ramp#49_DE
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206 Alles halb so wild! ramp #49
Higgledy Piggledy
It’s in the Mix
207
sind. Pop Art ist meiner Meinung nach Kunst, die
sich an die breite Masse richtet. Die Einschränkung
auf »mexikanisch« erscheint mir deshalb
unpassend.
PAUL FUENTES nur als
Fotograf und Grafikdesigner
zu bezeichnen,
wäre zu kurz gegriffen.
Fuentes wuchs in
Mexiko-Stadt auf,
arbeitete nach seinem
Studium als Designer für
die Universidad Anáhuac
México, reiste nach
Europa, kam zurück und
startete mit neuen Ideen
auf Instagram. Seine
surrealen Bilder von
Lebensmitteln, Tieren
und Objekten machten ihn
berühmt – so berühmt,
dass er in London eine
eigene Designagentur
gründete und unter
anderem für Apple oder
Dior arbeitete. Sein
Credo: die Menschen zum
Lachen zu bringen.
→ paulfuentesdesign.com
Sie schmücken Giraffen mit Luftballons, lassen
Lamas Taxi fahren und inszenieren Donuts in der
Wüste. Mal vorsichtig gefragt: Was bedeutet Realität
für Sie?
(lacht) Ich denke, dass das jeder selbst entscheiden
muss, wir leben jedoch sicher nicht alle in derselben
Realität. Menschen haben verschiedene Wahrnehmungen.
Zudem identifizieren sich Menschen je
nach Persönlichkeit mit verschiedenen Tieren, was
der Kunst große Möglichkeiten eröffnet.
Sie fingen aber nicht mit Tieren an, sondern mit
Lebensmitteln. Wie kamen Sie auf die Idee?
Ich kann nicht genau sagen, woher die kam.
Grundsätzlich interessierte ich mich aber schon
immer für Lebensmittelwerbung. Meistens ist das
beworbene Essen gar kein Essen, und das machte
mich damals verrückt. Ich beschloss also, dasselbe
aus einem neuen Blickwinkel zu betrachten.
Würden Sie sagen, dass Ihre bizarren Kombinationen
ein Musterbeispiel für Kreativität sind?
Für mich ist Kreativität die Verbindung erwartbarer
Ideen auf eine Weise, die etwas Neues und
Interessantes schafft. Ich stimme also zu, dass
meine Kunst in gewisser Weise die Realität
verzerrt, was der Definition von bizarr durchaus
entspricht.
Was man jetzt nicht vermutet hätte: Ihr Lieblingskünstler
ist Caravaggio. Warum gerade ein Maler des
Frühbarocks?
Als Stilllebenfotograf male ich mit Licht. Wenn
man Caravaggios Bilder betrachtet, erkennt man
sein herausragendes Talent, Licht und Schatten
perfekt einzusetzen. Darüber hinaus sind seine
Bilder nicht rein religiös. Er ging hier andere
Wege, was für Künstler seiner Zeit alles andere als
einfach war. Damals malte man Religion oder die
Aristokratie. Diesen Aspekt seiner Malerei schätze
ich sehr.
Wie sehen Sie die Rolle des Künstlers in der
heutigen Zeit, in der die Digitalisierung immer
rasanter voranschreitet?
Für mich hat die Digitalisierung positive und
negative Seiten. Es gibt viele Künstler, die großartige
Werke schaffen und einen sehr professionellen
Feed gestalten. Sie erfüllen damit die
wichtigste Voraussetzung, nämlich sich mit den
auftretenden Veränderungen weiterzuentwickeln.
Leider sehe ich auch viele Menschen, die
Künstler sein wollen, außer ihrem Streben nach
Aufmerksamkeit in den sozialen Medien jedoch
keinerlei Botschaft haben. Sie passen sich laufend
an, um im Trend zu bleiben. Und es gerät immer
mehr in Vergessenheit, dass man die Technik
beherrschen muss. Jeder hat heute eine Kamera
auf seinem Smartphone und kann einfach einen
Stil kopieren, Voreinstellungen und Filter nutzen.
Meine Karriere wäre ohne Instagram sicher
langsamer verlaufen – und man muss ganz offen
sagen, dass Instagram Künstlern unglaubliche
Chancen eröffnet.
Letzte Frage: Sie sagten, dass Sie Menschen gerne
It’s in the Mix
New York Alpaca. Inspired by
one of the most iconic images
by Inge Morath, A Llama in
Times Square (1957), I felt
encouraged to do a remake
with an alpaca riding a cab in
New York City.
zum Lachen bringen. Halten Sie Humor heute für
Sie haben einmal gesagt: »Die leuchtenden Pastell-
wichtiger denn je?
farben in meinen Werken sind eine direkte Referenz
zu Mexiko.« Würden Sie Ihre Kunst als mexikanische
Pop Art bezeichnen?
Ich empfinde meine Kunst nicht als besonders
mexikanisch. Ich bin jedoch sicherlich von der
Architektur, dem Essen und der Kunst meines
Landes inspiriert, weil diese humorvoll und bunt
Ich versuche tatsächlich, Menschen zum Lachen
zu bringen, aber eigentlich möchte ich sie glücklich
machen. Und ich denke auch, dass wir in
einem Zeitalter des Humors leben. Die Kunst war
noch nie so voller komischer Elemente wie heute.
Es ist eine gute Zeit zu lachen, besonders wenn
die Welt so verrückt ist.