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2. Determinanten, Wirkungen und Leistungen ethnischen ...

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ifm Universität Mannheim: Migrantenunternehmen in Baden-Württemberg<br />

Einige Untersuchungen heben die Chance auf Einkommensverbesserung <strong>und</strong> sozialen Aufstieg<br />

hervor (Bates 1997; Kloosterman et al. 1999; Leicht et al. 2009; siehe hierzu auch Kapitel<br />

<strong>2.</strong>3). Solche Motivlagen lassen sich allerdings nicht immer eindeutig den Pull-Faktoren<br />

zuordnen, da der Aufstieg nicht selten mit durchlaufener Deprivation verb<strong>und</strong>en ist.<br />

Zwänge bzw. Push-Faktoren resultieren im Wesentlichen aus sozialer Ungleichheit, insbesondere<br />

aber aus den Bedingungen <strong>und</strong> ggf. Benachteiligungen am Arbeitsmarkt. Nach Loeffelholz<br />

et al. (1994) <strong>und</strong> Loeffelholz (2002) lassen sich Betriebsgründungen von Migranten in<br />

vielen Fällen als Reaktion auf drohende oder erfahrene Arbeitslosigkeit werten, nicht zuletzt,<br />

da die ehemaligen Gastarbeiter <strong>und</strong> deren Nachfahren von den Umbrüchen in den Krisenbranchen<br />

des Verarbeitenden Gewerbes stark betroffen sind (Seifert 2001). In Bezug auf türkische<br />

Selbständige kommen Pütz (2003) <strong>und</strong> Sen (2002) zu einem ähnlichen Ergebnis. Da<br />

das Entscheidungskalkül häufig jedoch von weiteren Faktoren – <strong>und</strong> dabei auch von pull-<br />

Faktoren – mit beeinflusst wird, lassen die Untersuchungen kaum Aussagen zu, inwieweit der<br />

Gründungsschritt explizit auf eine Notsituation zurückzuführen ist. In unserer Studie in NRW<br />

wurde daher ein Gesamtindikator für solche Gründungsmotive gebildet, die sich aus einer<br />

prekären Arbeitsmarktsituation entwickeln (Leicht et al. 2009). Demzufolge wurde ein Viertel<br />

bis ein Drittel der Migrantinnen <strong>und</strong> Migranten eher „zwangsweise“ in die Selbständigkeit<br />

geführt. Ein solcher Zwang kommt bei Türkinnen <strong>und</strong> Türken fast doppelt so häufig wie bei<br />

den Deutschen ins Spiel, <strong>und</strong> dies auch dann, wenn man Alter <strong>und</strong> Bildung kontrolliert.<br />

<strong>Determinanten</strong> im Spiegel landesspezifischer Strukturen<br />

Baden-Württemberg erfüllt einige Voraussetzungen, die vermuten ließen, dass sich zumindest<br />

die Absolutzahl an selbständigen Migranten auf relativ hohem Niveau bewegt. Unter den Flächenländern<br />

ist der Südweststaat dasjenige Land mit dem höchsten Anteil an Menschen mit<br />

Migrationshintergr<strong>und</strong> (Stat. Landesamt 2008; Hin 2008). Hierunter sind zwar viele mit deutschem<br />

Pass, aber auch in Bezug auf den Ausländeranteil führt Baden-Württemberg das Ranking<br />

an (Walter 2007). Allerdings kann das Gründungsklima <strong>und</strong> die Bedeutung der<br />

Migrantenökonomie nur anhand relativer Werte beurteilt werden. Mit Blick auf die migrantenspezifischen<br />

Gründungs- <strong>und</strong> Selbständigenquoten bildet Baden-Württemberg seit längerem<br />

das Schlusslicht im Ländervergleich (Leicht/ Leiß 2006b; Meister-Scheufelen 2007).<br />

Mögliche Ursachen dieser Unterrepräsentation wurden zuvor nicht erforscht. Erste Hinweise<br />

boten die von anderen B<strong>und</strong>esländern abweichenden Arbeitsmarktstrukturen. Die durchschnittlich<br />

geringeren Arbeitslosenquoten im Südweststaat gaben Anlass zu der Vermutung,<br />

dass hierdurch weniger Migranten zum Schritt in die Selbständigkeit gezwungen sind. Doch<br />

abgesehen davon, dass nur ein Teil der Gründungsaktivitäten aus der Arbeitslosigkeit entspringt,<br />

sollten auch in Baden-Württemberg „Push-Faktoren“ nicht unterschätzt werden, da<br />

hier – noch vor der Wirtschaftskrise – die Erwerbslosenquote von Personen mit Migrationshintergr<strong>und</strong><br />

um das 2,5-fache <strong>und</strong> die von Ausländern um das 3-fache höher als die von Personen<br />

ohne Migrationshintergr<strong>und</strong> lag (Hin/ Schmidt 2006). 11 Natürlich ist trotz allem zu be-<br />

11 Mikrozensus 2005: 5,2% zu 12,8% <strong>und</strong> 15%. Auf anderer Datenbasis (BA) aber gleichem Bezugsjahr kommen<br />

Lehmann <strong>und</strong> Wapler (2009) zu einer Arbeitslosenquote von 6,8% bei Deutschen <strong>und</strong> 15,8% bei Ausländern<br />

in Baden-Württemberg.

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