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2. Determinanten, Wirkungen und Leistungen ethnischen ...

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22<br />

ifm Universität Mannheim: Migrantenunternehmen in Baden-Württemberg<br />

2006). Dies scheint auch subjektiv so empf<strong>und</strong>en zu werden. Denn in der Tendenz stufen sich<br />

solche Migranten als erfolgreicher ein, die in geringerem Maße Beziehungen zur eigenen<br />

Ethnie unterhalten (Chaganti/ Greene (2002).<br />

Bei allem darf aber ohnehin bezweifelt werden, dass Enklavenunternehmen in Deutschland<br />

oder gar in Baden-Württemberg besondere Relevanz besitzen. Verschiedene Erhebungen des<br />

ifm weisen darauf hin, dass für die meisten selbständigen Migranten in Deutschland ethnische<br />

Nischen <strong>und</strong> Beziehungen eher eine untergeordnete Rolle spielen (Leicht et al. 2005a+b <strong>und</strong><br />

2009). Die Zuwanderung verlief hierzulande in anderen sozialen <strong>und</strong> räumlichen Bahnen als<br />

in den US-amerikanischen Metropolen (Häußermann/ Siebel 2001). Soweit in der B<strong>und</strong>esrepublik<br />

überhaupt von „<strong>ethnischen</strong> Märkten“ die Rede ist, beziehen sich die Beispiele fast ausschließlich<br />

auf die türkische Community (in bestimmten Quartieren), 20 die sowieso nur einen<br />

kleinen Teil der Migrantenökonomie stellt.<br />

Dies soll jedoch nicht heißen, dass es keine graduellen Unterschiede in den Marktstrategien<br />

bzw. in der Ausrichtung auf verschiedene K<strong>und</strong>ensegmente gibt: Zum einen variieren die<br />

einzelnen Herkunftsgruppen was ihre Orientierung auf die Landsleute betrifft. 21 Zum anderen<br />

bestehen erhebliche Unterschiede in der Branchenzugehörigkeit – nicht zuletzt auch im Vergleich<br />

mit den einheimischen Unternehmern, was wiederum prädominierend für die Güte bestimmter<br />

<strong>Leistungen</strong> ist. Auch in Deutschland sind sich fast alle Untersuchungen einig, dass<br />

Migrantenbetriebe überproportional häufig in den distributiven Dienstleistungen (vor allem<br />

im Handel <strong>und</strong> Gastgewerbe) sowie in weiteren einfachen <strong>und</strong> haushaltsnahen Dienstleistungen<br />

zu finden sind (Wilpert 2003; Schuleri-Hartje et al. 2005; Leicht/ Leiß 2006a; Statistisches<br />

Landesamt 2007). Es stellt sich die Frage, inwieweit die Branchenzusammensetzung<br />

<strong>und</strong> die Diskrepanz zu den Unternehmen von Einheimischen das Resultat eigenethnischer<br />

Beziehungen <strong>und</strong> Netzwerke oder aber viel eher das von mangelnden individuellen Ressourcen<br />

sowie von ökonomischen <strong>und</strong> institutionellen Rahmenbedingungen (bzw. von beidem)<br />

ist. Die Leistungs- <strong>und</strong> Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen hängt mehr denn je von wissensbezogene<br />

Ressourcen ab. Andererseits jedoch hat sich offenbar auch in Deutschland eine<br />

kleine aber feine Elite an ausländischstämmigen Unternehmern herausgebildet, die nicht selten<br />

als Beleg für die Chancenoffenheit <strong>und</strong> Zukunftsfähigkeit der Migrantenökonomie insgesamt<br />

verwendet werden (ATIAD 2001; PwC 2008). Die wohl bekanntesten Beispiele für einen<br />

unternehmerischen Aufstieg von Migranten sind mit den Namen des Reiseanbieters Vural<br />

Öger, mit dem Textilunternehmer Kemal Sahin oder dem des Berliner Döner-Fabrikanten<br />

Remzi Kaplan verb<strong>und</strong>en. Und in Baden-Württemberg wird der Mannheimer Großhändler<br />

Mustafa Baklan häufig als Exempel für einen modernen türkischen Mittelstand genannt.<br />

Fälle wie diese sind ein Hinweis darauf, dass die Branchenzugehörigkeit, <strong>und</strong> teils auch die<br />

K<strong>und</strong>enorientierung, kein exakter Prädiktor für den wirtschaftlichen Erfolg <strong>und</strong> die Professionalität<br />

der <strong>Leistungen</strong> von <strong>ethnischen</strong> Unternehmern ist. Denn schließlich beruht das Erfolgsrezept<br />

dieser Elite (sieht man von den persönlichen Fähigkeiten ab) zu einem beachtlichen<br />

20<br />

Häufig wird die Stärke der türkischstämmigen Community selbst in Stadtteilen wie Berlin-Kreuzberg oder<br />

Neu-Köln überschätzt.<br />

21<br />

Unserer Studie in NRW zufolge positionieren sich allerdings nur zwischen 4% (italienische Männer) <strong>und</strong> 14%<br />

(russischstämmige Frauen) der Befragten in einer <strong>ethnischen</strong> Nische (Leicht et al. 2009).

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