Lost in America — Tiefer Einblick in die Geschichte der USA So traurig wie das zerschlissene Sternenbanner über dem Rocking Chair hängt, so offenbart sich das gesellschaftliche Gewebe der USA am Ende der Ära Trump. ‹Lost in America› wirft ein Schlaglicht auf tief verankerten Rassismus und andere strukturelle Probleme einer ins Schlingern geratenen Weltmacht. Berlin/Kriens — Waren es anfangs die Black-Lives-Matter-Proteste, die ich im Hinterkopf hatte, als ich ‹Lost in America› in der Berliner n.b.k. sah, sind beim zweiten – virtuellen – Besuch die Bilder vom Sturm auf das Capitol hinzugekommen. Und sie vermischen sich mit dem Motiv von John Steuart Curry, das gleich am Eingang zur Ausstellung hängt: ‹Tragic Prelude›. Dieses Bild, die Reproduktion eines Wandgemäldes aus den späten 1930er-Jahren, zeigt die Auseinandersetzungen am Vorabend des Amerikanischen Bürgerkriegs. Hoch aufragend in der Mitte, von Tornado und Präriefeuern flankiert, die Figur des umstrittenen Abolitionisten John Brown mit Flinte und Bibel. «Bleeding Kansas» war Mitte des 19. Jahrhunderts Austragungsort erbitterter Kämpfe zwischen Befürwortern und Gegnern der Sklaverei – zu jener Zeit war die Landnahme durch westliche Siedler noch nicht abgeschlossen. Mit diesem historischen Motiv, aufgezogen auf eine Wand, die sich wie eine chinesische Schattenmauer schützend vor die Ausstellung stellt, schlägt der in Berlin und New York lebende Künstler, Musiker und Autor John Miller, der die Schau kuratierte, den entscheidenden Pflock ein: Die gegenwärtigen politischen Verhältnisse versteht besser, wer die Konfliktlinien kennt. Und so blickt ein Grossteil der hier versammelten 21 Kunstschaffenden auf prägende Momente der amerikanischen Identität. Caitlin MacBride etwa verewigt die funktionale Schönheit der Shaker-Werkzeuge auf Leinwand. Marisa Williamson schlüpft in die Rolle der Mulattin Sally Heming, Leibeigene und Geliebte von Gründervater Thomas Jefferson. Martha Rosler thematisiert den frauenfeindlichen Umgang mit Ethel Rosenberg. Sam Durant, dessen Schafott von 2017, gemahnend an die Massenhinrichtung von Ureinwohnern 1862, Proteststürme auslöste, steuert ein Porträt des Black-Panther-Party-Mitbegründers Bobby Seale bei. Bekanntere Arbeiten wie Dan Grahams ‹Homes for America› lassen auch eine neue Lesart zu: Die zugrundeliegende Studie verweist auf Kartierungsstrategien, die bis heute zum Einsatz kommen, etwa das «Gerrymandering», also der taktische Neuzuschnitt von Wahlkreisen, oder das Redlining, was einer (rassistischen) Diskriminierung bestimmter Viertel gleichkommt. Dass Cancel Culture nicht heissen muss, Denkmäler vom Sockel zu stossen, zeigt Jimmie Durham, der die Lieder seiner Kindheit nonchalant vor der Kamera anstimmt: ‹Songs to get rid of, songs to keep›. Auch wenn die US-Kunst in einer zunehmend integrierten Welt an Einfluss verliert, hier zeigt sie, was sie stark macht. Jetzt auch in Kriens zu sehen. Miriam Wiesel → ‹Lost in America›, Museum Bellpark, Kriens, 3.3.–2.5. ↗ www.bellpark.ch 68 <strong>Kunstbulletin</strong> 3/<strong>2021</strong>
Carver Audain · Set-a-Spell US Idiomatic, Countrified, 2018, gefundene Flagge, Schaukelstuhl, Betonschalsteine. Foto: Jia Li BESPRECHUNGEN // BERLIN/KRIENS 69
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