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Kunstbulletin Januar/Februar 2023

Unsere Januar/Februar Ausgabe für 2023 mit Beiträgen zu Claudia Kübler, CCS On Tour, Hands-on, Gina Proenza, uvm.

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The Bigger Picture — Designerinnen im Blick<br />

Das Gewerbemuseum übernimmt vom Vitra Design Museum die<br />

Ausstellung zu Frauen im Design und ergänzt sie mit Schweizer<br />

Positionen. ‹The Bigger Picture› zeigt, wie stark Designerinnen<br />

die Geschichte geprägt haben und dass zukünftiges Design sich<br />

nicht von gesellschaftlichen Fragen trennen lässt.<br />

Winterthur — Der Teppichklopfer springt auch nach über fünfzig Jahren ins Auge. Das<br />

Plakat der Nein-Kampagne zum Frauenstimmrecht von 1946 ist gutes Design. Das altert<br />

nicht, und so leuchtet das Haushaltsgerät heute als Symbol des Triumphs. Das<br />

Plakat ist Teil einer langen Wand, die den Kampf um Frauenrechte seit Beginn des<br />

20. Jahrhunderts beleuchtet. Sie bildet den kontextuellen Rahmen für den Blick auf<br />

120 Jahre Frauen im Design. Wer gleich in die Gegenwart einsteigen will, geht nach<br />

links. Dort werden Projekte vorgestellt, die deutlich machen, wo sich die Disziplin<br />

verortet. Wichtiger als das Objekt sind Fragen zur Nachhaltigkeit und der Vernetzung.<br />

So stellt das Start-up Kuori von Sarah Harbarth (*1996, CH) mit einem multidisziplinären<br />

Team biologisch abbaubare Produkte aus Bananen- oder Nussschalen her.<br />

Das von Julia Lohmann (*1977, DE) gegründete Netzwerk ‹Department of Seaweed›<br />

erforscht nicht nur Algen als Material, sondern auch wie die Ressource vor industrieller<br />

Ausbeutung geschützt werden kann. Initiativen wie die feministische Plattform<br />

Futuress* formen internationale Lerngemeinschaften, um Design als soziale und politische<br />

Praxis zu fördern.<br />

Design denkt heute in globalen Zusammenhängen. Die Debatten der Dekolonisierung<br />

und der Klimawandel haben die Perspektive erweitert. ‹The Bigger Picture› ist<br />

deshalb geeigneter als der Titel ‹Here we are!›, mit dem das Vitra Design Museum auf<br />

die Präsenz der Frauen zielte. Diese verfehlt ihre Wirkung indes nicht, wenn wir uns<br />

nun durch die Designgeschichte von 1900 bis heute bewegen, die ausschliesslich mit<br />

Objekten von Gestalterinnen bestückt ist. Frauen, das zeigt der Rundgang, waren bei<br />

allen wichtigen Entwicklungen vorne mit dabei, doch erfuhren sie keine nachhaltige<br />

Würdigung. Die Ausstellung ist ein Anfang, die Lücken zu füllen, Zuschreibungen<br />

anzupassen, Beiträge neu zu gewichten. Etwa von Ray Eames, Aino Aalto oder Charlotte<br />

Perriand. Andere Frauen müssen überhaupt erst entdeckt werden, wie jüngst<br />

geschehen mit der US-Amerikanerin Louise Brigham (1875–1956). Sie entwickelte<br />

zu Beginn des letzten Jahrhunderts Anleitungen für den Bau von erschwinglichen<br />

Möbeln aus verfügbarem, hölzernem Verpackungsmaterial. Lange vor Gerrit Rietveld<br />

oder Enzo Mari, die als Protagonisten in der Do-it-yourself-Bewegung auftreten,<br />

muss sie als deren eigentliche Pionierin gelten. Aber leider verschwand sie nach ihrer<br />

Heirat von der Bildfläche und liess ausser einem Buch nichts zurück. Meret Arnold<br />

→ ‹The Bigger Picture: Design – Frauen – Gesellschaft›, Gewerbemuseum, bis 14.5.<br />

↗ www.gewerbemuseum.ch<br />

104 <strong>Kunstbulletin</strong> 1-2/<strong>2023</strong>

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