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1980 promovierte Klaus Modick mit einer Arbeit über Lion Feuchtwanger zum Dr. phil in Literaturwissenschaft. Nun hat er einen Roman<br />

über ihn geschrieben: SUNSET lautet der vieldeutige Titel: »Sonnenuntergang« aber auch »Lebensabend«.<br />

Am Ende des Romans ist Lion Feuchtwanger tot, gestorben an Krebs. Der jüdische Autor, der vor den Nazis erst nach Südfrankreich und<br />

dann in die USA fliehen musste, hat es nicht mehr zurück nach Deutschland geschafft, ein Exilantenschicksal wie viele andere und doch<br />

ein besonderes – eines, das ein Buch verdient.<br />

SUNSET ist eine Hommage an den klugen, gebildeten Schriftsteller, der unbeirrt an seinen ebenso umfangreichen wie erfolgreichen<br />

Werken weiterarbeitete, den Nazis genauso zum Trotz wie dem Gesinnungsterror der McCarthy-Ära in den USA.<br />

Das Thema ist nicht neu: Michael Lentz beispielsweise hat den deutschen Schriftstellern in Kalifornien seinen dicken Roman PAZIFIK EXIL<br />

gewidmet. Lion Feuchtwanger ist dort eine der wichtigsten Figuren.<br />

Aber Klaus Modick behandelt das Thema ungleich eleganter, erzählt die Geschichte konzentrierter und überzeugender. Modick stellt<br />

Feuchtwangers lange Freundschaft zu Bertolt Brecht in den Mittelpunkt, den Feuchtwanger unterstützte, seit er den jungen, wilden und<br />

damals noch unbekannten Dichter und Dramatiker in München kennen gelernt hatte. Er nimmt das Telegramm, mit dem der<br />

Kulturminister der DDR Johannes R. Becher Feuchtwanger zu Brechts Beerdigung bat, als Ausgangspunkt, die Geschichte der beiden so<br />

unterschiedlichen Schriftsteller Revue passieren zu lassen, die sich im Exil wieder begegnen. Er beschreibt ihre Beziehung mit viel Humor:<br />

Feuchtwanger wird bei ihm zum väterlichen Mentor, der Brecht auch mal den Kopf wäscht, wenn der es mit seinen Frauengeschichten<br />

übertreibt oder ihn ins Bordell einlädt, um ihn auf andere Gedanken zu bringen. Brecht, in den USA chronisch erfolglos, erscheint als<br />

übellauniger Egomane, der sich oft Geld leiht, es aber selten zurückzahlt und aus jedem Einfall ein Drehbuch machen möchte. Nicht jedes<br />

Detail, nicht jeder Dialog ist authentisch, aber Modick orientiert sich an den Fakten – und an Feuchtwangers Werken.<br />

In einem der letzten Kapitel verabschiedet sich Brecht von Feuchtwanger. Am nächsten Tag soll Feuchtwanger nach Washington reisen,<br />

um sich den Befragungen zu stellen, bei denen McCarthy und dessen Gefolgschaft alle Jene öffentlich vorführten, die »unamerikanischer<br />

Umtriebe« verdächtigt wurden. Brecht hatte da längst beschlossen, die USA zu verlassen. Feuchtwanger blieb – bis zu seinem Tod am 21.<br />

Dezember 1958. Am 22. Dezember 1958 bekam seine Frau Martha die Nachricht über ihre Einbürgerung. Lion Feuchtwanger war ein<br />

Heimatloser geblieben, der keinem Land so recht gehörte, nur der Welt der Literatur.<br />

Klaus Modick hat darüber ein eindrucksvolles Buch geschrieben, eines, das den Lesern keine Mühen abverlangt und sie en passant noch<br />

einiges lernen lässt über Brecht und Feuchtwanger, über Literatur und das Exil der Literaten im Zweiten Weltkrieg.<br />

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