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Kunstbulletin Januar/Februar 2023

Unsere Januar/Februar Ausgabe für 2023 mit Beiträgen zu Claudia Kübler, CCS On Tour, Hands-on, Gina Proenza, uvm.

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Migration(s)<br />

Genf — Das Thema des 50. Kongresses der<br />

Internationalen Akademie der Keramik (AIC)<br />

lautete ‹Melting Pot› und wurde Anlass zu<br />

einer Reihe von Ausstellungen in der Schweiz<br />

(→ KB 11/2022, S. 68). Das historische Schweizer<br />

Keramik- und Glasmuseum Ariana in<br />

Genf beherbergt die Ausstellung, welche die<br />

AIC als Wettbewerb für ihre internationalen<br />

Mitglieder konzipiert hat. Unter dem Titel<br />

‹Migration(s)› wurden die 33 ausgewählten<br />

Keramikkünstler:innen aus zwanzig Ländern<br />

aufgefordert, ein neues Werk für die Ausstellung<br />

zu schaffen.<br />

Der Begriff, der Interpretationen auf mehreren<br />

Ebenen zulässt, wurde auf sehr unterschiedliche<br />

Weise behandelt. ‹Migration› bezieht sich<br />

gleichermassen auf die chemischen Prozesse<br />

beim Brennen von Keramik wie auf Multikulturalismus<br />

und Globalisierung. Die Tatsache, dass<br />

man sich im Ariana nur wenige Schritte vom<br />

Sitz der Vereinten Nationen und des Internationalen<br />

Komitees des Roten Kreuzes entfernt<br />

befindet, gibt der Ausstellung eine politische<br />

Dimension. Das Ergebnis ist oft inhaltlich spannend<br />

und formal erstaunlich.<br />

So gibt der Kolumbianer und Schweizer Fabien<br />

Clerc seine eigene Version des Themas mit<br />

einer Reihe von höchst realistischen Kebabs:<br />

Die ufeinanderliegenden Schichten symbolisieren<br />

die verschiedenen Phasen der Globalisierung<br />

(Migration, Assimilation, Integration) und<br />

veranschaulichen fast wortwörtlich das Konzept<br />

des ‹Melting Pot›. Die chinesische Keramikerin<br />

Yanze Jiang entwirft zwei eindrucksvolle<br />

Stadt- und Landpanoramen aus Keramikabfällen<br />

mit «Wabenstruktur», um die Landflucht zu<br />

thematisieren. Die Spanierin Montserrat Altet<br />

Girbau hat das Wort «Home» wie ein klassisches<br />

Gemälde in einen goldenen Rahmen<br />

eingefasst und auf ein weisses Porzellanstück<br />

gegossen. Die Schweizerin Patricia Glave liess<br />

sich von den bescheidenen Hütten inspirieren,<br />

die von Migrant:innen errichtet wurden. Die<br />

daraus entstandene fragile Hütte aus weissem<br />

Porzellan verbindet eine tragische Aktualität<br />

mit einer märchenhaften Vorstellungswelt.<br />

Hoch minimalistisch ist das Porzellanboot von<br />

Norma Rodney Haarack, das die Geschichte<br />

der Einführung der Keramikkunst durch den<br />

britischen Künstler Bernard Leach im Jahr 1948<br />

in Jamaika erzählt.<br />

Organisch, realistisch, konzeptuell oder abstrakt<br />

– die zeitgenössische Keramik verfügt<br />

über eine breite Palette an Ausdrucksmitteln.<br />

Die Ariana-Ausstellung bietet wieder einmal die<br />

Gelegenheit, die sehr aktive zeitgenössische<br />

Keramik-Kunstszene zu bestaunen. IDL<br />

Fabien Clerc · Döner Kebab : Tales of a<br />

successful integration, 2022, gefärbte und<br />

gemischte Tone, 100 x 40 x 40 cm.<br />

Foto: Boris Dunand<br />

Patricia Glave · La cabane – The Shelter,<br />

2022, geformtes und gegossenes Porzellan,<br />

Stoff, Draht, Eisen, gebrannt bei 1280 °C.<br />

Foto: Boris Dunand<br />

→ Musée de l’Ariana, bis 19.3.<br />

↗ www.musee-ariana.ch<br />

68 <strong>Kunstbulletin</strong> 1-2/<strong>2023</strong>

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