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uncharmant als »Hausfrauen-Pornos« bezeichnet. Das hört sich zwar nicht sehr nett an, trifft den Kern der Sache jedoch ziemlich genau. Bei<br />

den Lady Thrillern, der Mischung aus Liebes- und Kriminalroman ist es prinzipiell das Gleiche, jedoch weniger offensichtlich. Ihr zentrales<br />

Thema ist die Liebe in Ausnahmesituationen – und wenigstens eine heiße Sexszene gehört unbedingt dazu!<br />

Das Genre Noir, speziell der Hardboiled-Krimi, zeigt den Helden oder die Heldin meist als eine Person, die von Liebesdingen die Nase voll hat.<br />

Zuviel emotionale Verletzung hat sich angestaut; nun schirmt sie ein dicker Panzer vor Versuchung ab. Rational erklärt sie ihre Liebesangst mit<br />

der Notwendigkeit beruflicher Objektivität und der eigenen Lebensweise, die meist so chaotisch ist, dass sie keine Beziehung in ihr zulassen<br />

kann. Als Liebesersatz dienen Drogen oder der unbedingte Wille zur Karriere. Karen Rose ist mit ihren Lady Thrillern so erfolgreich, weil sie sich<br />

nicht gänzlich von diesen Elementen trennt. Noah ist trockener Alkoholiker. Eve ist nicht irgendeine, auf die er im Laufe von Ermittlungen trifft;<br />

er kennt sie schon seit einem Jahr, da Eve in einer einschlägigen Polizisten-Kneipe in Minneapolis hinterm Tresen steht. Der Strang Eve & Noah<br />

trägt das Buch TODESSTOSS auf der Unterfütterung durch einen Serienmörder, der natürlich irgendwann auch Eve ins Visier nimmt und die<br />

komplette Mordkommission blamieren will. TODESSTOSS ist in zweifacher Hinsicht etwas sehr Familiäres zu eigen. Zum einen bedient die<br />

Autorin ihre Stammleser mit immer wiederkehrenden Figuren aus vorangegangenen Büchern. Zum anderen kennen sich in ihrem Plot von<br />

vornherein alle Cops untereinander, bis in ihre Familien hinein, und betrachten die Kneipe, in der Eve arbeitet, als zweites Wohnzimmer. Man<br />

schätzt sich, kümmert sich, kritisiert sich gelegentlich, doch das alles in großer Harmonie. Als Gegenpol soll der Serienmörder dienen, doch<br />

Karen Rose schreibt hier oberflächlich, fast unkonzentriert; seine Morde sollen ideenreich und grausam wirken, bleiben aber eine wenig<br />

spannende Auflistung. Sie sind in nur jeweils etwa dreiseitiger Länge in den Strang um das angehende Liebespaar eingepasst – und das ist kein<br />

Zufall! Denn die »Ladies«, die von diesem Thriller angesprochen werden, schätzen es gar nicht, wenn ein Roman seine Spannung aus brutalen<br />

Gewalt- oder Ekelszenen bezieht. Die Faustregel lautet: Je größer der Abstand zum Geschehen, desto angenehmer der Nervenkitzel!<br />

So bleibt nur eine Dramatik, die durch die Komprimierung der Ausgangslage forciert wird, Schicksale von der Größe eines Monstertrucks. Eve<br />

war bereits vor Jahren Opfer einer Gewalttat. Sie kämpft immer noch mit den körperlichen und seelischen Auswirkungen, unter anderem mit<br />

einer entstellenden Narbe im Gesicht. Cop Noah verlor bei einem Autounfall Ehefrau und Kind. Beide lassen sich seit Jahren auf keine<br />

Liebesbeziehung ein. Ganz geschickt geht Karen Rose den Tanz der zwei umeinander rum an, mit den konzentrischen Kreisen, die immer<br />

enger werden. Sal, der Ex-Cop, der die Kneipe leitet, ist eine weitere tolle Figur; ein Motor, jemand der andere bei ihren Entscheidungsfindungen<br />

in die »richtige« Richtung schubst.<br />

Zudem findet sich in TODESSTOSS ein weiteres Standard-Krimi-Element: Der Mörder sucht die Opfer in einer Virtuellen Realität, die an das<br />

reale Second Life angelehnt ist. Abgedroschen – und doch hat das Ganze seinen Reiz! Denn Karen Rose beherrscht den Spagat zwischen<br />

Liebes- und Spannungsroman wie kaum eine andere. Und genau darauf kommt es beim Lady Thriller an: Auf diese Beweglichkeit und die<br />

Kraft, sich exakt an der Grenze zwischen Unmöglichem und Realem, zwischen Übertreibung und Glaubhaftem zu halten.<br />

Bea Falk<br />

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