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Neue Variante entdeckt

Jan 16, 2022

# Der „Präsident des Bundesverfassungsschutzes

Haldenwang sieht bei den Corona-

Demos eine neue Szene von Staatsfeinden.

Diese hätten keine gemeinsame Ideologie,

sondern würden den Rechtsstaat als solchen

und dessen Repräsentanten grundlegend

ablehnen, so Haldenwang in der Frankfurter

Allgemeinen Sonntagszeitung“, berichtet

Moderatorin Jana Pareigis in der Heute-

Sendung um 19 Uhr.

Das war gestern, am 15. Januar, und heute ist

Sonntag. Man kann die Sendung in der Mediathek

abrufen, das habe ich getan. In der

Überschrift, die vor dem Gesicht von Thomas

Haldenwang eingeblendet ist, steht der

Begriff „Staatsfeinde“, aber nicht, dass es sich

um Feinde des Rechtsstaates handelt. Bürger

und Bürgerinnen haben ein Problem mit

dem Staat? Niemand hat etwas gegen das

Recht, solange der einzelne glaubt, seines

bekommen zu können. Wir – und für uns das

scharfe Auge von Thomas Haldenwang – erkennen

also Menschen, denen das Vertrauen

in den Staat abhanden gekommen ist.

Recht bekommen möchten alle. Die deutsche

Demokratie ist nach dem Zweiten Weltkrieg

auf ein stabiles Fundament gestellt worden,

nachdem es in der Weimarer Republik nicht

so gut funktionierte. Jede neue Generation

übernimmt von der vorherigen die Aufgabe,

den Staat gemeinsam zu bilden. Wir kennen

die Not des Krieges im eigenen Land nicht

mehr. Das macht schwieriger, zu begreifen,

dass unser Recht nicht einfach so existiert,

wie wir an Gut und Böse glauben. Das Recht

ist nicht mit dem Gutsein gleichzusetzen,

wie Unrecht nicht einfach Verbrechen

bedeutet. Wir benötigten die vier verschiedenen

Begriffe nicht, wenn wir kein Problem

damit hätten. Wir wissen nämlich gar nicht,

was gut und was böse ist; das ist eine Einzelfallentscheidung.

Wir wissen, dass der Schlag auf den Kopf

weh tut, töten kann. Uns ist das Gebot

bekannt, Gewalt zu vermeiden. Eine Welt

ohne schmerzhafte Attacken ist aber nicht

vorstellbar. Verbale Gewalt tut ebenfalls weh,

und jedes Gesetz schränkt an irgendeiner

Stelle Bürger ein. Das ist staatliche Gewalt.

Wir akzeptieren den Rahmen, wie bei rot

das Auto zum Stillstand zu bringen oder den

Müll korrekt zu entsorgen. Menschen, die

Herr Haldenwang entdeckt haben will wie

eine neue Variante der Zersetzung, züchtet

sich die Gesellschaft selbst heran. Eine

Wechselwirkung des Mehrheitsempfindens,

die sich durch Medien und Reaktionen der

Politik hochschaukelt, bringt Tempo

in die Reglementierungen, wie wir

das vor Corona nicht kannten. Und

wenn sich eine starke Mehrheit

bildet, die schnell Recht bekommt,

formt sich genauso schnell eine

Minderheit, die das Ganze als

Unrecht begreift. Wenn diese

Minderheit nicht verschwindend

klein ist, wird es problematisch. Der

Rechtsstaat wird nur so lange einer

sein, wie er die neuen Feinde – wie

Haldenwang sie nennt – integrieren

kann. Die Alternative ist der

Nährboden für einen Bürgerkrieg.

Es gibt keine Feinde des Rechtsstaates, wohl

aber gibt es weltweit Widerstand gegen

staatliche Gewalt. Es ist die Aufgabe der

Gesellschaft, einen Rechtsstaat zu erhalten

oder einen zu schaffen, wo noch keiner ist.

Wir brandmarken andere Länder, erheben

uns über Diktaturen und die gelenkten Demokratien

der Bösen: Die Behauptung vom

Präsidenten des Bundesverfassungsschutzes,

Deutschland wäre ein Rechtsstaat und

innerhalb der Gesellschaft befänden sich

Feinde der staatlichen Struktur, geht

davon aus, dass der Staat wüsste, was

(ihm) Recht bedeutet. Das beinhaltet

die Erkenntnis und einzugestehen,

dass sich ein erkennbarer Anteil der

Gesellschaft davon abgekoppelt sieht

und somit das Wort vom Recht nicht

mehr als die Staatsmeinung plus der

Bürgermehrheit darstellt. Darin liegt

eine mindestens genauso große Gefahr,

wie im Vorhandensein der latent

Gewaltbereiten. Das Recht muss die

Mitte abbilden, und diese Mitte muss

so breit sein wie es nur geht.

Es heißt, Deutschland sei als das

Land typisch zu verstehen, welches

sich für Minderheiten einbringe. Ein

Bauer, den das einzelne Windrad

nahe seiner Wiese (des zu errichtenden

Parks mit hundert Stück) stört,

bekäme das Recht, die Anlage zu verhindern.

Die Dänen bauten längst am Tunnel,

während hier noch Verfahren gegen die

Beltquerung liefen und nicht zuletzt Corona

zeige, dass eine Minderheit gefährdeter

Senioren das Land in die Pflicht nähme, meinen

welche. Jetzt fordert eine gewaltbereite

Szene Freiheit vom Rechtsstaat, eine weitere

Minderheit, die wir integrieren müssten? Ich

denke, ja.

Es ist schwer einzusehen, dass Gerichte vor

allem das Recht der Täter wahren. Hätten

wir Lynchjustiz, gäbe es kein Pardon für

böse Menschen. Dass wir uns so viel Mühe

geben, der Verteidigung Raum geben, ist

das Kennzeichen der Zivilisation. Ein Gesetz,

das schließlich zu aufwendig wäre, möchte

niemand. Wir haben das bereits?

Das Argument, wir sollten solidarisch

mit den Krankenhäusern und der Not der

Schwachen sein, uns deswegen impfen lassen,

verfängt bei so vielen nicht, dass diese

Minderheit groß ist. Viele der Geimpften entscheiden

sich nicht aus einer solidarischen

Haltung heraus. Sie möchten weiter am

gewohnten Leben teilhaben, oder müssen

sich impfen lassen, um arbeiten zu können.

In der Folge reden sie sich die Lage in ihrem

Sinne positiv. Das verbindet die Trotzigen

um so mehr. Wenn sie Möglichkeiten finden,

ungeimpft weiterzumachen, werden sie diese

nutzen. Es gibt noch zahlreiche Argumente

gegen eine allgemeine Impfpflicht: Diese

werden zurückgewiesen werden, ist meine

Prognose.

# Aber …

… schon immer haben Menschen Regeln

gebrochen, keinen Gurt im Auto angelegt,

das Handy am Steuer genutzt, ihren Müll

achtlos irgendwohin geworfen. Eine lebhafte

Szene rund um gefälschte Impfpässe ist

bereits erwachsen, und der Anteil der neuen

Verdrossenen ist nicht klein. Schauen wir

mal, was Deutschland aushält.

:)

Jan 16, 2022 - Neue Variante entdeckt 5 [Seite 5 bis 5 ]

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