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<strong>wd</strong> PORTRAIT<br />
„Die Lösung liegt<br />
irgendwo im Raum“<br />
LANDRÄTIN INDRA BAIER-MÜLLER ÜBER WIDRIGE BEDINGUNGEN,<br />
DIE PFLICHT DER GEMEINSCHAFT UND IHRE LIEBE ZUR HEIMAT<br />
Ein sonniger Nachmittag in Sonthofen, an dem mich<br />
Indra Baier-Müller begrüßt. Mit Blick auf die Nagelfluhkette,<br />
darf ich mich heute mit ihr auf eine aufschlussreiche<br />
Reise durch ihre Geschichte begeben, kritischen<br />
Gesichtspunkten stellen und sie mit meinen Fragen<br />
zum Schmunzeln bringen. 2020 wird sie in das Amt<br />
der Landrätin Oberallgäu berufen, führt den Landkreis<br />
unmittelbar aus der Pandemie und widmet sich seither<br />
zeitgenössischen und futuristischen Themen. Sie ist<br />
Gestalterin, Bindeglied und Knotenpunkt, Zuhörerin<br />
und Stimmgeberin, Führungskraft und Teamplayer, nah<br />
an den Bürgern und hinter ihrem verantwortungsvollen<br />
Auftrag auch Mensch – mit Bewegungsdrang.<br />
Frau Baier-Müller, wie reifte in Ihnen der Wunsch,<br />
in die Politik zu wechseln?<br />
Es war eine sehr bewusste Entscheidung, in die regionale<br />
Politik einzusteigen. Bis dato war ich nie in kommunalpolitischen<br />
Gremien engagiert. Eher auf fachlicher Ebene<br />
in der Sozialpolitik und auf Landesebene, zum Beispiel<br />
als stellvertretende Vorsitzende des Evangelischen KITA-<br />
Verbandes oder des Diakonischen Rates. Ich agierte in starker<br />
Verzahnung mit den Ministerien und war an dieser Stelle sehr<br />
viele Jahre aktiv. Es gab sozusagen immer eine Verbindung,<br />
doch ich war nie in der Kommunalpolitik tätig.<br />
Was war letztendlich der Antrieb,<br />
als Landrätin zu kandidieren?<br />
Die Dinge mitgestalten und etwas bewegen zu können. Die<br />
Wirksamkeit, die ich als Mensch in einer Position als Landrätin<br />
habe, diese möglichst auszufüllen, dass daraus etwas Gutes<br />
entstehen kann, das war mein Antrieb, in die Politik hier im<br />
Landkreis einzutreten. Daran gekoppelt die Aufgaben, die es<br />
für die Zukunft umzusetzen gilt, beispielsweise die großen<br />
Herausforderungen im demografischen und sozialen Bereich.<br />
Diese aktiv mitzugestalten, sie nicht nur als Unternehmerin<br />
umzusetzen, sondern sie konzeptionell anzugehen, war mitunter<br />
entscheidend für den Entschluss zu kandidieren. Dazu<br />
musste ich mir allerdings auch die Frage beantworten, neben<br />
der Entwicklung der Region, ein Landratsamt leiten zu wollen<br />
und zu können. Dabei über fünfhundert Kolleginnen und<br />
Kollegen zu führen und sie in ihren Aufgaben zu begleiten.<br />
Die Übersetzungsarbeit zu leisten, zwischen Verwaltung,<br />
sowie den Vorgaben, denen Folge geleistet werden muss<br />
und den Themen der Menschen. Diese Verbindung gut umzusetzen,<br />
ist meiner Meinung nach die Aufgabe einer Landrätin<br />
und ist nach wie vor mein Antrieb.<br />
Was haben Sie in den vergangenen<br />
vier Amtsjahren als besonders empfunden?<br />
Es gab viele Besonderheiten, doch zwei Dinge, die vielleicht<br />
auch aus Sicht der Menschen im Allgäu prägend waren:<br />
Wir hatten eine Pandemie und während dieser Zeit eine<br />
Nordische Skiweltmeisterschaft, welche unter völlig widrigen<br />
Bedingungen und ohne Zuschauer stattfand. Dass das<br />
funktionierte, ist sehr vielen Personen zu verdanken, die<br />
Tag und Nacht gearbeitet haben. Bis hin zu, dass wir zwei<br />
Wochen vor Beginn ein komplettes Software-Programm auf<br />
die Beine stellen mussten, um sicherstellen zu können, dass<br />
alle Beteiligten getestet wurden, die Ergebnisse valide sind<br />
und jeder seinen Zugangsschein bekommt, damit er in dieser<br />
Blase bleiben darf. Das war eine sehr große Herausforderung,<br />
welche die Menschen aber super gemeistert haben.<br />
Dann aber auch zu erleben, dass eine Vierschanzentournee<br />
mit 20.000 Besuchern stattfindet und dass die Menschen<br />
wieder vor Ort sind, die Freude am Sport empfinden,<br />
jubeln – das ist mir sehr im Gedächtnis geblieben. Weil es<br />
beweist, dass wir Menschen soziale Wesen sind, die das<br />
Zusammenkommen ein Stück weit brauchen.<br />
Die Skiweltmeisterschaft war toll, doch zu erleben, wie es<br />
sich anfühlt bei einer Veranstaltung mit 20.000 Menschen<br />
vor Ort, das ist eine völlig andere Hausnummer. Das hat mir<br />
gezeigt, unter welchen besonderen Bedingungen wir in der<br />
Vergangenheit gearbeitet haben.<br />
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