Blogtexte2022_1-Halbjahr
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Lawrow, Schröder,
Putin
Mrz 4, 2022
Verrückte haben heute Rechte, und zwar
deswegen, weil sie Möglichkeiten eigener
Entwicklung nutzen können, die es früher
nicht gab. Was ein Geisteskranker sei, ist
nur für die einfach zu bestimmen, die selbst
einfachen Geistes, sprich: dumm sind. Die
verschiedensten Diagnosen in diesem
Gebiet zeigen, wie viele Gesichter das
Verrücktsein hat. In der normalen Bevölkerung
gibt es weiter eigentlich unhaltbare
Ansichten dazu, die aber ins Wanken geraten
wie jede Form von Fake News. Die Realität,
welche dem Verrückten nicht verfügbar
scheint, grenzt nicht nur ihn ein, sondern bestimmt
auch die Aktivitäten der Umgebung.
Menschen, die bislang nicht mit psychischen
Auffälligkeiten zu tun hatten, meinen sich
Überheblichkeit leisten zu können? Das ist
insofern riskant, weil es in jeder Familie
oder der nahen Bekanntschaft derartige
Kranke gibt. Da kann niemand wegschauen.
Auch an sich emotional Gefestigte können
psychisch krank werden. Wer also das Maul
zu weit aufreißt, Bescheuerte zu mobben,
könnte Ärger bekommen und Angst, selbst in
Behandlung zu müssen.
Es mag stark wirken, ist aber ein Bumerang:
Dumme können andere beschuldigen. Das
hilft nur denen, die als verrückt und gefährlich
gebrandmarkt werden. Sie können
begreifen, was ihnen Schwierigkeiten bereitet
und warum sie gekränkt sind. Einfältige
Menschen kommen klar, weil ihre Umgebung
sich nicht an ihnen stört, im Gegenteil,
man nutzt sie als billige Mitstreiter. Ihre
geistige Gesundheit verdanken manche nur
der Integration. Klugheit ist nicht nur so da,
sie gewinnt an Realität, wenn viele mitmachen.
Schildbürger sind einig und stark darin,
einander Mut zuzusprechen, sich gegenseitig
Intelligenz zu bezeugen. Man hüte sich davor
zu glauben, die Wahrheit eines richtigen
Handelns mal so eben schnell erkennen zu
können. Nicht selten bringen spätere Perspektiven
andere Realitäten hervor.
Psychisch Kranke machen dumme Sachen,
und zunächst scheint es dasselbe zu sein.
Der Isolierte kann aber an Boden gut
machen, wenn dieser andere findet, die sein
Handeln nachvollziehen können. Damit
bestätigt sich für einen Kranken, dass eine
in seinem Sinne intelligente Entwicklung
hinter dem eigenen Problem steht. Ein
dummer Mensch kann leicht Druck ausüben,
weil dieser nicht übersieht, was das auslöst.
Er schlägt den Gewalttäter zurück und hält
sich für eine rechtmäßige Ordnungskraft.
Das kann stimmen, aber oft ist der Polizist
nicht mehr als ein Automat, während der
Durchgeknallte dazulernt und seine Motivation
versteht. Demütigend für einen Machtlosen
ist es, die anerkannten Werte nicht
einfordern zu können.
Bestes Beispiel ist
ein Land, dessen
Wehrkräfte schlapp
sind oder ein Spinner,
der zwar das Richtige
verlangt, aber vom
Mob ignoriert wird.
Dann ist der Gute der
Dumme.
Ein als krank Definierter
kann schließlich
aufzeigen, dass seine
Gewalt nötig gewesen
ist und er als Gekränkter handelte. Aus einer
Not die Befreiung zu suchen wird in dem
Moment glaubwürdig, wo ein Aggressor sich
erfolgreich als Opfer darstellen kann. Klappt
es nicht, wird die Wut der Beschädigten ihre
Anstrengungen stärker machen. Der nun
offiziell Bescheuerte muss gleichermaßen
dumm wie krank draufzahlen. Es läuft auf
eine Mehrheitsentscheidung hinaus, was
richtig, gesund und klug ist. Deswegen
entwickeln sich Regeln, gibt es angepasste
Gesetze, und das Recht kann erstritten
werden. Es steht nicht fest. Auch was das
Völkerrecht angeht, muss ein Bruch durch
richterlichen Spruch entschieden werden
und vor allem spürbar Konsequenzen haben,
schließlich eine Situation schaffen, die allen
nützt und Geschädigte stärkt. Symbolische
Entscheidungen mit dekorativem Charakter
zeigen nur, wo die wahren Realitäten sind.
# Grund genug für Russland anzugreifen?
Russland im Krieg mit der Ukraine, das war
vor kurzem undenkbar. Davon kann und wird
die Gesellschaft viel lernen. Die unglaubliche
Solidarität, die derzeit die Ukraine
erfährt, kann den russischen Druck brechen,
wenn das Ganze nicht lange dauert, Putin
irrational handelt. Sind die Beweggründe
der russischen Führung weniger absurd,
für genügend Menschen im Land und auch
außerhalb in anderen Staaten nachvollziehbar,
bleibt der Despot fest im Sattel, so
unglaublich wir Europäer und andere im
Westen das fänden. Die aktuellen Einlassungen
vom russischen Außenminister sind mitnichten
verrückt, wenngleich sein Präsident
einen bösartigen und krankhaften Duktus in
jede weitere Botschaft bringt, beschwörend
geradezu Rechtfertigungen formuliert, die
angesichts der Bilder vom Krieg schockieren.
Was Lawrow anführt, der Krieg in der
Ostukraine würde seit Jahren vom Westen
ignoriert, lässt sich nicht von der Hand
weisen. Der Westen ist ein Nutznießer der
Unruhen. Die Russen wiederum können,
besonders nach der Annexion der Krim nicht
mal so aufhören, und es bringt gar nichts zu
sagen, die hätten ja angefangen. Wenn es so
einfach wäre. Die Angriffe auf Kiew und weitere
große Städte kann niemand ignorieren.
Insofern steckt in der für uns nicht nachvollziehbaren
Aggression der Wunsch nach
Provokation. Wenn die Ziele dieses Krieges
aus russischer Sicht erreichbar sind, muss
der Westen mit einer Niederlage rechnen,
wenn das Ziel des Westens darin bestünde,
die bisherige Ukraine so wie wir sie
definieren, zu erhalten. Das Land ist bereits
jetzt kaputtgeschossen. Damit hat Russland
de facto gewonnen, wenngleich zum hohen
Preis. Das Verhalten unseres Altkanzlers
Schröder zeigt das auch. Gerd Schröder ist
nicht verrückt. Und Lawrow genauso wenig.
Hier wird das brutale Kalkül der Mächtigen
gesehen, bewusst in eine verlustreiche
Schlacht zu ziehen, aber es ist mehr. Es muss
etwas dran sein an der verletzten russischen
Seele nicht nur der ihres Präsidenten,
sondern auch insgesamt. Wir sollten die
Möglichkeit, dass schließlich eine Weltordnung
dabei herauskommt, die wahrhaftiger
ist als der blinde Fleck, den sich der Westen
an seiner Ostgrenze erlaubte zu haben, nicht
ausschließen.
:)
Mrz 4, 2022 - Lawrow, Schröder, Putin 33 [Seite 33 bis 33 ]