Pia Zanetti — Lassen wir uns ein? Seit den 1960er-Jahren ist Pia Zanetti als Fotojournalistin weltweit unterwegs. Für ihre Einzelausstellung in der Fotostiftung Schweiz sichtete sie Material aus ihrem Archiv, das mal farbig, mal schwarz-weiss, mal schnappschussartig, mal minutiös das Zeitgeschehen der letzten Jahre festhält. Winterthur — Ein Junge schaut uns auf einer belebten Strasse entgegen. Er wirkt nachdenklich, seine Lippen etwas zusammengekniffen, fast würde er zwischen den vorbeigehenden Passantinnen und Passanten untergehen. Ein flüchtiger Blick, der beinahe unbemerkt blieb, den Pia Zanetti doch einzufangen vermochte. Nun zieht er uns in seinen Bann, katapultiert uns in das Italien der Siebzigerjahre, als die Bevölkerung von Pozzuoli einen Vulkanausbruch befürchtete. Wie muss es wohl gewesen sein? Seit über sechzig Jahren hält Pia Zanetti (*1943, Basel) gesellschaftliche Stimmungen fest: Demonstrationen in London gegen den Vietnamkrieg, die Apartheid in Johannesburg. Wie muss es wohl gewesen sein? Diese Frage stellt sich auch im Hinblick auf ihren Werdegang. Zanetti war gerade mal zwanzig Jahre alt, als sie sich als Fotojournalistin selbständig machte. Sie musste sich in einer männlich dominierten Szene behaupten, in der sie als Frau oft als zu emotional oder fragil galt, um den Beruf auszuüben. Doch sie setzte sich durch, fotografierte für ‹Du›, ‹Das Magazin› oder die Wochenendbeilage der NZZ. Ausgewählte Fotografien aus ihrem Archiv sind nun in der Fotostiftung zu sehen. Sie sind Ausdruck eines jeweiligen Zeitgeistes und nicht zuletzt der Veränderungen, die den Fotojournalismus prägten. «Damals waren Sparmassnahmen noch weit entfernt. Das ist heute unvorstellbar», sagt Pia Zanetti, während sie etwas nachdenklich – soweit sich das unter der Maske beurteilen lässt –, ihren Blick durch die Ausstellung schweifen lässt. In der Ausstellung wird aber auch deutlich, dass ihre Arbeit stets ein Wechselspiel aus Nähe und Distanz ist. Wie nahe geht man an ein Geschehen heran? Inwieweit macht man die eigene Position als Fotografin sichtbar? Solches Abwägen ist etwa in der Serie ‹Fremde Heimat› implizit enthalten, für die Zanetti mit ihrer Adoptivtochter nach Vietnam reiste. Wie weit lässt man sich emotional ein? Eine Frage, die es nicht nur für die Fotografin, sondern auch für uns als Betrachterinnen und Betrachter zu beantworten gilt. Wie weit lassen wir uns ein, wenn wir etwa die Aufnahmen aus einer Psychiatrie in Managua betrachten, welche die Traumata der Nicaraguanischen Revolution thematisieren? «Was passiert zwischen der abgebildeten Person und mir? Bin ich bereit, auch von mir etwas zu zeigen, zu geben?», fragt Pia Zanetti. «Entsteht eine Auseinandersetzung oder möchte man nur von den Menschen profitieren, die ich als Fotografin einfange, als Betrachterin sehe?» Giulia Bernardi → ‹Pia Zanetti – Fotografin›, Fotostiftung Schweiz, bis 24.5. ↗ www.fotostiftung.ch 74 <strong>Kunstbulletin</strong> 3/<strong>2021</strong>
Pia Zanetti · Pozzuoli, Italien, 1970, Schwarz-Weiss-Fotografie © ProLitteris Pia Zanetti · London, England, 1967, Schwarz-Weiss-Fotografie © ProLitteris BESPRECHUNGEN // WINTERTHUR 75
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