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urbanLab Magazin 2019 - StadtLandQuartier

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dermüll-Plastik verpackt und auf Parzellen,

die aufgrund der Bodenpreise oft

so klein und wenig nutzbar sind, dass

sie dann auch gleich mit pflegeleichten,

dafür aber ökologisch hochproblematischen

Steingärten gestaltet werden.

Zum Gärtnern hat man in diesen monofunktionalen

Strukturen aufgrund

der weiten Wege zu Nahversorgung und

Arbeit ja eh keine Zeit mehr. Für eine

Plastikrutsche pro Garten ist dann aber

trotzdem noch Platz. Da rutscht und

schaukelt dann jeder ganz sicher für

sich alleine. Die RASt 06, die Richtlinien

für die Anlage von Stadtstraßen, zelebrieren

die Weite unter dem Deckmantel

der Verkehrssicherheit. Die Stellplatzbreiten

müssen aufgrund der Landlust

vieler Stadtbewohner*innen, symptomatisch

repräsentiert durch Land Rover

und Jeep, um bis zu 30 cm verbreitert

werden. Und weil die vielen Autos den

Schulweg unsicher machen, muss man

die Kinder selbstverständlich auch mit

diesen Gefährten zur Schule oder zum

Kindergarten bringen. Der öffentliche

Nahverkehr ist teilweise so schlecht und

teuer, die Bequemlichkeit im Gegensatz

oft so hoch, dass dem motorisierten Individualverkehr

ungeniert gefrönt wird.

Eingekauft wird bei Discountern mit

zahlreich verfügbaren Parkplätzen, konsumiert

werden Fleisch- und Milchprodukte

zu Minimalpreisen und in großen

Mengen, welche die Produktionskosten

kaum und nur unter den horrendesten

Bedingungen decken können, dafür

aber für 206,6 Millionen Tonnen CO 2

pro Jahr (agrarheute 2018) verantwortlich

sind. Zugegeben – die Flugbilanz

der Bundesbürger ist 12,5 Mal so hoch

(Ebd.) – aber Kleinvieh macht auch Mist.

Und nur, weil es noch schlimmer geht ist

ja etwas Schlechtes nicht gleich gut. Und

ja: Es gibt auch die Anderen – jene, die

alternativen Raum-, Wohn-, Mobilitätsund

Konsumpraxen leben. Aber das sind

zu wenige und diese Praxen sind noch

nicht gesellschaftsfähig genug, um politisch

nach dem aktuellen Kenntnisstand

aus Wissenschaft und Praxis Einzug in

die Realität zu finden. Das Thema Klimawandel

ist dank Greta Thunberg und ihren

Mitstreiter*innen, aber auch durch

die immer häufiger auftretenden Hitzewellen

mit knapp 40 Grad im Schatten

endlich oder zumindest vorübergehend

in der gesellschaftlichen Mitte angekommen

– 47 Jahre nach Erscheinen der

vom Club of Rome beauftragten Studie

Die Grenzen des Wachstums (Meadows

1972). Jetzt heißt es auch entsprechend

Handeln und die Große Transformation

(wbgu 2011, Paech 2018) anzugehen.

Welche Rolle aber können dabei die Planer*innen

spielen?

„Es ist genug. Täglich verstoßen wir, verstoßen

Gesellschaft und Politik gegen

den Erhalt unserer Lebensgrundlagen.

Mit der westlichen Lebenseinstellung,

alles jederzeit machen und haben zu

können, ist es vorbei. Unser Leben muss

sich an einem neuen, ökologisch vertretbaren

Maß ausrichten. Wir dürfen nicht

länger warten, bis sich das von Lobbyisten

beeinflusste Zögern und Abwarten

ändert. Wir müssen politisch denken

und handeln, müssen uns einmischen,

Eigeninitiative entwickeln und zivilen Ungehorsam

proben. Wir müssen zeigen,

dass der tägliche Umweltwahnsinn, wie

beispielsweise der ungebremste Flächenfraß,

der Vorrang von Neubauten

oder der Fetisch Mobilität, nicht alternativlos

ist. Ansonsten brauchen wir über

eine Zukunft nicht mehr nachzudenken.

Wir sind dran.“ So formuliert der Bund

Deutscher Architekten 2019 seine auf

dem 15. BDA-Tag in Halle verabschiedeten

Positionen für eine Klimagerechte Architektur

in Stadt und Land. Die hier zitierten

Ausführungen des I. Postulats „Politisch

denken und sich einmischen“ werden

durch neun weitere ergänzt: Erzählungen

für ein neues Zukunftsbild, Achtung

des Bestands, Intelligenz des Einfachen,

Bauen als materielle Ressource, Vollständige

Entkarbonisierung, Neue Mobilitätsformen,

Polyzentralität stärken, Kul-

Stadt & Land 19

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