2012-03
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Gesellschaft<br />
INKLUSION?!<br />
Der Begriff „Integration“ ist den meisten Menschen<br />
bekannt. Aber was ist „Inklusion“? Wie ist<br />
das Ziel – die „gemeinsame Vielfalt“ – zu verstehen,<br />
wie zu verwirklichen, wer soll gefördert werden,<br />
wer ist gefordert?<br />
Es geht um die Umsetzung der im Dezember 2006<br />
verabschiedeten UN-Konvention über die Rechte von<br />
Menschen mit Behinderungen (UN-BRK). Dazu hat das<br />
Bundeskabinett im Juni 2011 einen Nationalen Aktionsplan<br />
beschlossen. Mit dem Ziel, die gelebte Teilhabe behinderter<br />
Menschen zu gewährleisten, werden zwölf Handlungsfelder<br />
genannt, unter anderem in den Bereichen<br />
„Arbeit und Beschäftigung“, „Bildung“, „Gesundheit<br />
und Pflege“, „Bauen und Wohnen“, „Mobilität“.<br />
Inklusion heißt Gemeinsamkeit von Anfang<br />
an. Sie beendet das aufwendige Wechselspiel<br />
von Exklusion (= ausgrenzen) und Integration<br />
(= wieder hereinholen).“<br />
Inklusion heißt, Diskriminierungen zu erkennen<br />
und wirksam zu bekämpfen…<br />
Inklusion heißt, dass Menschen mit Behinderungen<br />
gleichberechtigt mit anderen wirksam<br />
und umfassend am politischen und gesellschaftlichen<br />
Leben teilhaben können.<br />
Die Vorgaben des Nationalen Aktionsplans – ergänzt<br />
durch einen Landesaktionsplan NRW – sind<br />
Grundlage eines zu erarbeitenden regionalen Handlungskonzepts.<br />
Diese Aufgabe wurde im Kreis Siegen-Wittgenstein<br />
einer interfraktionell und interkommunal<br />
besetzten Arbeitsgruppe übertragen. Aber nicht nur Gremien<br />
und Arbeitsgruppen sind gefordert; schließlich geht<br />
es um eine Veränderung der Alltagskultur, um die damit<br />
verbundenen Herausforderungen und vor allem um die Beseitigung<br />
von Vorurteilen, denn<br />
• Behinderung ist das Ergebnis einer Wechselwirkung<br />
zwischen Menschen mit einer Beeinträchtigung und<br />
den Barrieren (in der Umwelt und im Kopf)<br />
• die meisten Behinderungen („Beeinträchtigungen“)<br />
sind nicht sichtbar nur 4,5 % sind angeboren, der<br />
„Rest“ ist durch Unfälle, Krankheiten oder Alterserscheinungen<br />
verursacht<br />
• drei von vier beeinträchtigten Menschen sind älter<br />
als 55 Jahre<br />
• in Deutschland leben etwa 9,6 Millionen Behinderte<br />
(11,7 % der Bevölkerung) davon 7,1 Millionen mit<br />
einer schweren Behinderung.<br />
Foto: Beirat der Menschen mit Behinderung Siegen<br />
Besonders Interesse gilt der Inklusion im Bildungsbereich,<br />
dass beispielsweise Kinder mit und ohne Behinderung<br />
in der Schule gemeinsam unterrichtet werden. Dieses<br />
Ziel sehen gegenwärtig nur 20 Prozent der betroffenen<br />
Eltern als tatsächlich umgesetzt an, 65 % hingegen sehen<br />
hier Defizite. Die Bevölkerung insgesamt hat einen zwiespältigen,<br />
tendenziell eher negativen Eindruck von der aktuellen<br />
Situation behinderter Menschen: Fast die Hälfte der<br />
Bevölkerung (48 %) sieht diese als weniger oder gar nicht<br />
gut. Nur annähernd jeder Dritte kommt zu einer positiven<br />
Einschätzung (x) .<br />
Häufige Ursache für Diskriminierung ist die Kombination<br />
„Behinderung und Alter“. In diesem Zusammenhang<br />
Engagement für Inklusion, die sehbehinderten<br />
Fritz Schutz (lks.) und Rainer Damerius<br />
ist das Thema „Bauen und Wohnen“ anzusprechen, denn<br />
die Menschen in Deutschland werden immer älter, damit<br />
nimmt der Umfang altersbedingter Behinderungen zu.<br />
Daher wird die Forderung nach barrierefreien Wohnungen<br />
drängender, denn Inklusion bedeutet auch, dass beeinträchtigte<br />
Menschen möglichst lange in der gewohnten<br />
Umgebung leben können.<br />
Für die Lebensqualität älterer Menschen wird das Thema<br />
„Inklusion“ vermutlich in Zukunft besonders wichtig, denn<br />
zunehmend viele leben allein, haben kaum familiäre Bindungen<br />
und sind von Einsamkeit und/oder Armut bedroht.<br />
Daher wird seitens der Bundesregierung die Notwendigkeit<br />
gesehen, wohnortnahe Begegnungs- und Beratungsstrukturen,<br />
eine Vielfalt an Wohnformen und Fachdiensten sowie<br />
sozialräumliche Unterstützungs- Netzwerk- und Hilfemix-<br />
Strukturen zu etablieren und zu fördern. (xx) Erich Kerkhoff<br />
Quelle: (x) Institut für Demoskopie Allensbach: „Gesellschaftliche Teilhabe<br />
von Menschen mit Behinderung in Deutschland.“ Juni 2011. (xx) Nationaler<br />
Aktionsplan.<br />
durchblick 3/<strong>2012</strong> 57