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Kunstbulletin März 2021

Unsere April Ausgabe 2021, mit Beiträgen zu Eva & Franco Mattes, Dias & Riedweg, Markus Weggenmann, David Knuckey, uvm.

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Pati Hill<br />

Zürich — Hier ein fein säuberlich gefaltetes<br />

Männerhemd, dort aneinandergereihte Lockenwickler,<br />

ein frisch aufgeschlagenes Spiegelei.<br />

Betrachten wir diese kopierten Abbilder, dringt<br />

ein geisterhaft-mechanisches Geräusch in<br />

unser Ohr; wie der Kopierer über die Objekte<br />

streift, ein-, dann noch einmal, um sie mit starken<br />

Schwarz-Weiss-Kontrasten festzuhalten.<br />

Und schliesslich hören wir das Rascheln der<br />

Papiere, die aus dem Gerät gepresst werden.<br />

Ein-, dann noch einmal.<br />

In ihren Kopien und Gedichten, die ebenfalls in<br />

der Kunsthalle Zürich zu sehen sind, thematisiert<br />

die amerikanische Schriftstellerin<br />

und Künstlerin Pati Hill (*1921, Ashland) den<br />

häuslichen Raum und politisiert ihn zugleich.<br />

Als Raum der unsichtbaren, nicht anerkannten<br />

Hausarbeit, der vergeschlechtlichten Rollenbilder.<br />

Denn die kopierten Objekte von Pati<br />

Hill sind die Verkörperung jener Erwartungen,<br />

denen sie als Frau zu entsprechen hatte. Ob als<br />

Inbegriff der «modernen» Frau, als sie für die<br />

französische ‹Elle› modelte, oder der «idealen»<br />

Mutter und Hausfrau. Dies verdeutlicht die<br />

Serie ‹Informational Art›, in der sie Anfang der<br />

Sechzigerjahre mit der Geburt ihrer Tochter<br />

Gebrauchsanweisungen sammelte, die das<br />

Aufstellen eines Bügelbretts erklärten oder<br />

die Zubereitungen des perfekten Lammsteaks.<br />

Im Gegensatz zu anderen Feministinnen der<br />

damaligen Zeit bildete Pati Hill nur selten ihren<br />

eigenen Körper ab. Man denke an die amerikanische<br />

Künstlerin Carolee Schneemann, die<br />

nackt an einem Seil hängend die Leinwand<br />

bemalte und die Objektivierung des weiblichen<br />

Körpers thematisierte. Pati Hill ging anders<br />

mit gesellschaftlich konstruierten Idealen<br />

um. 1979 schrieb sie: «Ich kopiere mich nicht<br />

selbst, aber ich wurde jahrelang abgebildet<br />

und bekam dadurch ein Gefühl der Realität. Der<br />

Realität eines Objekts vielleicht.» Dabei spielt<br />

auch das Medium, das sie für ihre künstlerische<br />

Auseinandersetzung wählte, eine zentrale<br />

Rolle. Der Kopierer, der mit Sekretariats- und<br />

klischierten Vorstellungen weiblicher Arbeit<br />

assoziiert wurde. Und ähnlich wie die Copy Art<br />

in den Siebzigerjahren Fragen nach Vervielfältigung<br />

und Urheberrecht aufwarf, stellt Pati Hill<br />

einen Bezug zum fetischisierten Bild der Frau<br />

her, das ebenfalls appropriiert wird, wobei das<br />

Urheberrecht nie bei ihr selbst liegt. GB<br />

Pati Hill · Informational Art (Lamb Chart), 1951,<br />

Courtesy Pati Hill Collection, Arcadia University<br />

Pati Hill · Alphabet of Common Objects (egg),<br />

1975–79, Courtesy Pati Hill Collection, Arcadia<br />

University<br />

→ Kunsthalle Zürich, bis 2.5.<br />

↗ www.kunsthallezurich.ch<br />

HINWEISE // ZÜRICH<br />

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