
erfolgreich zu behandeln“, sagte<br />
Chirurgie-Chefarzt Thomas Schiedeck<br />
aus Ludwigsburg. Essenziell für<br />
den Therapieerfolg sei aber auch,<br />
dass Krebsoperationen in einer auf<br />
das jeweilige Krankheitsbild spezialisierten<br />
Klinik erfolgen. „Doch noch<br />
immer“, klagt Schiedeck, „begeben<br />
sich viele Patienten in nicht ausreichend<br />
qualifizierte Krankenhäuser<br />
und erhalten deshalb nicht die bestmögliche<br />
Therapie.“<br />
Die Heilungschancen bei Darmkrebs<br />
haben sich in den vergangenen<br />
Jahren stetig verbessert: Mehr<br />
als die Hälfte der Patienten überlebt<br />
die Krankheit heute zehn Jahre und<br />
länger. Das wichtigste Verfahren zur<br />
Behandlung von Darmkrebs ist die<br />
vollständige Entfernung des Tumorgewebes.<br />
„Weitere Therapien wie<br />
etwa Chemo- oder Immuntherapie<br />
kommen zwar oft ergänzend hinzu“,<br />
27 000 Frauen und 33 000 Männer erkranken hierzulande jedes Jahr neu an Darmkrebs. GETTY IMAGES<br />
so Schiedeck. „Ohne Chirurgie jedoch<br />
ist beim Darmkrebs keine Heilung<br />
möglich.“ Deshalb sei die Wahl<br />
einer geeigneten Klinik für Krebspatienten<br />
entscheidend.<br />
Das bestätigt auch Siegbert Faiss,<br />
Chefarzt der Klinik für Innere Medizin<br />
IamSana Klinikum Lichtenberg<br />
und einer von Berlins renommiertesten<br />
Darmkrebs-Spezialisten:<br />
„Krebsoperationen am Magen-<br />
Darm-Trakt werden in Deutschland<br />
an vielen Kliniken angeboten. Der<br />
Operationserfolg aber fällt je nach<br />
Krankenhaus sehr unterschiedlich<br />
aus.Viele Patienten sterben zu früh,<br />
DIE TOP-KLINIKEN<br />
Erfahrene Kliniken: Diese <strong>Berliner</strong>Klinikenführendie<br />
meisten Darmkrebs-Operationen<br />
durch. Die Reihenfolgeentspricht<br />
der Häufigkeit der Eingriffe(2017).<br />
Charité Campus Mitte/Virchow: 559<br />
Charité Benjamin Franklin: 332<br />
Krankenhaus Waldfriede: 324<br />
Sana Klinikum Lichtenberg: 270<br />
DRK Kliniken Westend: 236<br />
DRK Kliniken Köpenick: 225<br />
Vivantes Humboldt Klinikum: 210<br />
Vivantes Auguste Viktoria Klinikum: 189<br />
Parkklinik Weißensee: 181<br />
Vivantes Klinikum Neukölln: 178<br />
BG Unfallklinik Marzahn: 177<br />
Helios Klinikum Buch: 177<br />
Ev.Waldkrankenhaus Spandau: 150<br />
St. Gertrauden Krankenhaus: 136<br />
Zertifizierte Zentren:<br />
Eine Auflistung ist zu finden unter<br />
www.oncomap.de<br />
weil sie in Klinken operiert werden,<br />
die zu wenig Erfahrung mit komplizierten<br />
Krebs-OPshaben. Dasist leider<br />
auch in Berlin so.“<br />
Diese Meinung wird von einer<br />
wissenschaftlichen Studie des Fachgebietes<br />
Strukturentwicklung und<br />
Qualitätsmanagement im Gesundheitswesen<br />
der Technischen Universität<br />
Berlin bestätigt. Die Forscher<br />
verglichen die Ergebnisse vonKrebsoperationen<br />
zwischen Kliniken, die<br />
viele Darmkrebs-Operationen<br />
durchführen und kleinen Kliniken,<br />
die nur wenige dieser Eingriffe machen.<br />
Das Ergebnis: In den Kliniken<br />
mit den wenigsten Operationen versterben<br />
rund 27 Prozent mehr Patienten<br />
nach dem Eingriff als in den<br />
Kliniken mit den höchsten Fallzahlen.<br />
Hinzu kommt: Menschen mit<br />
fortgeschrittenen Krebserkrankungen<br />
wird inKliniken, die über wenig<br />
Erfahrung verfügen, mitunter gar<br />
keine Operation mehr angeboten.<br />
„Häufig fehlt dortdie Erfahrung und<br />
das Wissen, dass heute sogar Patienten<br />
mit metastasierendem Krebs<br />
durch eine OP geheilt werden können<br />
oder ihr Leben deutlich verlängertwerden<br />
kann“, sagt Schiedeck.<br />
Ausdiesen Gründen ist es wichtig,<br />
nicht nur bei Darmkrebs, sondern<br />
auch mit anderen Tumorerkrankungen<br />
am besten, in spezialisierte Zentren<br />
zu gehen, die über ausreichend<br />
Erfahrung und Routine mit solchen<br />
großen Eingriffen verfügen. „Um<br />
Krebschirurgie auf höchstem Niveau<br />
zu erbringen, müssen diese Kliniken<br />
personell und apparativ hervorragend<br />
ausgestattet sein“, sagt Schiedeck.<br />
„Diese teure Ausstattung, aber<br />
auch das notwendige Personal kann<br />
jedoch selbst in einem Wohlfahrtsstaat<br />
wie Deutschland nicht in jedem<br />
Krankenhaus ausreichend zur Verfügung<br />
gestellt werden.“<br />
Deshalb sollten sich Patienten<br />
und Angehörige genau informieren,<br />
welche Adressen hier infrage kommen.<br />
Der <strong>Berliner</strong> Experte Siegbert<br />
Faiss rät: „Ein gute Möglichkeit besteht<br />
zum Beispiel darin, Kliniken<br />
auszuwählen, die vonder Deutschen<br />
Krebsgesellschaft DKGfür die jeweilige<br />
Tumorartzertifiziertwurden.“<br />
FRIEDRICHSHAINER SPRECHSTUNDE<br />
6. November 2019<br />
18–20Uhr,Raum 15-1.0.038<br />
Das künstliche Hüftgelenk<br />
Wann ist der richtige Zeitpunktfür die Operation? Welche Verfahren gibt es?<br />
Welche Risiken bestehen und welche Ergebnisse sind zu erwarten?<br />
Referent<br />
Dr. med. A. Moser<br />
Leitender Arzt,Abteilungfür Hüftchirurgieund<br />
Sportorthopädie<br />
Stellen Sie<br />
Ihre Fragen!<br />
Veranstalter<br />
Dr. med. Alexander Moser<br />
Leitender Arzt der Abteilung fürHüftchirurgie<br />
undSportorthopädie<br />
Priv.-Doz. Dr. med. Thomas Fuchs<br />
Chefarzt desZentrums fürMuskuloskelettale<br />
Medizin,Klinik fürOrthopädie, Unfall-,HandundWiederherstellungschirurgie<br />
Bei Rückfragen: Tel. 030 130 23 1306<br />
LandsbergerAllee 49,10249 Berlin<br />
www.vivantes.de/kfh<br />
Keine Anmeldung<br />
erforderlich.<br />
Foto:©psdesign1–Fotolia.com<br />
Die Clique ist wichtig beim Sport<br />
Eine Studie untersucht den Zusammenhang zwischen sozialem Umfeld und Bewegung<br />
Das soziale Umfeld spielt natürlich<br />
eine wichtige Rolle dabei,<br />
ob und wie viel Kinder und Jugendliche<br />
sich bewegen. Doch werder entscheidende<br />
Motivator ist, das ändert<br />
sich je nach Alter –und je nach Art<br />
der körperlichen Aktivität. Dies hat<br />
eine jetzt veröffentlichte Studie der<br />
Universität Erlangen belegt.<br />
Zudem gab es für die Forscher<br />
eine Überraschung: Bislang hatten<br />
Studien gezeigt, dass Jungs sich mehr<br />
bewegen als Mädchen. „Die Unterschiede<br />
scheinen sich zu nivellieren“,<br />
sagte Studienautorin Anne Reimers.<br />
„Sie sind in manchen Bereichen noch<br />
sichtbar,gerade bei den Jugendlichen<br />
ab elf Jahren was Sport imVerein anbelangt,<br />
aber es scheint so zu sein,<br />
dass diese Unterschiede nicht mehr<br />
so vorherrschen wie bisher.“<br />
Spore statt Polle<br />
Auch die herkömmliche Theorie,<br />
dass Kinder sich in puncto Sportund<br />
Bewegung am Elternteil mit dem eigenen<br />
Geschlecht orientieren,<br />
kommt laut Reimers ins Wanken.<br />
„Das konnten wir so nicht feststellen.<br />
Es scheinen beide Geschlechter<br />
für die Kinder relevant zu sein, was<br />
aber vielleicht auch daran liegt, dass<br />
sich die Geschlechterrollen innerhalb<br />
der Familien verändern.“<br />
Für die Studie hatten die Forscher<br />
Daten aus dem Motorikmodul einer<br />
Langzeit-Beobachtungsstudie ausgewertet,<br />
die federführend am Karlsruher<br />
Institut für Technologie (KIT)<br />
betreut wird. Die Frage war, inwieweit<br />
Eltern, Geschwister oder<br />
Freunde einen Einfluss auf die Bewegungsfreude<br />
von Kindern und Jugendlichen<br />
haben. „Im Prinzip haben<br />
wir feststellen können, dass es<br />
Unterschiede gibt, je nachdem welche<br />
körperliche Aktivität man sich<br />
anschaut: Sport in der Schule, im<br />
Verein, außerhalb des Vereins oder<br />
beim Spielen draußen“, erläuterte<br />
Sportwissenschaftlerin Reimers.<br />
So sei beim Spielen im Freien die<br />
Verfügbarkeit von Freunden sehr<br />
wichtig, beim Sporteln im Verein<br />
eher die Unterstützung der Eltern,<br />
die jüngere Kinder hinbringen<br />
müssten, sich aber auch emotional<br />
für die sportlichen Erlebnisse ihrer<br />
Kinder interessieren sollten. Bei den<br />
Jugendlichen hingegen herrsche der<br />
Einfluss der Clique vor. Die Ergebnisse<br />
der Studie sollen helfen, Programme<br />
zu entwickeln beziehungsweise<br />
zu verbessern, die den Nachwuchs<br />
in Bewegung bringen. (dpa)<br />
Dauerschnupfen kann viele Ursachen haben: Experten raten zu einem Symptomkalender<br />
Tränende Augen, gereizte Bindehäute,<br />
laufende Nase: Wird der<br />
Heuschnupfen über Monate nicht<br />
besser, lässt das den Verdacht zu,<br />
dass nicht allein Pollen für die Symptome<br />
sorgen. Dann nämlich wären<br />
die Beschwerden auf bestimmte Jahreszeiten<br />
beschränkt. Darauf macht<br />
die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie<br />
und Beatmungsmedizin<br />
(DGP) aufmerksam. Schimmelpilzsporen,<br />
Milbenkot oder Tierallergene<br />
könnten ebenso die Ursache eines<br />
allergischen Dauerschnupfens<br />
sein wie bestimmte Inhalte in Nahrungsmitteln,<br />
Naturlatex oder<br />
Schadstoffe in der Innenraumluft.<br />
Um die Beschwerden zu dokumentieren<br />
und mit möglichen Auslösern<br />
in Verbindung zu bringen,<br />
können Betroffene einen Symptomkalender<br />
führen. Für den Nachweis<br />
einer Ursache wirddann in der Regel<br />
ein Hauttest gegen häufige Allergene<br />
gemacht.<br />
Auch Pilzsporen und Milben können Allergien<br />
auslösen.<br />
IMAGO<br />
Findet sich damit der Auslöser<br />
nicht, heißt das aber noch nicht,<br />
dass keine Allergie vorliegt. Möglicherweise<br />
sind seltenere Allergene<br />
für die Symptome verantwortlich. In<br />
solch einem Fall klopft der Arzt die<br />
Gewohnheiten der Betroffenen in einem<br />
Gespräch ab: Beruf, Aufenthaltsorte<br />
und Hobbys zum Beispiel.<br />
Kinder und Jugendliche etwa entwickeln<br />
den Angaben nach vergleichsweise<br />
oft eine Allergie gegen<br />
den Schimmelpilz Alternaria alternata.<br />
Die Allergie äußert sich unter<br />
anderem durch Reizhusten und asthmatische<br />
Beschwerden. Bis in den<br />
frühen Herbst könnten die Pilze<br />
reichlich wachsen –und hohe Luftfeuchtigkeit<br />
begünstigt die Freisetzung<br />
der Sporen. Aus diesem Grund<br />
häufen sich die Krankheitsanzeichen<br />
und Asthmaanfälle zum Beispiel<br />
nach Platzregen oder Gewittern.<br />
Ob Schimmelpilzsporen die Ursache<br />
der Beschwerden sind, lässt<br />
sich mit einem sogenannten Provokationstest<br />
herausfinden, bei dem<br />
bestimmte Allergene gezielt eingeatmet<br />
werden. Eine Behandlungsmethode<br />
bei einer Schimmelpilzallergie<br />
ist die spezifische Immuntherapie,<br />
bei der das Immunsystem schrittweise<br />
an das Allergen gewöhnt<br />
werde. Auch bei einer Pollenallergie<br />
ist so eine Hyposensibilisierung<br />
möglich. (dpa)