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Blogtexte2022_1-Halbjahr

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Weise, intelligent die verzwickten Winde

dort zu nutzen, bekannt gemacht, damit

weniger den Eindruck erzeugt, ein schnelleres

Schiff zu besitzen, sondern galt als

raffinierter Könner. Das soll meinen Freund

nicht abwerten. Es hilft nicht, Dinge schön

zu reden: Er segelt besser als ich.

Piet meinte auf die Frage: „Weißt du Jonni,

ich glaube, es sind ganz viele Dinge, nicht

das Eine, Einzige.“ Dann zählte er auf, was er

alles am Boot änderte. Lauter Kleinigkeiten,

die jedem Regattasegler bekannte Trimmtricks

bedeuten, hatte er gemacht. Ich musste

begreifen, dass ich vorher „einfach so“

schnell gewesen war und kaum benennen

konnte, wieso. Das hatte irgendwann nicht

mehr gereicht. Als ich das Boot kaufte, war

die Jolle im schlechten Zustand. Natürlich

erneuerte ich vieles. Ich gestaltete etliches

moderner. Und dann fuhren wir schnell, die

ersten Jahre jedenfalls. Wir gaben Peter

den besten Sparringspartner, sein Tempo zu

messen. Wir haben immer zusammen mit

unseren Booten gesegelt, jedes Wochenende

und den langen Sommer in Dänemark.

Piet, ich sage mal, mein Hauptfreund, konnte

aus seinem Leben einen Erfolg machen wie

auf dem Wasser und mir ist das nicht gelungen.

Was ist ein Lebenserfolg? Ein schwieriger

Begriff, das weiß ich, und beeile mich,

Wir sind in den Sechzigern geboren, meine

Schwester Anfang der Siebziger Jahre und so

ist es mit meinen Freunden. Klaus ist älter,

Piet etwas jünger, und einige sind erst Mitte

der Siebziger geboren. Wenn jetzt Krieg in

der Ukraine herrscht, fällt das allgemeine

Entsetzen auf, dass diese Gefahr so nahe an

Deutschland ihre ungewisse Entwicklung

nimmt? Das meine ich mit Erfolg; Peter und

andere Freunde konnten eine wirtschaftlich

stabile Zeit nutzen, sich normal entwickeln.

Wir Leute mussten nicht in einen Weltkrieg,

während unser Dasein angebahnt, der rote

Teppich für Königskinder auf der Sonnenseite

des Lebens ausgerollt wurde und die

Allermeisten sichere Wege in gesunder Umgebung

beschreiten durften. In Deutschland

sind es gute Jahre ohne Hunger und Krieg

gewesen. Wir kommen aus stabilen Verhältnissen

im Westen von Hamburg. Das sind

die Wohnviertel von Gutsituierten. Unsere

Eltern erlebten das Wirtschaftswunder und

nutzten die Jahre. Sie boten ihren Kindern

einiges, das andere nicht leisten konnten, als

quasi Rampe in die Zukunft. Warum gelang

meinen Freunden eine normale Karriere und

mir nicht?

Ich kann diese Frage beantworten wie Peter

die, warum seine „Herz-Jung“ schnell wurde.

Was ich meine, hat nichts mit dem Segeln

zu tun. Menschlich ist dieses Problem,

meins eben, und überall und zu allen Zeiten

passiert es weiter, dass Menschen wie in

einem Irrgarten leben, mit Fenster zum Hof,

und scheinbar ohne Ausgang. Wir müssen

uns selbst helfen, und manche halten uns

noch Knüppel in den Weg. Der Grund? Für

mich wurde eine Detektivgeschichte draus.

Ich habe scheinbar blöde Fragen gestellt

und doofe Antworten bekommen. Mir hat es

schließlich gefallen, mich anlügen zu lassen.

Ich wollte mich und die anderen dabei

beobachten, lernen. Mir wurde klar, dass die

Doppelbödigkeit des Drumherum problematisch

ist. Ich dachte mir, Schwierigkeiten zu

provozieren, könne nützen, und

beinahe wurde ein Spiel daraus.

Die Erfahrungen des Segelns ins

Dorf zu übertragen, konnte eine

Bühne schaffen.

# Das ist die Kunst

die Sache zumindest im Ansatz deutlich zu

machen. Neid ist negativ besetzt. Darum

geht es hier nicht in dem Sinne, wie einige

meinen. Es ist komplizierter, das Wort vom

Lebenserfolg auf dem Boden der Realität

anzupflanzen. Deswegen habe ich von unserem

großen Segelschulschiff „Gorch Fock“

geschrieben. Das mag darüber nachdenken

lassen, ob wir einen Motor benötigen in einem

Spiel, wo die Regel zu segeln heißt, ob

diese Vergleiche überhaupt Sinn machen. Ich

bin sehr zufrieden mit dem Erreichten heute.

Wir stellen die Umgebung dar,

schaffen ein Bild. Ein Modell

der Realität bietet offenbar die

Möglichkeit, für Vergangenes

die eigene Plattform hinzustellen,

noch einmal scheitern

dürfen und fast wie unser Herr

Jesus nach Hause zu spazieren.

Denkbar, es anderen wie gemalt

anschaulich werden zu lassen,

eine fröhliche Hilfe abzugeben?

Da lebe ich im Bewusstsein, fertig

zu sein mit einem Problem,

das viele Jahre ruinierte. Die

Besten meines Lebens. Das können einige

nicht nachvollziehen? Ich lese Todesanzeigen,

warte einfach.

:)

Mrz 15, 2022 - „Bassi“ wäre neunzig heute 44 [Seite 43 bis 44 ]

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