download - Literaturzirkel
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geheimnisvolle Sphären aufbauen, die einen Teil des arktischen Himmels zeigen. Ein vom Polarstern ausgehender Strahl weist auf genau<br />
lokalisierbare Stellen im Polareis. Fasziniert von den, für ihn an Wunder grenzenden Erscheinungen beschließt er, den Dingen auf den<br />
Grund zu gehen.<br />
Gemeinsam mit dem schwedischen Ingenieur und Polarforscher Salomon August Andrée plant Nils Strindberg eine Expedition ins Ewige<br />
Eis. Da sie keine schwedischen Finanziers finden können, akzeptieren sie das Geld, das von einem deutschen Konsortium bereitgestellt<br />
wird. Es solle eine Reise ohne Wiederkehr werden. Das historisch belegte Scheitern der Expedition markiert allerdings nicht das Ende der<br />
Vermischung von Geschichte und Fiktion.<br />
Jan Wallentin hat seiner Fantasie freien Lauf gelassen und seine Schöpfung sehr geschickt in den historischen Kontext eingebaut.<br />
Ausgehend von Sven Hedins Forschungsreisen, über die missglückte Arktis-Expedition von Strindberg und Andrée spannt er einen Bogen<br />
bis zum österreichischen Okkultisten Karl Maria Wiligut und dem Reichsführer-SS Heinrich Himmler, dessen wahnsinnige Rassen- und<br />
Ahnenforschung ausgiebig beleuchtet wird. Auf die Initiative Himmlers und Wiliguts gründet auch der Umbau der Wewelsburg bei<br />
Paderborn zu einer Ordensburg der SS, die Jan Wallentin in eine Kultstätte für seine fiktive Organisation verwandelt.<br />
Als Kontrapunkt zu soviel Nazi-Ideologie hat der Autor seinen Helden Don Titleman aufgebaut, dessen Gedanken oft um das Leiden seiner<br />
Großmutter im KZ Ravensbrück kreisen. Auch beruflich beschäftigt sich der Historiker intensiv mit Nazi-Devotionalien. Schade ist nur,<br />
dass Wallentin seinen »Helden« recht despektierlich behandelt. Er lässt Titleman Psychopharmaka konsumieren, Tag für Tag, von<br />
morgens bis abends und Mengen, die – realistisch betrachtet – das Ende jeden klaren Gedankens bedeuten würde.<br />
Don Titleman ist in Wallentins Figurenkabinett keine Ausnahme. Auch die meisten anderen Charaktere sind verschroben bis seltsam oder<br />
verfügen über geheimnisvolle Kräfte. Aber gegen außergewöhnliche Figuren ist nichts einzuwenden. Es gibt auch kein Argument gegen<br />
die Tatsache, dass im Laufe der Geschichte die phantastischen Elemente zunehmen, bis sie in einem geradezu »höllischen« Finale gipfeln.<br />
Jan Wallentin sind dabei ausdrucksstarke Bilder gelungen, die geradezu nach einer Verfilmung schreien.<br />
Eine Reihe nur angedeuteter Erklärungen und bildlicher Beschreibungen, die Raum für breite Assoziationen lässt, ergibt tatsächlich über<br />
lange Strecken eine Geschichte voller Magie, Okkultismus und Mystik, welche die Zuhörer beständig in den Bann zu ziehen vermag.<br />
Mehr noch als die Fehlerbereinigung und Straffung des Textes ist es der Interpret, der dafür sorgt, dass die Hörbuchfassung der<br />
Buchausgabe deutlich überlegen ist.<br />
Matthias Brandt, am 7. September 1961 als jüngster Sohn Willy Brandts in Berlin geboren, studierte Schauspiel an der Hochschule für<br />
Musik und Theater in Hannover und war anschließend an verschiedenen renommierten Theatern engagiert. Seit 2000 ist er regelmäßig in<br />
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