Kunstbulletin März 2021
Unsere April Ausgabe 2021, mit Beiträgen zu Eva & Franco Mattes, Dias & Riedweg, Markus Weggenmann, David Knuckey, uvm.
Unsere April Ausgabe 2021, mit Beiträgen zu Eva & Franco Mattes, Dias & Riedweg, Markus Weggenmann, David Knuckey, uvm.
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zwei Projekte von Kunst und Bau. Unter der<br />
Regie von Kuratorin Susann Wintsch haben die<br />
gebürtige Churerin Ursula Palla (*1961) und die<br />
in Deutschland lebende Iranerin Parastou Forouhar<br />
(*1962) für die öffentlich zugänglichen<br />
Bereiche des Gebäudes Werke geschaffen,<br />
die subtil mit Besucherinnen und Besuchern<br />
interagieren. Palla entwarf für die Eingangshalle<br />
mit installativen Elementen eine poetische<br />
Erzählung über Landschaft, Natur, Kultur und<br />
Künstlichkeit. Unter der ausladenden Wendeltreppe<br />
legte sie einen «See» aus quadratischen<br />
Spiegelplatten an, der seine Umgebung steil<br />
in die Tiefe stürzen lässt. Ein naturgetreuer<br />
Wurzelstock aus Bronze liegt wie Strandgut<br />
am Ufer, während an einer nahen Wand eine<br />
zu hoch geratene wilde Distel, ebenfalls aus<br />
Bronze, in Konkurrenz – oder Symbiose – mit<br />
der Architektur tritt. Forouhar wiederum hat<br />
auf dem Vorplatz des Gebäudekomplexes einen<br />
Teppich aus arabischen Schriftzeichen «ausgerollt»,<br />
was in den Ostschweizer Medien teils<br />
heftig debattiert wurde. Auch Sprachkundige<br />
können das Ensemble von verspielt verschlungenen<br />
Ornamenten allerdings nicht lesen: Die<br />
Künstlerin malte die Buchstaben mit Strassenfarbe<br />
nach Kriterien von Rhythmus und<br />
Musikalität auf dem Asphalt auf. Von Weitem<br />
gesehen erinnern sie vielleicht an Schneewehen<br />
oder Pusteblumen. Worte sind jedenfalls<br />
keine zu erkennen, allenfalls ein Räuspern oder<br />
Stammeln, vergnügter «Unsinn» also, der die<br />
künstlerische Freiheit und die ausdrucksvolle<br />
Ästhetik der Schriftzeichen im Sinn hat.<br />
Goodbye, World<br />
Schweden/Bosnischer Meerbusen — Schnee<br />
in Madrid und im Tessin, während in der Arktis<br />
Wärmerekorde gemessen werden und der Meeresspiegel<br />
zunehmend ansteigt: Der Klimawandel<br />
macht sich verschiedentlich bemerkbar und<br />
damit das fatale Ausmass menschlichen Tuns<br />
auf Erden. Wenn wir also untergehen, dann mit<br />
Pauken und Trompeten! Das scheinen sich der<br />
Künstler Andreas Templin und der Kunstkritiker<br />
und Kurator Raimar Stange, beide aus Berlin, gesagt<br />
zu haben: Unter dem Titel ‹Goodbye, World›<br />
haben sie seit Februar Kunstwerke von zehn<br />
internationalen Positionen auf einer Eisscholle<br />
im Bosnischen Meerbusen ausgesetzt. Mit dem<br />
Schmelzen der Scholle werden – ökologisch<br />
unbedenkliche, aber ökonomisch lukrative –<br />
Arbeiten von Jonathan Monk, Olaf Nicolai oder<br />
Martha Rosler für immer auf dem Meeresboden<br />
versenkt. Das Projekt zeigt somit nicht nur die<br />
Zerstörung der Natur durch den Menschen an,<br />
sondern auch die Exzesse des Kunstmarkts.<br />
Reise und Untergang der Ausstellung werden<br />
auf der Website mittels GPS dokumentiert.<br />
Jonathan Monk · The Tragic Tale, 2020, Farbe<br />
auf Holz, 60 x 14 cm<br />
Parastou Forouhar · Written Room, 2020,<br />
Strassenfarbe auf Asphalt, Kantonales<br />
Verwaltungszentrum Sinergia, Chur, Courtesy<br />
Kanton Graubünden © ProLitteris<br />
↗ www.gr.ch<br />
↗ www.apexart.org/templin-stange.php<br />
Bethan Huws<br />
Winterthur/Zug — «I’ve forgotten to feed the<br />
cat – I haven’t got a cat» leuchtet es neuer-<br />
84 <strong>Kunstbulletin</strong> 3/<strong>2021</strong>