Kunstbulletin März 2021
Unsere April Ausgabe 2021, mit Beiträgen zu Eva & Franco Mattes, Dias & Riedweg, Markus Weggenmann, David Knuckey, uvm.
Unsere April Ausgabe 2021, mit Beiträgen zu Eva & Franco Mattes, Dias & Riedweg, Markus Weggenmann, David Knuckey, uvm.
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Raphael Hefti — Showtime<br />
In der Zürcher Schulanlage Schauenberg streuen Raphael<br />
Heftis Glasprismen Sonnenlicht zu immer wieder neuen und<br />
unberechenbaren Regenbogen. Der Künstler verbindet hier sein<br />
Interesse für Skulptur, Licht und Farbe zu einem Werk von überzeugender<br />
Einfachheit und universeller Zugänglichkeit.<br />
Zürich — Der Ersatzneubau Schulanlage Schauenberg von Adrian Streich Architekten<br />
gruppiert vier zueinander verdrehte, rechteckige Baukörper um einen überdachten<br />
Schulhof. Darüber spannen sich in luftiger Höhe mächtige Betonträger, die eine<br />
von unterschiedlich grossen, quadratischen Öffnungen durchstanzte Betondecke<br />
tragen. Diese drei Himmelsfenster geben den Blick frei auf die Kunst-und-Bau-<br />
Installation von Raphael Hefti (*1978): zwölf kranzförmig um die Öffnungen angeordnete<br />
Glasprismen. Ihre Dimensionen und Positionen wurden von Hefti akribisch<br />
berechnet, um das Sonnenlicht über das Jahr hinweg in alle Ecken des Schulhofs zu<br />
lenken und Regenbogen auf die Böden und Wände zu malen. Bei Minustemperaturen,<br />
welche die Prismen vereisen lassen, oder bei trübem Wetter bleibt der Effekt aus.<br />
Doch besonders in der kälteren Jahreszeit bei niedrigem Sonnenstand wandern die<br />
Regenbogen bis weit ins Innere der Schulhäuser.<br />
Die Installation richtet den Blick auf die hochwertigen, rohen Materialien des<br />
Schulbaus. Im Farbenspiel des gestreuten Lichts kommen die unterschiedlichen<br />
Oberflächenstrukturen des Sichtbetons, der Pflästerung, des roten Backsteins und<br />
der Holzfenster und -türen besonders zur Geltung. Auf subtile Weise brechen die<br />
Glasprismen auch mit bautechnischen Grundsätzen. Einerseits spielt die Installation<br />
mit der Bündelung und Projektion von Licht, während in der Architektur ungewollte<br />
Reflexionen und daraus resultierende Blendung möglichst vermieden werden sollen.<br />
Andererseits sind Dächer für gewöhnlich zweckmässige Bauteile, die von unten<br />
möglichst unsichtbar bleiben sollen. Nicht so Heftis Kristalle, welche die Aufmerksamkeit<br />
auf die fünfte Fassade ziehen. Die spielerische Wechselwirkung zwischen<br />
Installation und Architektur wird dem «und» von Kunst und Bau mehr als gerecht.<br />
‹Showtime› verbindet die Dauerhaftigkeit einer Skulptur mit dem Erlebniswert<br />
einer Videoprojektion, ohne die technische Anfälligkeit und den Stromverbrauch der<br />
Letzteren. Es ist einerseits die Unberechenbarkeit des Lichteffekts, die auch noch<br />
nach einem Jahr bei Schüler- und Lehrerschaft gleichermassen Staunen und Entzücken<br />
auslöst.Andererseits ist es das Naturphänomen Regenbogen selbst,ein universell<br />
positives Symbol, konnotiert mit Werten wie Offenheit, Toleranz, Hoffnung, Frieden<br />
und Glück, welches das Werk für alle zugänglich und ohne jegliche künstlerische<br />
Vorbildung sinnlich verständlich macht. Viviane Ehrensberger<br />
→ Raphael Hefti, ‹Showtime›, Schulanlage Schauenberg ↗ www.stadt-zuerich.ch/hbd (Suche: Hefti)<br />
78 <strong>Kunstbulletin</strong> 3/<strong>2021</strong>