urbanLab Magazin 2019 - StadtLandQuartier
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schen Repertoire der Stadtplanung und
nach dem disziplinär derzeitig allgegenwärtig
debattierten Leitbild der Europäischen
Stadt (BBSR Bonn 2010) und mit
einer entsprechend reduzierten Dichte
in ländlichen Regionen, in Klein- und Mittelstädten,
entworfen werden können.
Was aber bedeutet Entwurf in diesem
Zusammenhang? Und was sind die Mittel
und Wege der Planenden?
Diese Insel der Glückseligen hat einen
prominenten Vorläufer – die Gartenstadt
des britischen Stenotypisten
Ebenezer Howard, die er in seinem
Buch 1898 unter dem Titel Tomorrow.
A Peaceful Path to Real Reform entwarf
und 1902 mit dem Titel Garden Cities of
To-morrow neu auflegte. Im Gegensatz
zu den meisten realisierten gleichnamigen
Siedlungen, war seine Gartenstadt
ein städtebauliches, auf ökonomischen
Prinzipien basierendes Konzept, welches
als autarke Idealstadt ausformuliert
werden sollte und die Vorteile des Gegensatzpaares
Stadt und Land zu einem
Dritten Pol Stadt-Land vereinen sollte. In
ihrer Größe begrenzt und von einem die
Stadt versorgenden Land(wirt)schaftsgürtel
umgeben, waren neben ländlich
geprägten und auf Selbstversorgung
basierenden Wohnsiedlungen unter anderem
auch Fabriken und Produktionsstätten
sowie Kultur- und Bildungseinrichtungen
vorgesehen. Unter heutigen
Gesichtspunkten erscheint insbesondere
die Idee radikal, die Gartenstadt als
genossenschaftliches Modell zu entwickeln.
Dadurch, und durch die Vergabe
der Parzellen in Erbpacht, sollten zukünftige
Spekulationen vermieden und
Mieten geringgehalten werden. Kapitalerträge
sollten entsprechend in die Gemeinschaftseinrichtungen
reinvestiert
werden. Der Spekulationsgewinn bei
der Umwandlung von billigem Agrarland
in wertvolles Bauland wiederum sollte
der Allgemeinheit der neuen Stadt zugutekommen
und einen großen Teil der
Neubaukosten tragen.
Die Tragik des Konzeptes der Gartenstadt
formuliert sich im Grundsatz:
Angetreten, den Gegensatz zwischen
Stadt und Land zu überwinden, wurde
Howards integriert konzipierte Gartenstadt
zum Symbol der Nutzungstrennung
und damit zur Vorreiterin der
Klassischen Moderne. Während jedoch
die beiden Versuche der Manifestation
seiner Idee, Letchworth und Welwyn
Garden City, unter anderem daran
scheiterten, dass sie durch das sich
rasant ausbreitende Eisenbahnetz von
der Metropole London als Vorstädte
einverleibt wurden, sind erst durch den
steigenden motorisierten Individualverkehr
jene monofunktionalen Siedlungsflächen
entstanden, für die Thomas
Sieverts 1997 den Begriff Zwischenstadt
prägte. Mobilität als Schlüssel von
Chance und Scheitern. Auch heute eine
zentrale Zukunftsaufgabe.
ÜBERSCHAUBARKEIT SCHLÄGT
DIE FREIE STADTLUFT
„Eine Umfrage der Bundesstiftung Baukultur
zeigt deutlich, dass sich knapp
80 % der Befragten kleinere räumliche
Einheiten als Wohnort und Lebensmittelpunkt
wünschen. Insgesamt bevorzugen
sogar 45 % das Leben in einer
ländlichen Gemeinde. Nur etwa ein
Fünftel sucht das Leben in der Großstadt
– und das sind in der Mehrzahl
„Nachverdichtung und Innenentwicklung,
vertikale Mischung,
Hybridisierung, Programmierung,
die Addition neuer Typologien
und Programme und Klimaanpassung
sind mehrheitlich urbane Formeln, die in
den Mittelrand, Mittel- und Kleinstadtkontexten
noch in der Pubertät feststecken
und auf den erlösenden Kuss warten.
Isabel Maria Finkenberger Prof. Dipl.-Ing.
Von der Gartenstadt
zum Stadt Land Quartier?
Stadt & Land 21