24.12.2012 Aufrufe

2. Determinanten, Wirkungen und Leistungen ethnischen ...

2. Determinanten, Wirkungen und Leistungen ethnischen ...

2. Determinanten, Wirkungen und Leistungen ethnischen ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

98<br />

7.2 Ethnisches <strong>und</strong> soziales Kapital<br />

ifm Universität Mannheim: Migrantenunternehmen in Baden-Württemberg<br />

Die Beobachtung, dass die Zahl selbständiger Migranten auf breiter Ebene <strong>und</strong> zudem (auch)<br />

in jenen Gruppen wächst, die vergleichsweise geringe formale Bildung <strong>und</strong> teilweise wenig<br />

spezifisches Humankapital aufweisen, ist ein international beobachtbares Phänomen <strong>und</strong> lenkt<br />

die Aufmerksamkeit auf einige weitere Faktoren: „To the extent that higher levels of<br />

entrepreneurship cannot be explained solely by the personal characeristics of owners, then we<br />

must turn to social structural and cultural conditions for an explanation“ (Aldrich <strong>und</strong> Waldinger<br />

1990: 113). 29 Die Suche nach zusätzlichen <strong>Determinanten</strong> wird von der Annahme flankiert,<br />

dass Migranten versuchen, eine – mehr oder weniger bestehende – Unterversorgung mit<br />

Humankapital durch den Einsatz von ethnischem <strong>und</strong> sozialem Kapital zu kompensieren. 30<br />

Die Frage nach der Bedeutung <strong>und</strong> Wirkung von <strong>ethnischen</strong> Ressourcen bildet denn auch<br />

einen zentralen Kern der Ethnic Entrepreneurship-Forschung. Doch ein in diesem Kontext<br />

vielfach produziertes Missverständnis besteht in der Annahme, allein schon aus der Unterschiedlichkeit<br />

des unternehmerischen Verhaltens von Migranten <strong>und</strong> Einheimischen ließe sich<br />

auf die Existenz <strong>und</strong> Wirkung ethnischer Ressourcen schließen. Zwischen allgemeinen bzw.<br />

Klassen-Ressourcen (z.B. Geld <strong>und</strong> Bildung) <strong>und</strong> spezifisch <strong>ethnischen</strong> ist zu unterscheiden. 31<br />

Ethnische Ressourcen können sich aus kulturellen <strong>und</strong> religiösen Werthaltungen, spezifischem<br />

Wissen, Informationen, Solidarität, Muttersprache <strong>und</strong> ähnlichem mehr zusammensetzen.<br />

Und sie stehen in der Regel nur bestimmten Gruppen zur Verfügung. 32<br />

Zu den zentralen Ressourcen von Migranten, <strong>und</strong> im Besonderen von unternehmerisch Engagierten,<br />

zählt darüber hinaus auch soziales Kapital. Bourdieu (1983: 190) zufolge ist „Sozialkapital<br />

(...) die Gesamtheit der aktuellen <strong>und</strong> potentiellen Ressourcen, die mit dem Besitz eines<br />

dauerhaften Netzes von mehr oder weniger institutionalisierten Beziehungen gegenseitigen<br />

Kennens oder Anerkennens verb<strong>und</strong>en sind.“ Oder anders ausgedrückt: Es handelt sich<br />

dabei um Ressourcen, die auf der Zugehörigkeit zu einer Gruppe beruhen. Soziales Kapital<br />

entsteht also, wenn die Mitglieder einer <strong>ethnischen</strong> Community über ein gut funktionierendes<br />

soziales Netzwerk (im Herkunfts- oder im Aufnahmeland) verfügen.<br />

Hinsichtlich der Bedeutung von ethnischem oder sozialem Kapital erscheint es wichtig zwischen<br />

solchen Ressourcen zu unterschieden, die vorrangig die Motivation zum Schritt in die<br />

Selbständigkeit erhöhen <strong>und</strong> solchen, die es erlauben, das gegründete Unternehmen auch<br />

nachhaltig mit Erfolg zu führen. Zu den Erstgenannten dürften – zumindest in der Sicht der<br />

ethnokulturell orientierten Erklärungsansätze – insbesondere die Werthaltungen <strong>und</strong> kulturellen<br />

Prädispositionen zählen, die bestimmte Gruppen von Migranten stärker als andere motivieren,<br />

ihren Lebensunterhalt als Selbständige zu verdienen <strong>und</strong> „auf eigene Rechnung“ zu<br />

29<br />

Hervorhebung durch Kursivschrift nicht im Original.<br />

30<br />

Zwingenberger 2003.<br />

31<br />

Light 2004.<br />

32<br />

So ist bspw. „Geschäftssinn“ für sich genommen noch keine ethnische Ressource, kann es aber in einem bestimmten<br />

Kontext werden; etwa dann, wenn die Umsetzung einer Geschäftsidee mit einem Rückgriff auf landestypische<br />

<strong>und</strong> damit exklusive kulturelle Güter <strong>und</strong> Dienste oder auf Sprache <strong>und</strong> co-ethnische Beziehungen einhergeht.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!