2012-03
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Leserinnenbeitrag<br />
SENIOR – NICHT MEHR GUT GENUG?<br />
Aus der Predigt einer Konfirmandin über das Alter<br />
Zuerst fand ich<br />
es für mich als<br />
jungen Menschen<br />
nicht einfach,<br />
den Einstieg in das<br />
Thema „Senior - nicht<br />
mehr gut genug“ zu<br />
finden. Dann dachte<br />
ich darüber nach, welche<br />
älteren Menschen<br />
ich kenne und wie ihr<br />
Leben aussieht. Dabei<br />
fielen mir als erstes<br />
meine eigenen Opas<br />
und Omas ein Ich habe<br />
Luca Montermann, 14 Jahre<br />
sogar noch eine Uroma,<br />
die 92 Jahre alt und fit<br />
ist. Was würden die wohl sagen, wenn ich ihnen die Frage<br />
stellte „Nicht mehr gut genug“? Empfinden sie auch wie<br />
so viele Ältere nur am Rand zu stehen, fühlen sich abgeschrieben,<br />
meinen, dass man ihnen nicht mehr viel zutraut<br />
und sie sich selbst auch nicht. Denken sie darüber nach, was<br />
sie noch vom Leben zu erwarten haben?<br />
Haben sie Angst um ihre Gesundheit und haben sie das<br />
Gefühl, uns eine Last zu sein? Oder genießen sie diesen<br />
Lebensabschnitt, wo sie nicht mehr im Berufsleben stehen<br />
und die Tage so gestalten können, wie sie es wollen?<br />
Diese Frage kann ich nicht einheitlich für alle meine<br />
Großeltern beantworten, denn ihr Leben ist ganz verschieden.<br />
Meine eine Oma zum Beispiel ist seit fünf Jahren im<br />
Seniorenbeirat der Stadt Siegen und engagiert sich dort für<br />
viele Wünsche der älteren Menschen. Meiner anderen Oma<br />
geht es nicht mehr gut, sie ist krank und ein Pflegefall. Aber<br />
vor ihrer Krankheit hat sie als Seniorin noch vieles gemacht,<br />
an dem sie Freude hatte. Sie hat im Chor gesungen, sie ist<br />
Autorenfoto<br />
mit meinem Opa viel verreist, sie hat sich oft mit Freunden<br />
getroffen und gerne gelacht und gefeiert. Und alle meine<br />
Großeltern sind und waren immer für uns Enkel da und haben<br />
geholfen und angepackt, wenn es nötig war. Keiner von<br />
ihnen hat sich, glaube ich, als „nicht gut genug“ empfunden.<br />
Alte Menschen dürfen darum nicht als Belastung angesehen<br />
werden für die Gesellschaft, sondern als Mitglieder,<br />
die vieles leisten, wozu die jüngeren, die im Berufsleben<br />
stehen, nicht immer die Zeit finden.<br />
Es kommt aber natürlich auch darauf an, wie wir Jungen<br />
die älteren Menschen sehen und behandeln. Wenn wir<br />
jemanden spüren lassen, dass er nichts mehr wert ist für<br />
unsere Gesellschaft, dann empfindet er es selbst auch so.<br />
Wenn wir aber offen sind für ihre Erinnerungen und Erfahrungen<br />
und diese als Bereicherung ansehen und uns nicht<br />
darüber ärgern „Jetzt erzählt er schon wieder von früher“,<br />
dann können beide Seite davon profitieren. Die Älteren,<br />
weil sie merken, sie werden noch gebraucht und die Jüngeren,<br />
weil sie Unterstützung bekommen.<br />
Ich zum Beispiel freue mich immer wenn meine Großeltern<br />
von früher erzählen, über ihren Beruf oder die Schule<br />
oder die Streiche, die sie gemacht haben.<br />
Zu diesem Thema habe ich ein Gedicht von Hermann<br />
Hesse gefunden, das ich sehr schön finde.<br />
Stufen<br />
Wie jede Blüte welkt und jede Jugend<br />
Dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe,<br />
Blüht jede Weisheit auch und jede Tugend<br />
Zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern.<br />
Es muß das Herz bei jedem Lebensrufe<br />
Bereit zum Abschied sein und Neubeginne,<br />
Um sich in Tapferkeit und ohne Trauern<br />
In andre, neue Bindungen zu geben.<br />
Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,<br />
Der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.<br />
Hermann Hesse<br />
Ich denke, die Angst vor dem Älter- oder Alt werden ist<br />
auch die Angst vor dem Tod. Das ist eine Angst, die viele<br />
Menschen haben, auch jüngere, aber je älter jemand wird,<br />
um so häufiger denkt man sicher über diese Frage nach.<br />
Worin findet man dann Trost? Woran soll man festhalten?<br />
Als ich mal bei meiner Oma und meinem Opa war, habe<br />
ich gemerkt, dass sie am Sonntag Morgen den Gottesdienst<br />
im Fernsehen angeschaut haben. Früher sind sie immer zur<br />
Kirche gegangen, aber seit meine Oma krank ist, geht das<br />
nicht mehr. Trotzdem schauen sie weiter den Gottesdienst<br />
an, beten und singen mit. Sie glauben weiter und halten an<br />
Gott fest - denn er gibt ihnen Kraft. Luca Montermann<br />
24 durchblick 3/<strong>2012</strong>