2012-03
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Mundart<br />
- 3 -<br />
“Was wollt ihr”, ruft er vor Schrecken bleich,<br />
“ich habe nichts als mein Leben,<br />
das muß ich dem Könige geben!”<br />
Und entreißt die Keule dem nächsten gleich:<br />
“Um des Freundes Willen erbarmet euch!”<br />
Und drei, mit gewaltigen Streichen,<br />
erlegt er, die anderen entweichen.<br />
Und die Sonne versendet glühenden Brand,<br />
und von der unendlichen Mühe<br />
ermattet sinken die Kniee:<br />
“O hast du mich gnädig aus Räubershand,<br />
aus dem Strom mich gerettet ans heilige Land,<br />
und soll hier verschmachtend verderben,<br />
und der Freund mir, der liebende, sterben!”<br />
Und horch! Da sprudelt es silberhell<br />
ganz nahe, wie rieselndes Rauschen,<br />
und stille hält er zu lauschen,<br />
und sieh, aus dem Felsen geschwätzig schnell,<br />
springt murmelnd hervor ein lebendiger Quell,<br />
und freudig bückt er sich nieder<br />
und erfrischet die brennenden Glieder.<br />
Und die Sonne blickt durch der Zweige Grün<br />
und malt auf den glänzenden Matten<br />
der Bäume gigantische Schatten;<br />
und zwei Wanderer sieht er die Straße ziehn,<br />
will eilenden Laufes vorüberfliehn,<br />
da hört er die Worte sie sagen:<br />
“Jetzt wird er ans Kreuz geschlagen.”<br />
Und die Angst beflügelt den eilenden Fuß,<br />
ihn jagen der Sorgen Qualen,<br />
da schimmern in Abendrots Strahlen<br />
von Ferne die Türme von Syrakus,<br />
und entgegen kommt ihm Philostratus,<br />
des Hauses redlicher Hüter,<br />
der erkennet entsetzt den Gebieter:<br />
- 4 -<br />
“Zurück! Du rettest den Freund nicht mehr,<br />
so rette das eigene Leben!<br />
Den Tod erleidet er eben.<br />
Von Stunde zu Stunde gewartet’ er<br />
mit hoffender Seele der Wiederkehr,<br />
ihm konnte den mutigen Glauben<br />
der Hohn des Thyrannen nicht rauben.”<br />
- 3 -<br />
“Wat wollt ear?” reft hä foar Schräcke wiss,<br />
“ech ha niks als min Läwe,<br />
on dat moss ech d’m König gäwe!”<br />
Da grallt hä ser d’n Gnebbel fam nächsde glich:<br />
“Foar min Frend!” Kainer erbarmet sech,<br />
on met gräfdije Schläj dräj hä ferdrescht,<br />
di annern ferze’ sech end Gebesch.<br />
On wail de Sonn äm ze haiss brännt,<br />
on hä sech so arich a’geschdrängt,<br />
senkt foar ludder Me’ hä of de Knee:<br />
“O du häst gnärich mech uss Räuberhand,<br />
uss d’m Schdrom mech gerettet a’d hailige Land,<br />
on no sall ech he o’got ferderwe,<br />
on min lewer Frend moss schdatt minner schderwe!”<br />
Of aimo es Geblätscher ze hearn glockehell<br />
wi rieselnd Gerausche, on net witt<br />
hält hä enne, ze lusdern em Schdelle, on sit,<br />
ussem Fälse schbrengt murmelnd schnell<br />
schbrudelnd herfoar en läwiger Gwäll.<br />
Hä fräjjt sech, beckt sech,<br />
de lame Gnoche ze erfresche sech.<br />
On zwecher grenem Geäst de Sonn duerchbleckt<br />
molt of glänzende Wesematte<br />
fa de Baim gigantische Schatte;<br />
da sit hä of d’r Schdrose zwo Wannersli,<br />
well schwinn laufe a dän foarbi,<br />
do heart hä se laut schwätze on sä:<br />
“Itz wirre a’d Gritze geschlä.”<br />
On Angst heabt sin schnelle Fos<br />
gedrewe fa gwälende Soarje,<br />
on en d’r Owendsonn flimmernd geboarje<br />
läjje fern de Bu’rchschbetze fa Syrakus.<br />
Do kemmt äm entgäje Philostratus,<br />
fam Huss d’r gore Hüeter,<br />
dä erkännt met Entsätze sin Gebieter.<br />
- 4 -<br />
“Zerecke!”din Frend es neme ze rette;<br />
doch rette din äjenes Läwe!<br />
D’r Toad kemmt zo äm äwe.<br />
Fa Schdonn zo Schdonn hät gewadet hä,<br />
gehofft sin arm Seal of din Wererkear,<br />
on konnte a dech sin Glauwe<br />
och en höenischer Thyrann net rauwe.”<br />
36 durchblick 3/<strong>2012</strong>