download - Literaturzirkel
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nehmen kann für zwei sehr persönliche Fälle: Ispettore Lorenzo Vianelli macht sich Sorgen um seine Tante. Aus heiterem Himmel ist Zia<br />
Anita dabei, das Familienvermögen durchzubringen. Vianello fürchtet, sie stehe unter dem Einfluss eines gefährlichen Betrügers. Durch<br />
welche Kanäle fließt das Geld?<br />
Sein Freund Toni Brusca, Leiter der Städtischen Personalverwaltung, bringt Guido Brunetti heimlich Gerichtsakten, die eine seltsame,<br />
systematische Verschleppung von Prozessen belegen und ein sehr schlechtes Licht auf Richterin Coltellini werfen.<br />
Brunetti will beides nach den Ferien aufklären und sitzt schon im Zug – da gibt es einen Toten.<br />
Der Mord an einem Gerichtsdiener führt den Commissario in brütender Hitze kreuz und quer durch ein Venedig der Scharlatane. Brunetti<br />
kämpft gegen Hinterhältigkeit und Scheinheiligkeit, gegen Durchtriebenheit und Korruption – und, wie üblich, gegen die Ignoranz seines<br />
Vorgesetzen Vicequestore Patta. Geduldig entwirrt er dabei ein schmutziges Knäuel aus fehlgeleiteten Sehnsüchten, missbrauchtem<br />
Vertrauen und Liebe auf Abwegen.<br />
AUF TREU UND GLAUBEN lebt – stärker noch als frühere Fälle – von der geschilderte Atmosphäre. Gegen wen Brunetti tatsächlich<br />
ermittelt und was er schließlich dabei herausfindet, ist fast egal. Die von Donna Leon stets und ständig heraufbeschworene, lähmende<br />
Augusthitze scheint der Autorin gehörig zugesetzt zu haben. So entwickelt sich der »Fall« doch recht zäh, um dann irgendwann sehr<br />
unvermittelt aufgelöst zu werden.<br />
Den Fans dürfte das gleichgültig sein. Hauptsache ist doch, dass sie alle wieder da sind: Brunetti und Vianello, Patta und die ebenso<br />
schöne wie schlaue Signorina Elettra. Und fast noch wichtiger: Brunettis Familie geht es gut. Letztendlich dürfen die Brunettis doch noch<br />
zusammen Urlaub machen – in den kühlen Bergen. Und spätestens dann sind auch alle Zuhörer irgendwie glücklich.<br />
Daran hat Jochen Striebecks Interpretation des Textes großen Anteil. Seine bärige Stimme, verbunden mit den detailreichen, oft<br />
minutiösen Schilderungen Leons, ziehen die Hörer schnell in die Geschichte hinein. Jochen Striebeck liest mit einem Tonfall, der feine<br />
Ironie versprüht und damit die ruhige Arbeitsweise des beliebten Commissarios genau trifft. Einige der auftretenden Personen<br />
charakterisiert Striebeck durch eine eigene, unverwechselbare Tonlage. Er erledigt seinen Job souverän und unaufgeregt, in jenem sehr<br />
gemächlichen Tempo, das der brütenden Augusthitze geschuldet ist.<br />
Das ist nicht unanstrengend – die lähmende Hitze scheint sich klebrig auch auf die Stirn der Zuhörer zu legen. Doch am Ende ist man<br />
auch ohne einen ökologischen Exzess unter der Dusche einfach glücklich und mit dem Gehörten sehr zufrieden.<br />
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Árpád A. Pajkosság