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Kunstbulletin März 2021

Unsere April Ausgabe 2021, mit Beiträgen zu Eva & Franco Mattes, Dias & Riedweg, Markus Weggenmann, David Knuckey, uvm.

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Sinne des Radical Painting auch mit der Physis der Farben. Statt der anfangs noch<br />

benutzten, auf Rat von Verena Loewensberg aufgegebenen Acrylprodukte erforscht<br />

und perfektioniert er das Arbeiten mit losen, nur schwach in Leim gebundenen Pigmenten.<br />

«Das Licht bricht sich so an der Oberfläche und nicht im Bindemittel», erklärt<br />

er ihr samtiges Leuchten. Die satte, opake Wirkung ist hingegen das Ergebnis eines<br />

doppelten Farbauftrags. Bedenkt man, wie geduldig die Ränder der ersten Schicht<br />

dabei nachzuführen sind, ahnt man, wie viel Disziplin in den vielteiligen wandfüllenden<br />

Installationen jener Jahre steckt.<br />

Birth of the Cool<br />

1999 dann die Wende. Als zwei weitere baubezogene Projekte weniger heikle Bildoberflächen<br />

erfordern, setzt Weggenmann nach dem Vorbild der ‹Flachen Arbeiten›<br />

von Adrian Schiess erstmals Karosserielacke und Aluminiumträger ein. Die Farbe<br />

sinkt hinter die glatten Fronten zurück, verliert sich dort aber nicht, sondern verführt<br />

das an der Versiegelung abprallende Auge nun aus der Tiefe.<br />

Auch produktionstechnisch verlangen die industriellen Lacke neue Abläufe, und in<br />

Martin Vetterli in Dussnang findet Weggenmann den versierten Spezialisten und Partner<br />

dafür. Der fachliche Austausch führt zum nächsten und bis dato überraschendsten<br />

Schritt: Weggenmann kehrt der Gleichform der Streifen den Rücken und kontert<br />

den kühlen Look der Lackbilder mit einer unnachahmlichen Motivik. Deren Ursprung<br />

liegt in spontan zu Papier gebrachten Gesten, die mit digitalen Tools erfasst, vom Pinselduktus<br />

befreit und zur Spritzvorlage verarbeitet werden. Ohne auf den subjektiven<br />

Ausdruck einer künstlerischen Handschrift zu verzichten, lässt sich so zugleich am<br />

Authentizitätsideal der Malerei und an ihrem expressiven Pathos kratzen. Visuell sind<br />

die hierbei entstehenden aperspektivischen Tiefenräume überaus eindrucksvoll, wie<br />

die Ausstellung anhand von zwei Monumental- und etlichen Grossformaten zeigt.<br />

Von DIN A3 bis (fast) unendlich<br />

Imponierend ist auch der Raum, den Weggenmann bis unter die Decke mit einer<br />

Auswahl seiner Papierarbeiten von 2011 gefüllt hat. Es ist die Neuauflage der Installation,<br />

mit welcher er diesen primären, ungefilterten Werkbestand gleichenorts 2010<br />

erstmals publik machte. In Zürich, Berlin und Cumbel entstanden, erkunden die Blätter<br />

in handlichem A3-Format die Bandbreite zwischen freier Farbform und knapp umrissenem<br />

Gegenstand. Für gewöhnlich lagern sie dann, sortiert nach Jahren, in Hunderten<br />

von Schachteln, bis Weggenmann plötzlich dieses oder jenes Motiv in einen<br />

seiner Transformationsprozesse einspeist. 2010 verlieh ein Stapel Kartons in der Ausstellung<br />

diesem Vorgang noch Nachdruck. Die aktuelle Hängung hat diesen Rückbezug<br />

nicht mehr nötig. Befreit und unangestrengt zeugt sie vom Willen des Künstlers,<br />

sich zunächst «beim Malen nichts vorzunehmen, offen zu sein für den Zufall».<br />

Weggenmanns jüngster Twist ist nun die Rückkehr zur Leinwand. Wie bei den Lackbildern<br />

liefern auch hier die Papierarbeiten die Vorlagen. Doch der Auswahlprozess –<br />

«sich selber ernst nehmen», wie Weggenmann es formuliert – endet bedingt durch<br />

46 <strong>Kunstbulletin</strong> 3/<strong>2021</strong>

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