Kunstbulletin Januar/Februar 2023
Unsere Januar/Februar Ausgabe für 2023 mit Beiträgen zu Claudia Kübler, CCS On Tour, Hands-on, Gina Proenza, uvm.
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der Kunst Halle Sankt Gallen 2019, entstanden in Kollaboration mit Ruben Valdez,<br />
basierte auf diesen Überlegungen. Er lag quer vor dem Eingang zur Gruppenschau<br />
‹Protect me from what I want›. Sie versammelte Künstlerinnen und Künstler, die mit<br />
dem Helvetia Kunstpreis für Diplomandinnen und Diplomanden ausgezeichnet worden<br />
sind. Wie die psychogeografischen Recherchen der Situationistischen Internationale<br />
legte der Laufsteg den manipulativen Charakter von Infrastrukturen offen und<br />
thematisierte zugleich das unsichere Terrain, das Absolventinnen und Absolventen<br />
der Kunsthochschulen betreten: «Es ist eine merkwürdige Situation: frisch aus einer<br />
Akademie zu kommen und sich dem Kunstbetrieb stellen zu müssen. Deshalb war<br />
der Laufsteg nicht nur beweglich, sondern zusätzlich statt mit rotem Teppich mit rotem<br />
Sandpapier belegt.»<br />
In ihrer neuen Soloschau in der Kunst Halle Sankt Gallen, die Proenza zum Zeitpunkt<br />
des Gesprächs vorbereitet, taucht das Element des beweglichen Untergrundes<br />
wieder auf. Er lässt sich hier einerseits als Metapher für die fragile Balance der<br />
Beziehungen zwischen Mensch und Tier lesen, wie sie sich in den mittelalterlichen<br />
Wurmprozessen abbildet, andererseits aber auch als Verweis auf die Macht der Infrastrukturen:<br />
«Wie beim roten Laufsteg arbeite ich mit der Zugänglichkeit eines Raumes.<br />
Insgesamt sind Zugangssysteme instabil. Sie lenken, sie leiten, sie zwingen zu<br />
Bewegung oder Stillstand.» Zu solchen ambivalenten Infrastrukturen gehören auch<br />
die Handläufe: «Sie sind eigentlich dazu gedacht, Hilfestellung anzubieten, werden<br />
aber auch verwendet, um zu führen und kontrollieren. Dies gilt nicht nur für Menschenmengen,<br />
sondern auch für Tiere in Massenhaltung.» Durch die Kunst Halle<br />
Sankt Gallen winden sich Proenzas hölzerne Handläufe wie Schlangen oder die mit<br />
dem Bann belegten Würmer. Indem sie den Raum neu definieren, beeinflussen sie<br />
genauso wie die instabilen Bodenelemente die Bewegung der Menschen durch den<br />
Raum. Auch die Drehkreuze sind diesem Zweck gewidmet. Wie Handläufe gehören<br />
Gina Proenza (*1994, Bogotá) lebt in Lausanne<br />
2017 Bachelor Arts visuels, ECAL<br />
2015–2017 Mitgründerin und Co-Kuratorin des unabhängigen Kunstraums Pazioli in Renens<br />
(gemeinsam mit Iseult Perrault)<br />
Einzelausstellungen (Auswahl)<br />
2020 ‹Agarra-diablo›, CAN Centre d’art Neuchâtel<br />
2018 ‹Passe Passe›, Centre culturel suisse, Paris ; ‹a a e o›, Liste Art Fair, Basel (Helvetia Kunstpreis);<br />
‹L’ami naturel›, Tunnel Tunnel, Lausanne<br />
Gruppenausstellungen (Auswahl)<br />
2022 ‹Prétexte›, CALM – Centre d’art La Meute, Lausanne; ‹The Gina Show›, Salts, Birsfelden<br />
2021 ‹Swiss Art Awards›, Basel (Kiefer Hablitzel | Göhner Kunstpreis); ‹Jardin d’Hiver #1 – Comment<br />
Peut-on Être (du Village d’à côté) Persan (Martien)? ›, Musée cantonal des Beaux-Arts, Lausanne<br />
2019 ‹Protect me from what I want›, Kunst Halle Sankt Gallen; ‹Plattform19›, Centre d’art contemporain,<br />
Yverdon; ‹Long Distance Relationship›, Espace Témoin, Genf<br />
2018 ‹La Lampada II›, Circuit, Lausanne; ‹Crack a Cold One›, Galerie Derouillon, Paris<br />
52 <strong>Kunstbulletin</strong> 1-2/<strong>2023</strong>