ramp#49_DE
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Ganz schön was los hier. ramp #49
das zu beweisen, stellte ich jemanden an, der nur Sechsen im
Zeugnis hatte. Also den erdenklich schlechtesten Kandidaten
für eine Kfz-Mechanikerlehre. Ich sagte zu ihm: »Streng Dich
an, Du trägst eine große Verantwortung. Wenn das mit Dir
hier klappt, bist Du ein Vorbild für andere.« Um es kurz zu
machen: Nach zwei Jahren war der Servicemechaniker. So
habe ich hier schon einige durch die Ausbildung gekriegt, die
woanders keine Chance bekommen hätten. Das war noch vor
der Flüchtlingskrise 2015.
einen Motor neu starte, ist das ein ganz besonderes Gefühl.
Immer! Das gilt nicht nur für die 911er-Motoren, sondern auch
für die Ferrari- oder eben, wie gesagt, die Alfa-Motoren. Oder
letztes Jahr haben wir einen Audi quattro gemacht, einen
Ur-quattro. Komplett revidiert, Gott sei Dank hatte ich noch
fünf originale Übermaßkolben gefunden. Und dann fuhr der
Kunde damit die historische Monte und hat auch noch
gewonnen.
Haben Sie sonst noch ungewöhnliche Autos restauriert?
Lundt: Ja, vor anderthalb Jahren haben wir ein Grumman
Post-Auto für das Zeithaus in der Autostadt von Volkswagen
restauriert. Davon wurden gerade mal 47 Stück in den USA
hergestellt, heute gibt es weltweit nur noch zwei Exemplare,
wovon wir einen gemacht haben. Und jetzt kommt der Kracher:
E-Motor mit Kupplung und Fünf-Gang-Getriebe. Das fand ich
lustig. Der landete also bei uns, weil VW damit seine Elektromobil-Geschichte
aufarbeiten wollte. Grumman ist aber
eigentlich ein Flugzeughersteller und nutzt dieses harte Blech,
beim Bearbeiten sind wir fast irre geworden. Dann haben wir
noch recherchiert: Wie war das Auto damals lackiert? Wie
sahen die Postzeichen zu der Zeit aus? Zum Schluss mussten
wir die Elektrik noch auf aktuelle E-Stecker umbauen. Das
war vielleicht ein Gefummel.
Noch eine andere Frage: Sie achten in Ihrem Betrieb darauf, auch
Migranten zu beschäftigen. Warum ist Ihnen das so wichtig?
Lundt: Ich habe mich früher immer über Kollegen geärgert,
die sagten: »Diese Leute sind zu doof zum Ausbilden.« Und ich
hielt dagegen: »Nein, man muss sie nur richtig anleiten.« Um
Und dann?
Lundt: Dann haben wir interessierte Flüchtlinge durch die
Berliner Innung geschleust. Die sollten sich in kleinen Gruppen
mal das Handwerk angucken. Und da habe ich gleich gesagt:
»Passt auf, Leute, wenn einer dabei ist, der wie ein Champignon
aus der Wiese guckt, dann schickt mir den.« So kam
Hassan zu mir. Er hat schon mal an Autos herumgeklopft,
sagte er, ansonsten betrieb er in Syrien einen Obstladen. Heute
ist er einer der wichtigsten Mitarbeiter in meiner Karosserieabteilung.
Dem kann man geben, was man möchte, er macht
immer ein Kunstwerk aus dem Blech. Ein Libanese gehört
auch noch zu meiner Gang. Der ist jetzt 19 und sollte erst abgeschoben
werden. Aber mit der Ausbildung konnte er das
verhindern. Jetzt ist er schon über drei Jahre da. Und wenn der
im Sommer ausgelernt hat, brauche ich den hier als Fachkraft.
Nur mit zwei von sechs Flüchtlingen hat es nicht funktioniert.
Ich würde immer wieder so handeln. Ich konnte mich in dieser
Welt etablieren und hocharbeiten und mir einen gewissen
Wohlstand schaffen. Mit meinem sozialen Engagement kann
ich der Gesellschaft auch etwas zurückgeben. Wir sind ja alle
verantwortlich für unser Land.
Das nennt man wohl gelungene Integration.
Lundt: Wenn man sich kümmert, geht das auch. Wenn ich aber
eine Aversion gegen Ausländer habe, kann ich das natürlich
vergessen. Unser Land ist nun mal so, wie es ist, die Menschen
sind jetzt da, und mir ist es lieber, wir machen aus ihnen
vernünftige Mitglieder unserer Gesellschaft, als dass sie auf
der Straße herumlungern. Ich glaube, es wäre viel einfacher,
wenn die Deutschen auch mal am eigenen Leib erleben
könnten, wie es den Flüchtlingen in ihren Heimatländern so
erging. Ich würde gerne mal so ein ganzes Dorf, das zu siebzig
Prozent AfD gewählt hat, 14 Tage lang im Bus durch Syrien
fahren lassen. Wenn alle mal den Ball ein bisschen flacher
halten, in sich kehren und darüber nachdenken würden, in
welcher traumhaften Situation sie in Deutschland leben, wäre
vielen geholfen. Das wäre mein größter Wunsch.