Berliner Zeitung 01.11.2019
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12 * <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 254 · F reitag, 1. November 2019<br />
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Berlin<br />
Heute Stau –morgen Stau<br />
Der Umbau des Autobahndreiecks Funkturm wird mindestens sieben Jahre dauern. Leistungsfähiger wird der Knotenpunkt aber nicht<br />
VonPeter Neumann<br />
Ein paar Jahrenoch, dann ist<br />
es so weit. In den 2020er-<br />
Jahren wird ein großer Teil<br />
des <strong>Berliner</strong> Autobahnnetzes<br />
zur Großbaustelle.Von Heiligensee<br />
im Norden bis Halensee im Süden<br />
müssen Kraftfahrer mit Bauarbeiten<br />
rechnen. Am Donnerstag informierte<br />
die Planungsgesellschaft<br />
Deges in der Urania über ein wichtiges<br />
Teilprojekt: den Umbau des Dreiecks<br />
Funkturm. „Auf die gesamte<br />
Stadt kommt eine gewisse Belastung<br />
zu“, kündigte Bereichsleiter Andreas<br />
Irngartinger an. Eine Untertreibung.<br />
BurkhardPott, der das Projekt leitet,<br />
redete nicht lange um den heißen<br />
Brei herum. Für den Knotenpunkt<br />
am ICC, an dem die Avus auf<br />
den Stadtring trifft, sei das „Ende der<br />
Restnutzungsdauer“ in Sicht, stellte<br />
der Bauingenieur trocken fest.<br />
In der Umgebung wird’sleiser<br />
Potts Bilanz lässt ahnen, wie lange<br />
auch dieserTeil der Infrastruktur vernachlässigt<br />
worden ist. So gelten für<br />
fünf der 25 Brücken Einschränkungen<br />
wie Tempo- oder Lastbegrenzungen.<br />
Für vier Brücken besteht<br />
„kurzfristig Handlungsbedarf“. Vor<br />
sechs Jahrzehnten rechneten die<br />
Planer mit rund 20 000 Kraftfahrzeugen<br />
proTag. Heute sind es im Schnitt<br />
230 000, darunter 12 000 Lastwagen.<br />
Künftig verläuft die Avus über den<br />
heutigen Rasthof-Parkplatz –neben<br />
Wo die Avus die A100 umarmt: Das Dreieck FunkturminCharlottenburg wird umgebaut. Dadurch wird Platz frei –zum Beispiel für neue Wohn- und Bürohäuser.<br />
Spree<br />
Rudolf-Wissell-<br />
Brücke<br />
Heerstr. Bismarckstr.<br />
Grunewald<br />
500 m<br />
Charlottenburg<br />
Spandauer Damm<br />
A115<br />
ICC<br />
A111<br />
A100<br />
A100<br />
Autobahndreieck<br />
Funkturm<br />
Moabit<br />
Großer<br />
Stern<br />
BLZ/HECHER<br />
IMAGO IMAGES/SCHÖNING<br />
dem denkmalgeschützten Motel,<br />
das wie die Avus-Tribüne erhalten<br />
bleibt. Details, die Ortsunkundigen<br />
oft Angstschweiß auf die Stirn treiben,<br />
werden verändert. So sollen<br />
Ein- und Ausfädelspuren verlängert<br />
und für Tempo 60 ausgelegt werden.<br />
Obwohl erwartet wird, dass der<br />
Verkehr bis 2030 auf 250 000 Kraftfahrzeuge<br />
pro Tag zunimmt, soll die<br />
Leistungsfähigkeit nicht steigen.<br />
Eine Kapazitätserweiterung sei für<br />
den Senat politisch kein Thema, hieß<br />
es bei der Deges. Esgebe auch verkehrliche<br />
Argumente, fügte Irgartinger<br />
hinzu.„Zwar könnte man theoretisch<br />
die Kapazität des Dreiecks erhöhen.<br />
Aber das wärenicht sinnvoll,<br />
solange man das <strong>Berliner</strong> Autobahnnetz<br />
nicht auch anderswo ausbaut.“<br />
„Bereits jetzt beeinträchtigen die<br />
Avus und die Jafféstraße die Wohnsituation<br />
im Eichkamp“, sagte Detlev<br />
Ratjen vom Siedlerverein. Skeptisch<br />
sehen die Anwohner den Plan, die<br />
Anschlussstelle Messedamm zu verlegen<br />
und neben der Siedlung neu zu<br />
bauen. Wie berichtet wollen die Planer<br />
und der Senat ihnen zusätzliche<br />
Lärmbelastungen ersparen, indem<br />
dort der Verkehr unter der Avus hindurchgeführt<br />
wird. „Eine Unterführung<br />
ist unsereVorzugsvariante“, bekräftigte<br />
Pott. Doch die Siedler bleiben<br />
„sehr misstrauisch“, so Ratjen.<br />
Eine Brücke dürfe es nicht geben.<br />
UntermStrich werdedie Lärmbelastung<br />
sinken –nahe der Dernburgstraße,<br />
wo erstmals Lärmschutzwände<br />
entstehen, um bis zu acht Dezibel,<br />
so die Deges. Neue Schallbarrieren<br />
entstehen auch entlang der<br />
Siedlung Eichkamp, die Wände an<br />
der Jafféstraße werden um einen Meter<br />
erhöht. Ein Bürgertelefon ist täglich<br />
von8bis 20 Uhrunter der Nummer<br />
(0800) 58 95 24 79 erreichbar.<br />
Sperrungen bei der Bahn<br />
Angesichts des rasant steigenden<br />
Baupreise rechnen die Planer damit,<br />
dass die Kosten deutlich über der<br />
jüngsten Schätzung in Höhe von295<br />
Millionen Euro liegen werden. Wie<br />
berichtet können die Arbeiten frühestens<br />
2023 beginnen. Geschätzte<br />
Dauer: mindestens siebenJahre.<br />
Auch S-Bahn- und andere Fahrgäste<br />
bekommen das Projektzuspüren<br />
–inForm von Sperrungen. Sie<br />
sollen aber jeweils nur wenige Tage<br />
dauern, maximal eine Woche. Die<br />
Einschränkungen für die Kraftfahrer<br />
sollen sich ebenfalls in Grenzen halten.<br />
So werde parallel zur A100 eine<br />
Behelfsautobahn gebaut, die ebenfalls<br />
drei Fahrstreifen pro Richtung<br />
erhält. „Die rechnerische Leistungsfähigkeit<br />
bleibt erhalten“, sagte Pott.<br />
„In diesem Bereich stehen Sie<br />
schon heute morgens im Stau“, so<br />
Andreas Irngartinger.„Künftig auch.<br />
Aber dann an einer Baustelle.“<br />
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Gut angenommen<br />
Vier Notfallpraxen sorgen für Entspannung im Gedränge<br />
um die Rettungsstellen. Neue sollen hinzukommen<br />
VonGerhard Lehrke<br />
Die Rettungsstellen der <strong>Berliner</strong><br />
Kliniken kranken seit Jahren an<br />
Überlastung. Sind die Arztpraxen<br />
der Stadt am Wochenende geschlossen,<br />
suchen Patienten in den KrankenhäusernHilfe,häufig<br />
auch, wenn<br />
das gar nicht notwendig ist. Dann<br />
müssen die Patienten oft stundenlang<br />
auf einen Arzt warten. Ärzte,<br />
Schwesternund Pfleger haben weniger<br />
Zeit, sich um die heiklen Fälle zu<br />
kümmern, die von der Feuerwehr<br />
eingeliefert werden. Doch Entspannung<br />
ist in Sicht. Die Zahl der seit<br />
2016 eingerichteten Notdienstpraxen<br />
der Kassenärztlichen Vereinigung<br />
(KV), die den Rettungsstellen<br />
angegliedertsind, wächst.<br />
Seit Ende September arbeiten<br />
niedergelassene Ärzte, inder Regel<br />
internistische Hausärzte, freiwillig<br />
freitags (15-21 Uhr), sonnabends,<br />
sonn- und feiertags (9-21 Uhr) in der<br />
neuen Notdienstpraxis an der Rettungsstelle<br />
der Vivantes-Klinik im<br />
Friedrichshain. Dort herrscht oft gerade<br />
am Wochenende Gedränge: Mit<br />
60 000 Fällen im Jahr (plus 17 000 in<br />
der Kinderrettungsstelle) ist es die<br />
Rettungsstelle mit dem höchsten Patientenaufkommen<br />
Berlins.<br />
Dr.Philipp Kellner leitet die Rettungsstelle:<br />
„Wir haben als Ziel,<br />
dass bis zu einem Viertel der Patienten,<br />
die zu den Öffnungszeiten<br />
der Notdienstpraxis zu uns kommen,<br />
auf sie verwiesen werden<br />
können.“ Das wären sonnabends<br />
und sonntags jeweils 15 bis 20, freitags<br />
bis zu zehn.<br />
Dr. Heiko Zürcher, niedergelassener<br />
Internist aus Schöneberg, ist<br />
einer der Ärzte, die in der neuen<br />
Praxis Dienst tun: „Wir sind hier<br />
sehr nett aufgenommen worden,<br />
und es gibt keine Probleme, Kollegen<br />
zu finden, die hier arbeiten wollen.<br />
Man bekommt im Monat nur<br />
ein oder zwei Schichten zugewiesen.“<br />
Viele der Patienten, um die er sich<br />
kümmert, hätten sich vorher auf den<br />
Internetseiten der KV Berlin oder<br />
über die KV-Notfallnummer 116117<br />
informiert, dass es die Praxis gibt.<br />
Über die Nummer erreicht man<br />
die Leitstelle der KV. Medizinisches<br />
Fachpersonal klärtimGespräch mit<br />
dem Anrufer, oberbis zur Öffnung<br />
einer normalen Arztpraxis warten<br />
kann, ein Bereitschaftsarzt geschickt<br />
wird, ob er zu einer Notdienstpraxis<br />
fährt oder doch die Telefonnummer<br />
112 der Feuerwehr<br />
wählen soll. Gegebenenfalls wird<br />
der Rat eines Arztes in der Leitstelle<br />
eingeholt.<br />
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Mit dem heutigen Tag gibt es<br />
vier Notdienstpraxen für Erwachsene:<br />
Im Unfallkrankenhaus Berlin<br />
(Marzahn), der ersten dieser<br />
Einrichtungen, im Jüdischen<br />
Krankenhaus (Wedding), in Friedrichshain<br />
und neu im DRK-Krankenhaus<br />
Westend.<br />
Für Kinder stehen solche Praxen<br />
im Virchow-Klinikum der Charité<br />
(Wedding), im Sana Klinikum Lichtenberg,<br />
im DRK-Krankenhaus<br />
Westend sowie im St. Joseph-Krankenhaus<br />
(Tempelhof)bereit.<br />
Der Arzt HeikoZürcher untersucht<br />
einen Patienten.<br />
GERD ENGELSMANN