2012-03
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Leserbeitrag<br />
EIN TAG<br />
26 Stunden in einem Siegener Krankenhaus<br />
Für Montagmorgen um 7 Uhr war ich bestellt. Ich<br />
war pünktlich. Mit mir wartete eine kleine ausländische<br />
Frau vor dem Stationszimmer. Aus einem<br />
der Krankenzimmer kam plötzlich ein Pulk von Personen.<br />
Alle in weißen oder grünen Kitteln. Zwei der Kittelträger<br />
waren männlich, vier weiblich. Eine Schwester löste sich<br />
aus dem Verbund und kam auf uns zu. „Bitte warten Sie<br />
noch ein wenig, Ihre Aufnahme erfolgt nach der Visite.“<br />
Wie angewiesen warteten wir auf dem Flur. Ich schaute<br />
mir eine Bildertafel mit vielen freundlichen Gesichtern an.<br />
So konnte ich die beiden männlichen Personen namentlich<br />
identifizieren. Es waren der Chefarzt und der Oberarzt.<br />
Nach einiger Zeit erfolgten dann meine Aufnahme und die<br />
der ausländischen Frau. Ein alter Mann in einem Rollstuhl<br />
wurde an uns vorbei geschoben an einen Tisch am Fenster.<br />
Wir wurden gebeten, ebenfalls an dem kleinen Tisch Platz<br />
zu nehmen.<br />
Wir begrüßten den alten Mann und setzten uns links und<br />
rechts von ihm an den kleinen Tisch. Auf dem Tisch stand<br />
eine Vase mit Blumen. Die ausländische Frau bekam dann<br />
ein Formular des Anästhesisten gebracht, das sie ausfüllen<br />
sollte. Sicher füllte sie Zeile um Zeile. Der alte Mann, nennen<br />
wir ihn Herrn K., versuchte der Frau das Blatt abzunehmen.<br />
Sie lächelte und rückte ein wenig ab. Nach einiger<br />
Zeit schob sich die Hand von Herrn K. wieder vor, um an<br />
das Formular zu gelangen. Als er es erreichte, sagte die ausländische<br />
Frau: „Nein.“ Erschrocken nahm der alte Mann<br />
seine Hand zurück. Als Herr K. nach einiger Zeit wieder<br />
versuchte, in den Besitz des Fragebogens zu gelangen, gab<br />
die Frau ihm eine alte Fernsehzeitung, die auf dem Tisch<br />
lag. Nun schien er zufrieden. Er drehte sie so lange, bis er<br />
das Blatt schön gerollt hatte. Nun hatte die Frau ihr Formular<br />
ausgefüllt, sie ging mit ihrer Tasche zum Stationszimmer.<br />
Herr K. und ich schauten zum Fenster hinaus. Er nahm<br />
nun seine Zeitungsrolle und schob die Vase ein Stück aus<br />
der Mitte des Tisches zum Rand. Eine Schwester verschwand<br />
nun mit der kleinen Frau in einem Krankenzimmer.<br />
Wir schauten weiter zum Fenster hinaus. Jetzt schob<br />
Herr K. mit seiner Rolle die Vase weiter zum Tischrand.<br />
Schweigend betrachteten wir draußen Passanten. Die Zeit<br />
schien nicht zu vergehen. Wieder ging der Arm von Herrn<br />
K. nach vorne. Die Vase stand nun genau am Rand des Tisches.<br />
Minuten später ein neuer Versuch, die Blumenvase<br />
weiter zu schieben. Dies hätte ihren Absturz bedeutet. Ich<br />
nahm die Vase und stellte sie auf die Fensterbank. Nun war<br />
sie unerreichbar für Herrn K., die Blumen waren gerettet.<br />
Herr K. nahm es gleichgültig hin.<br />
Die Schwester kam zu uns, sie hatte einen jungen Pfleger<br />
im Schlepptau. Er stellte sich als Pfleger M. vor und<br />
wollte mir die Station und mein Zimmer zeigen. Die Station<br />
war schnell erklärt. Nun nahm ich Tasche und Mantel, wir<br />
gingen zu dem Zimmer, das mir für einen Tag und eine<br />
Nacht Herberge sein sollte. M. öffnete die Tür, ich erschrak.<br />
Ich glaubte dem verstorbenen Schauspieler Diether Krebs<br />
gegenüberzustehen. Krebs hatte seine Brille mit den Glasbausteinen<br />
aufgesetzt und das Gebiss mit langen Zähnen<br />
im Mund. Er saß auf einem Stuhl und hatte nur eine Pampers<br />
um. Daneben im Bett lag röchelnd ein alter Mann.<br />
Das leere Bett in der Ecke sollte meines sein. „Nein“, kam<br />
es über meine Lippen, „dann gehe ich wieder nach Hause.<br />
Als Privatpatient möchte ich nicht in ein Dreibettzimmer.“<br />
Wir gingen zurück zum Stationszimmer, um der Schwester<br />
die Situation zu schildern. „Aber wir haben sonst kein<br />
Bett frei“, meinte sie achselzuckend. Ich solle nochmals<br />
bei Herrn K. warten, sie wolle etwas für mich versuchen.<br />
Herr K. nahm mich kaum wahr, ihn beschäftigte weiter<br />
seine Zeitungsrolle. Er führte sie in alle Richtungen über<br />
den kleinen Tisch. Zeit verging, nach einer Stunde kam<br />
die Schwester zurück. „Wir haben ein Zimmer auf einer<br />
anderen Station für Sie: Kommen Sie mit, wir holen Ihr<br />
taupadel<br />
Grabpflege . meisterlich und liebevoll<br />
Meisterbetrieb für zuverlässige Grabpflege im Raum Siegen<br />
Vertragspartner der Gesellschaft für Dauergrabpflege<br />
Morgenstraße 1 | 57076 Siegen | Telefon 0271 - 4889921 | eMail: info@grabpflege-siegen.de | www.grabpflege-siegen.de<br />
58 durchblick 3/<strong>2012</strong>