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K<strong>OM</strong>PAKT<br />

Diedrich Kothe<br />

Als Dirk &<br />

Hermann<br />

im Fleet<br />

lagen<br />

RüCKSPIEGEL<br />

Nur wer einmal im Fleet gelegen<br />

hat, sei ein echter Oberneulander.<br />

Bis vor etwa zehn<br />

Jahren war das so, vielleicht<br />

hat der Satz auch heute noch<br />

Das Hollerfleet<br />

seine Gültigkeit. Vor allem das<br />

Hollerfleet neben der Oberneulander Landstraße spielte<br />

dabei eine große Rolle. Nun war es freilich nicht damit getan,<br />

dass jemand seiner Kleider ablegte und sich womöglich in<br />

Badesachen hineinlegte. So eine Art Äquatortaufe oder<br />

wie das Gautschen früher bei den Buchdruckern. Nein,<br />

man musste schon unbeabsichtigt und in voller Montur<br />

ins Fleet fallen. Und es gab deren viele, denen das geschah.<br />

Zumindest früher in Oberneuland. Auffällig ist, dass vor<br />

allem Männer davon betroffen waren. Oft passierte es auf<br />

dem Heimweg von einer der zahlreichen Gastwirtschaften<br />

im Ort. Schließlich geht der Fußweg neben der Landstraße<br />

ganz dicht am Fleet entlang…<br />

Diedrich Kothe (alle nennen ihn Dirk) weiß darüber<br />

eine tolle Geschichte zu erzählen. Er und sein Bruder<br />

Hermann wohnten in den dreißiger Jahren hinter Höpkens<br />

Ruh An der alten Weide in einem Bauernhaus. Der Weg<br />

war nur mit fünf Häusern besiedelt. Sie hatten die üblichen<br />

Haustiere und ein paar Pferde. Bis 1939 gab es da noch<br />

keinen Strom. „Es war ein Wintertag Anfang der vierziger<br />

Jahre“, beginnt Dirk seine Geschichte. „Eine dicke Schneedecke<br />

und starker Frost überzogen das Land. An einem<br />

dieser Wintertage hatten meine Eltern und ein Ehepaar<br />

von nebenan die Idee, eine Fahrt mit einem Pferdeschlitten<br />

zu unternehmen.“<br />

Den Schlitten liehen sie sich von Ellermann-Behrens,<br />

einem Bauern aus der Nachbarschaft, aus. Davor wurde<br />

eines von Kothes Pferden gespannt. Die vier Erwachsenen<br />

mit Dirk und Hermann in Wolldecken verpackt, nahmen<br />

Platz und los ging die Fahrt an Höpkens Ruh vorbei, auf<br />

der Landstraße nach rechts bis hinein nach Lilienthal zu<br />

Murkens Gasthof. „Der Gasthof hatte einen Pferdestall,<br />

sodass man ausspannen und in Ruhe die Kaffeetafel<br />

genießen konnte“, erzählt Dirk weiter.<br />

„Doch es blieb bei den Männern nicht beim Kaffee, einige<br />

Grogs kamen hinterher. Auf der Rückfahrt wurde noch bei<br />

Bekannten eingekehrt, was nicht ohne Wirkung blieb. Bei<br />

dieser letzten Einkehr brach beim scharfen Drehen des<br />

Schlittens die Deichsel. Jetzt war der Schlitten nicht mehr<br />

zu lenken. Er schleuderte hin und her. In Höhe des Hofes<br />

Lür Meier landeten wir mit dem Schlitten im Fleet. Das<br />

Pferd stand am Ufer. Wir mussten dann zu Fuß mit dem<br />

Pferd durch Höpkens Ruh nach Hause. Der Schlitten<br />

wurde am anderen Tag geborgen.“<br />

Sowohl Diedrich als auch Hermann Kothe hatten später in<br />

Borgfeld ihre Häuser. Dirk ist heute 87 Jahre alt. Obwohl<br />

seine Sehkraft nachgelassen hat, beteiligt er sich mit<br />

Leserbriefen für die Wümme-Zeitung und mit Bürgeranträgen<br />

beim Borgfelder Beirat noch lebhaft am ortspolitischen<br />

Geschehen.<br />

Hermann war 14 Jahre lang, von 1993 bis 2007, Ortsamtsleiter<br />

von Oberneuland. Weil er in Borgfeld wohnte, sagten<br />

ihm ein paar Neider nach, er sei kein richtiger Oberneulander.<br />

Diese Geschichte beweist das Gegenteil: Er lag im Fleet.<br />

Auch wenn er damals noch sehr jung, und obwohl das<br />

Wasser gefroren war: Im Fleet ist nun mal im Fleet. EM<br />

GUTE GEISTER UNTERWEGS<br />

In Bremen gibt es rund 150 landwirtschaftliche Betriebe. Im Oktober 2019 fand sich<br />

eine Facebook-Gruppe zusammen, aus der – unabhängig vom Bauernverband – das Bündnis<br />

„Land schafft Verbindung“ (LsV) mit bundesweit rund 40.000 Landwirten entstand. Rund<br />

70 von den Bremern schlossen sich dem Agrarbündnis an. „Redet mit statt über uns“ ist<br />

ihr Motto. Mit Trecker-Blockaden zum Beispiel vor Auslieferungslagern der Discounter<br />

konnten sie bereits einiges bewegen.<br />

Aber: „Wir wollen nicht immer nur demonstrieren und blockieren“, meinten Bremer<br />

Landwirte und ihre Kollegen aus der Umgebung. Die Menschen sollten sich auch einmal<br />

über die Bauern freuen. Gerade im Winter und in diesen besonderen Zeiten: „Ein Funken<br />

Hoffnung, wir bringen Licht ins Dunkel“, meinten sie und waren kurz vor Weihnachten<br />

mit einem langen Konvoi festlich und weihnachtlich beleuchteter Ackerschlepper unterwegs.<br />

Von Blumenthal über Vegesack, durch Blockland, an Borgfeld vorbei, durch Oberneuland,<br />

Schwachhausen, Walle, bis nach Grohn waren sie unterwegs. Wie Geisterfahrer tauchten<br />

sie auf und so schnell sie kamen, so schnell waren sie wieder weg. Mit Blaulicht und auf<br />

Motorrädern begleitete die Bremer Polizei über drei Stunden den angemeldeten Konvoi. EM<br />

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