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NACHGEFAHREN
ROUND ABOUT
Text Michael Petersen
Illustration Sandra Stephan
Eine Formel 1-Rennstrecke mit Zebrastreifen. Fuß vom Gas,
weil eine Dame im Pünktchenkleid passiert. Wo wir sind,
wird der eine oder andere bereits erraten haben: mitten auf
dem Boulevard Albert 1er, oder anders gesagt, auf der
Start-und-Ziel-Geraden der Formel 1-Rennstrecke von
Monaco. Nirgendwo sonst lässt sich ein Grand Prix-Kurs so
leicht nachfahren, noch dazu kostenlos. Nach der Sainte-
Dévote geht es steiler bergauf, als es das TV-Bild vermittelt.
Beau Rivage, Massenet, schon schauen wir auf eine Versammlung
von Supersportwagen vor dem Kasino. Obwohl der VW
California frisch gewaschen ist, fordert ein streng dreinschauender
Herr mit nachdrücklichem Winken zur Weiterfahrt
auf.
Zwischen Mirabeau Haute und Mirabeau Bas das Grandhotel
Hairpin. Die Formel 1-Fahrer schalten in den ersten
Gang zurück. Wenig später der Tunnel unter dem Fairmont
Hotel hindurch. Die Rennwagen schaffen knapp 300 km/h.
Wir nicht. Tabac und Piscine. Mit Schwimmbad ist nicht der
Jachthafen gemeint. Ihn sehen wir zur Linken, bis es gilt, die
Rascasse anzubremsen. Zweimal rechts herum, der Kreis ist
geschlossen. So eindrucksvoll die Runde ist, frei ist sie
keinesfalls. Vespas und Wohnmobile, Skoda Kombi-Diesel und
Lamborghini Aventador SVJ, Linien- und Reisebusse, alle
vereint im Schneckentempo.
In der Formel 1 teilen sich nur 20 Rennwagen 3,337 Kilometer
Piste. Wie chaotisch muss man sich das vorstellen?
Schnell mal bei Bernd Mayländer, Fahrer des Safety Car,
nachfragen. Mayländer absolvierte in zwanzig Jahren 368
Safety Car-Einsätze und schüttelt sofort eine Geschichte aus
dem Ärmel: »Skurril war ein Einsatz 2004. Vor dem Tunnel
hatte ich das Feld im Rückspiegel, danach keinen mehr.« Nach
Momenten der Ungewissheit sah Mayländer einen Ferrari mit
abgeknicktem linkem Vorderrad aus der Dunkelheit schlittern.
Was war passiert? Michael Schumacher hatte stark
verzögert, um die Bremsen aufzuwärmen. Juan Pablo Montoya
im Williams-BMW schob den Ferrari in die Leitplanken.
Da war das Rad ab.
Der VW California beendet seine Runde auf allen vier
Rädern. Wir suchen erst einen Parkplatz (Glück gehabt) –
dann einen Kaffeehaustisch im Viertel La Condamine, unweit
des Boulevard Albert 1er. Noch mehr Glück gehabt.
SHORT
STORIES
WAS BRAUCHE ICH?
→→
→→
→→
→→
Boulevard du Larvotto
Rue Grimaldi
Start/Ziel
19
Anthony
Noghés
Boulevard Albert 1er
Sainte Dévote
16
17
15
13
14
Avenue de la Porte Neuve
Boulevard de la Princesse Charlotte
12
Louis Chiron
Piscine
18
La Rascasse
Geduld. Dass für 3,337 Kilometer viel Zeit vergeht, liegt
weniger an mangelnder Streckenkenntnis als an den vielen
Konkurrenten auf der Strecke.
Kohle. Man will sich in Monte Carlo ja auch mal was gönnen.
Einen Kaffee oder eine halbe Stunde parken oder so.
Ordentliche Klamotten oder ein starkes Selbstbewusstsein.
Zwei oder vier Räder. Für die Rundenzeit spielt die Fahrzeugwahl
überhaupt keine Rolle.
1
Tabac
Port Hercule
Beau Rivage
11
2
10
Nouvelle
Chicane
Boulevard des Moulins
MIT WELCHEN PROBLEMEN
MUSS ICH RECHNEN?
→→
→→
→→
Streckensperrungen. Beim
Aufbau des Kurses mit
Leitplanken oder Tribünen
und den Rennen.
Großer Preis von Monaco:
21.–24. Mai 2020. Startzeit
15:20 Uhr.
Grand Prix Historique:
8. – 10. Mai 2020.
Casino
4
Massenet
3
Grand Hotel
Hairpin
6
WAS SOLLTE ICH MINDESTENS
EINMAL MACHEN?
→→
→→
Einen Orangensaft im
Yacht Club de Monaco
bestellen. Das fürstliche
Ambiente ist weit mehr als
15 Euro wert.
Auf YouTube eine Onboard-Runde
mit Ayrton
Senna anschauen. Wilder
geht Monaco nicht.
5
9
Mirabeau
Haute
Mirabeau
Bas
7
Tunnel
W
N
S
WORAUF MUSS ICH
VERZICHTEN?
→→
8
Portier
E
Auf eine gute Rundenzeit.
Zum Vergleich: Die
Trainingsbestzeit von
Lewis Hamilton im
Mercedes ist 1:10,116
Minuten. Nicht Stunden,
wie bei uns mit dem VW
California.
SOUNDTRACK?
→ →
→ →
»Time Is on My Side«
(Rolling Stones)
»Der Spieler«
(Achim Reichel)
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