2012-03
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Titel<br />
Auf der Wohnzimmerkommode<br />
von Erna Immel steht der Spruch:<br />
„Die kürzeste Verbindung<br />
zwischen zwei Menschen<br />
ist ein Lächeln“.<br />
WGs waren zu<br />
schmuddelig.<br />
Da habe ich gedacht,<br />
schau dir<br />
die Sache mal<br />
an ... und dann<br />
macht Erna die<br />
Türe auf und<br />
das ist es! Es war, wie man so sagt: „Liebe auf den ersten<br />
Blick“, und das wohl gegenseitig.<br />
durchblick: Sind die daran geknüpften Bedingungen wie<br />
z.B. die vereinbarten Hilfeleistungen für Sie in Ihrem Alltag<br />
umsetzbar?<br />
Pia Mesdag: Wir haben vorher vereinbart, für welche Aufgaben<br />
ich zuständig bin: Einkaufen, mich um das Holz<br />
kümmern (es wird noch mit Holz geheizt) und für den<br />
Winterdienst. Anderes hat sich im Zusammenleben entwickelt,<br />
zum Beispiel kochen und essen wir zusammen. Oder<br />
ich helfe Erna die Socken anzuziehen u.ä. Aber wenn Erna<br />
z.B. das Bedürfniss nach Gespräch und Gesellschaft hat<br />
und ich gerade keine Zeit habe, weil ich beschäftigt bin,<br />
dann signalisiere ich „geht jetzt nicht, später“. Das ist dann<br />
auch in Ordnung. Und wenn ich merke, es wird mir zu viel,<br />
geh’ ich nach oben. Später komme ich dann wieder runter<br />
und erkundige mich, ob alles in Ordnung ist oder ob Erna<br />
was braucht.<br />
durchblick: In einer Wohnpartnerschaft kann es zu Unstimmigkeiten,<br />
Missverständnissen und anderen Problemen<br />
kommen. Wie gehen Sie damit um, bzw. wie werden<br />
Konflikte gelöst?<br />
Pia Mesdag: Konflikte gibt es zwischen uns beiden eigentlich<br />
nur beim Essen, da zicken wir uns schon mal an, lacht<br />
Pia ... „Dann ist es auch mal ein paar Tage stiller im Haus“<br />
ergänzt Erna schmunzelnd.<br />
durchblick: Wie sieht das aus?<br />
Pia Mesdag: Ich hab zum Beispiel einen Topf voll Nudeln<br />
gekocht, Erna hat aber schon Erbsen und Möhren mit Cordon<br />
bleu vorbereitet. Sie isst auch nicht soooo gerne Nudeln.<br />
Dann kann es eine kurze, zickige Auseinadersetzung<br />
geben, die aber nicht wirklich an der Sympathie kratzt.<br />
durchblick: Wie fühlen Sie sich in Ihrer Wohnpartnerschaft?<br />
Würden Sie diese Wohnform weiter empfehlen?<br />
Pia Mesdag: Ich fühle mich wohl, fahre aber auch immer<br />
wieder gerne nach Hause. Wenn man so eng zusammen<br />
wohnt wie wir, muss nicht nur die Chemie stimmen, man<br />
braucht auch gelegentlich den Abstand voneinander.<br />
durchblick: Frau Becker, Sie vermitteln die Wohnpartnerschaften<br />
und begleiten sie auch weiter, wenn Probleme<br />
auftauchen. Wie groß ist die Nachfrage, bei der älteren Generation,<br />
bzw. bei den jungen Leuten?<br />
Annette Becker: Bei den jüngeren Leuten ist die Nachfrage<br />
größer.<br />
durchblick: Woran liegt das?<br />
Annette Becker: Es fällt älteren Menschen schwer, zuzugeben,<br />
dass sie Hilfe brauchen. Teilweise haben sie auch negative<br />
Vorerfahrungen mit Mietern, oder man will generell<br />
keine „fremdem Leute“ im Haus haben. Dann sind da die<br />
alten Vorurteile: Studenten feiern nur ... Studenten bringen<br />
so viele andere Leute ins Haus ... usw. Die jungen Leute<br />
tun sich da leichter: Sie rufen spontan bei uns an, oder sie<br />
schicken eine E-Mail. Sie haben ganz konkret den Druck,<br />
Wohnraum zu finden. Zudem fällt es ihnen leichter, sich<br />
auf neue Situationen und Erfahrungen einzulassen, das ist<br />
ihre Lebenssituation.<br />
durchblick: Welche Voraussetzungen sollten bei den Interessenten<br />
gegeben sein, bei den Vermietern, bei den Mietern?<br />
Annette Becker: Ganz wichtig ist Toleranz auf beiden Seiten!Als<br />
Vermieter müssen die alten Leute sehr aufgeschlossen<br />
und offen sein für die ganz andere Welt der jungen<br />
Generation, und als Mieter müssen sich die jungen Leute<br />
auf die alte Generation einlassen und offen sein für deren<br />
Eigenheiten, die ja in einem langen Leben gewachsen sind.<br />
Pia Mesdag: Und sie müssen bereit sein, Zeit mitzubringen,<br />
um dem Wohnpartner bei Bedarf auch einfach mal<br />
Gesellschaft zu leisten.<br />
Erna Immel<br />
Annette Becker<br />
Pia Mesdag<br />
durchblick: Wie bringen<br />
Sie Wohnpartner zusammen?<br />
Annette Becker: Der<br />
erste Schritt ist unser persönliches<br />
Kennenlernen<br />
der Partnerschaftskandidaten:<br />
Wir stellen gemeinsam<br />
fest, welche Vorstellungen<br />
der Vermieter hat,<br />
welche Dienstleistungen<br />
er benötigt und wie die<br />
22 durchblick 3/<strong>2012</strong>