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wd Frühling 24

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REISE | SÜDTIROL<br />

Waale und Buschen<br />

TRADITIONEN VON WASSER UND WEIN<br />

© IDM Südtirol–Alto Adige | Alex Filz<br />

Südtirols Vielfalt ist grenzenlos, wie die Wege, die<br />

dorthin führen. Gefühlt liegt Südtirol im Zentrum der<br />

Welt. Aus allen Himmelsrichtungen können wir die<br />

Sonnenregion erreichen. All unsere Wünsche lässt das<br />

Land auf der Südseite der Alpen wahr werden. All<br />

unsere Hoffnungen münden in Gewissheit, wenn wir<br />

dort in unseren Urlaub eintauchen. Südtirols Facetten<br />

sind außergewöhnlich und doch hinterlässt es stets ein<br />

Gefühl des Alltäglichen, des Unaufgeregten und der<br />

Bodenständigkeit. Wir dürfen ankommen, Gemächlichkeit<br />

leben, unserem eigenen Rhythmus folgen – ohne<br />

den Zwang etwas erledigen zu müssen. Das entschleunigt<br />

und weckt das Bedürfnis, noch mehr von dieser<br />

Lebensart zu entdecken.<br />

In diesem Fall erfahren wir von den Traditionen, die im<br />

Wasser und im Wein liegen. Beides sind sie wesentliche<br />

Merkmale der Region, sind miteinander verwoben, lassen sich<br />

am besten an einem warmen <strong>Frühling</strong>smorgen oder einem<br />

lauen Herbstnachmittag miteinander verbinden.<br />

Die Wege der Wasserhüter<br />

Aussichtsreich, geschichtsträchtig und im Licht-Schatten-<br />

Spiel der Bäume bewegen wir uns auf den Waalwegen.<br />

Die beliebten Spazierwege, entlang der historischen<br />

Bewässerungskanäle laden geradezu zum Flanieren und<br />

Entspannen ein. Vor Jahrhunderten, erstmals im 13.<br />

Jahrhundert, wurden diese Wasserläufe zum Bewässern<br />

von Wiesen und Feldern angelegt. Besonders rund um<br />

Meran und im Vinschgau wurden die typischen Bäche geschaffen,<br />

um den seltenen Niederschlägen zu begegnen.<br />

Wasserhüter, die sogenannten „Waaler“ achteten darauf,<br />

dass jeder Bauer gleichermaßen versorgt wurde. Für uns ein<br />

herausragendes Beispiel für die Nutzung der Ressourcen<br />

im Einklang mit dem Kreislauf der Natur. Für die UNESCO<br />

so außergewöhnlich, dass sie den Weg der Malser Heide<br />

im Obervinschgau zum Weltkulturerbe erklärt. Heute sind<br />

alle Waalwege beinahe ganzjährig begehbar und verlaufen<br />

größtenteils in der Ebene. Darum also die Lust zum<br />

Schlendern. Besonders reizvoll sind die schmalen Wege im<br />

Mittelgebirge im <strong>Frühling</strong> zur Blütezeit und im Herbst durch<br />

alle Farben hindurch. Äußerst genussvoll ist die Meraner<br />

Waalrunde. Elf Waalwege führen stets begleitet von einem<br />

sanften Plätschern rund um das Meraner Becken. Doch<br />

nicht weniger reizvoll sind alle anderen Wasserhüter-Wege,<br />

durch Wälder, Apfelwiesen und Weinreben. Vorbei an<br />

Burgen, Schlössern und Kapellen. Und zu den berüchtigten<br />

Buschenschänken.<br />

Zu Tisch in Südtirol<br />

Hof- und Buschenschänken teilen sich eine Tradition<br />

und hegen eine gemeinsame kulinarische Leidenschaft.<br />

Gemütlichkeit, Heimeligkeit, unter Rebenlauben und in<br />

holzgetäfelten Stuben. Hier servieren die Bauern ein echtes<br />

Stück Südtirol. Aromatische Bergkräuter verbreiten ihren<br />

einzigartigen Duft. Frisch gebackenes Bauernbrot und<br />

herzhafte Marenden gesellen sich an die Tafel. Klassiker<br />

wie Schlutzkrapfen und Knödel bereichern die Runde.<br />

Eine geschmacksintensive Schwarzwurzelsuppe darf gerne<br />

noch vorweg. Dazu hofeigenen Wein oder hausgemachten<br />

Johannisbeersaft. Das ist Gastlichkeit, die von Herzen kommt.<br />

Das bedeutet zu Tisch sein in Südtirol. Nirgendwo ist dies<br />

mehr spürbar als bei einer Einkehr in den charakteristischen<br />

Hof- und Buschenschänken – mit ihrer gleichgesinnten Passion.<br />

Einziger Unterschied zwischen ihren Gemeinsamkeiten<br />

liegt in der Verortung. Hofschänken liegen außerhalb der<br />

Weinbaugebiete und schenken keinen selbst angebauten<br />

Rebsaft aus. Dafür ausgezeichnete Weine von ausgewählten<br />

Südtiroler Kellern und Weingütern. Buschenschänken sind<br />

inmitten der Weinberge zu finden. Dort wird der eigene<br />

Wein gekeltert, dort entspringt das traditionelle „Törgglen“.<br />

Ein Brauch, der daher rührt, dass früher nach der Lese<br />

die Bauern zur Weinverkostung in ihre Keller einluden.<br />

Weinhändler, Genießer und Winzer erfreuten sich an den<br />

neuen Jahrgängen und den geselligen Runden. Kredenzt<br />

wurden zufällig würziger Käse, heimischer Speck und<br />

warme Bauerngerichte. Eine Bereicherung damals. Eine<br />

Bereicherung für uns heute, zur Törggele-Zeit zwischen<br />

Oktober und Ende November, wenn sich die Stuben öffnen,<br />

der Wein fließt und die Kulinarik begeistert. Da darf es<br />

doch zweitrangig sein, ob wir in einem Hof- oder einem<br />

Buschenschank verweilen und die Zeit vergessen.<br />

<br />

Autorin: Anja Buntz<br />

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