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2012-03

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Leserbeitrag<br />

EIN TAG<br />

26 Stunden in einem Siegener Krankenhaus<br />

Für Montagmorgen um 7 Uhr war ich bestellt. Ich<br />

war pünktlich. Mit mir wartete eine kleine ausländische<br />

Frau vor dem Stationszimmer. Aus einem<br />

der Krankenzimmer kam plötzlich ein Pulk von Personen.<br />

Alle in weißen oder grünen Kitteln. Zwei der Kittelträger<br />

waren männlich, vier weiblich. Eine Schwester löste sich<br />

aus dem Verbund und kam auf uns zu. „Bitte warten Sie<br />

noch ein wenig, Ihre Aufnahme erfolgt nach der Visite.“<br />

Wie angewiesen warteten wir auf dem Flur. Ich schaute<br />

mir eine Bildertafel mit vielen freundlichen Gesichtern an.<br />

So konnte ich die beiden männlichen Personen namentlich<br />

identifizieren. Es waren der Chefarzt und der Oberarzt.<br />

Nach einiger Zeit erfolgten dann meine Aufnahme und die<br />

der ausländischen Frau. Ein alter Mann in einem Rollstuhl<br />

wurde an uns vorbei geschoben an einen Tisch am Fenster.<br />

Wir wurden gebeten, ebenfalls an dem kleinen Tisch Platz<br />

zu nehmen.<br />

Wir begrüßten den alten Mann und setzten uns links und<br />

rechts von ihm an den kleinen Tisch. Auf dem Tisch stand<br />

eine Vase mit Blumen. Die ausländische Frau bekam dann<br />

ein Formular des Anästhesisten gebracht, das sie ausfüllen<br />

sollte. Sicher füllte sie Zeile um Zeile. Der alte Mann, nennen<br />

wir ihn Herrn K., versuchte der Frau das Blatt abzunehmen.<br />

Sie lächelte und rückte ein wenig ab. Nach einiger<br />

Zeit schob sich die Hand von Herrn K. wieder vor, um an<br />

das Formular zu gelangen. Als er es erreichte, sagte die ausländische<br />

Frau: „Nein.“ Erschrocken nahm der alte Mann<br />

seine Hand zurück. Als Herr K. nach einiger Zeit wieder<br />

versuchte, in den Besitz des Fragebogens zu gelangen, gab<br />

die Frau ihm eine alte Fernsehzeitung, die auf dem Tisch<br />

lag. Nun schien er zufrieden. Er drehte sie so lange, bis er<br />

das Blatt schön gerollt hatte. Nun hatte die Frau ihr Formular<br />

ausgefüllt, sie ging mit ihrer Tasche zum Stationszimmer.<br />

Herr K. und ich schauten zum Fenster hinaus. Er nahm<br />

nun seine Zeitungsrolle und schob die Vase ein Stück aus<br />

der Mitte des Tisches zum Rand. Eine Schwester verschwand<br />

nun mit der kleinen Frau in einem Krankenzimmer.<br />

Wir schauten weiter zum Fenster hinaus. Jetzt schob<br />

Herr K. mit seiner Rolle die Vase weiter zum Tischrand.<br />

Schweigend betrachteten wir draußen Passanten. Die Zeit<br />

schien nicht zu vergehen. Wieder ging der Arm von Herrn<br />

K. nach vorne. Die Vase stand nun genau am Rand des Tisches.<br />

Minuten später ein neuer Versuch, die Blumenvase<br />

weiter zu schieben. Dies hätte ihren Absturz bedeutet. Ich<br />

nahm die Vase und stellte sie auf die Fensterbank. Nun war<br />

sie unerreichbar für Herrn K., die Blumen waren gerettet.<br />

Herr K. nahm es gleichgültig hin.<br />

Die Schwester kam zu uns, sie hatte einen jungen Pfleger<br />

im Schlepptau. Er stellte sich als Pfleger M. vor und<br />

wollte mir die Station und mein Zimmer zeigen. Die Station<br />

war schnell erklärt. Nun nahm ich Tasche und Mantel, wir<br />

gingen zu dem Zimmer, das mir für einen Tag und eine<br />

Nacht Herberge sein sollte. M. öffnete die Tür, ich erschrak.<br />

Ich glaubte dem verstorbenen Schauspieler Diether Krebs<br />

gegenüberzustehen. Krebs hatte seine Brille mit den Glasbausteinen<br />

aufgesetzt und das Gebiss mit langen Zähnen<br />

im Mund. Er saß auf einem Stuhl und hatte nur eine Pampers<br />

um. Daneben im Bett lag röchelnd ein alter Mann.<br />

Das leere Bett in der Ecke sollte meines sein. „Nein“, kam<br />

es über meine Lippen, „dann gehe ich wieder nach Hause.<br />

Als Privatpatient möchte ich nicht in ein Dreibettzimmer.“<br />

Wir gingen zurück zum Stationszimmer, um der Schwester<br />

die Situation zu schildern. „Aber wir haben sonst kein<br />

Bett frei“, meinte sie achselzuckend. Ich solle nochmals<br />

bei Herrn K. warten, sie wolle etwas für mich versuchen.<br />

Herr K. nahm mich kaum wahr, ihn beschäftigte weiter<br />

seine Zeitungsrolle. Er führte sie in alle Richtungen über<br />

den kleinen Tisch. Zeit verging, nach einer Stunde kam<br />

die Schwester zurück. „Wir haben ein Zimmer auf einer<br />

anderen Station für Sie: Kommen Sie mit, wir holen Ihr<br />

taupadel<br />

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58 durchblick 3/<strong>2012</strong>

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