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Kunstbulletin März 2021

Unsere April Ausgabe 2021, mit Beiträgen zu Eva & Franco Mattes, Dias & Riedweg, Markus Weggenmann, David Knuckey, uvm.

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Total Space<br />

Zürich — Vielleicht fühlen wir uns etwas<br />

orientierungslos, während wir uns durch<br />

die skurrilen Konstruktionen schlängeln: an<br />

Türmen aus aufeinandergestapelten Klebebandrollen,<br />

aus Kunst- und Schaumstoffformen<br />

vorbei. Unser Blick wandert daran<br />

hinauf, entlang einem Seil, das durch ein Loch<br />

einer vertikal aufgerichteten Holzlatte gezogen<br />

wurde, am Boden an zwei Gewichten befestigt,<br />

wodurch das Holz im Gleichgewicht gehalten<br />

wird. Schneiden wir das Seil durch, würde die<br />

Konstruktion mit einem lauten Knall zu Boden<br />

fallen. So auch die auf der Spitze eines Steins<br />

balancierenden Betonformen, würden wir ihnen<br />

einen kleinen Schubs geben. Die sonst unsichtbare<br />

Schwerkraft und Statik visualisieren die<br />

Designerinnen Sarah Kueng und Lovis Caputo<br />

in ihrer Installation ‹Cosa pensi?›, die zugleich<br />

unsere Wahrnehmung verändert. Je höher die<br />

Türme sind, desto mehr nehmen wir die Grösse<br />

des Raums wahr; je fragiler das Gleichgewicht<br />

scheint, desto eher denken wir über die Masse<br />

der Objekte nach.<br />

Die fünf gestalterischen Positionen experimentieren<br />

in der Ausstellung ‹Total Space›<br />

im Toni-Areal mit immersiven Räumen. Hier<br />

betrachten wir nicht nur von Weitem, sondern<br />

tauchen ein, wie etwa in den mobilen Raum<br />

‹Dance Mix› von Soft Baroque, der sich nach<br />

links und rechts, vorne und hinten verschiebt<br />

und unser sonst selbstverständliches Schreiten<br />

durch den Ausstellungsraum herausfordert.<br />

Auch das Architektur- und Designduo Trix und<br />

Robert Haussmann hebt mit seinem begehbaren<br />

Spiegelkabinett ‹Oktagon› die Grenzen<br />

des Raums auf, indem sie acht Spiegel in einer<br />

oktogonalen Form platzierten. Das Kollektiv<br />

Sucuk & Bratwurst entwarf ein Kinderzimmer<br />

mit überdimensioniertem Spielzeug, wobei sie<br />

nicht nur Grössenverhältnisse auf den Kopf<br />

stellten, sondern auch die massstabfreie, digitale<br />

Welt in die analoge übertrugen.<br />

Die ‹Total Spaces› werden in der Ausstellung<br />

mit kunsthistorischen Referenzen ergänzt, die<br />

an Überlegungen zu raumgreifenden Installationen<br />

anknüpfen. Darunter die Performance<br />

‹Sun & Sea (Marina)›, die 2019 an der Biennale<br />

Venedig zu sehen war. Im litauischen Pavillon<br />

beobachtete das Publikum eine Strandszene<br />

von einer Empore aus. Auf dem künstlich aufgeworfenen<br />

Sand lagen Menschen in Badeanzügen,<br />

bräunten sich im Scheinwerferlicht<br />

und sangen von persönlichen Wünschen und<br />

ökologischen Problemen unserer Gegenwart.<br />

Vielleicht können uns solche Räume dazu<br />

bewegen, uns den Eindrücken hinzugeben, das<br />

Gewohnte hinter uns zu lassen und womöglich<br />

auch das, was wir zu wissen glauben. GB<br />

Kueng Caputo · Cosa pensi?, 2020, Ausstellungsansicht<br />

Museum für Gestaltung.<br />

Foto: Pierre Kellenberger<br />

Soft Baroque · Dance Mix, 2020, Ausstellungsansicht<br />

Museum für Gestaltung. Foto: Pierre<br />

Kellenberger<br />

→ Museum für Gestaltung Zürich, Toni-Areal,<br />

bis 20.6.<br />

↗ www.museum-gestaltung.ch<br />

64 <strong>Kunstbulletin</strong> 3/<strong>2021</strong>

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