Download der Chronik als PDF - VR Genossenschaftsbank Fulda eG
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Die ländlichen Spar- und Darlehenskassen bilden<br />
die zweite Wurzel <strong>der</strong> <strong>Genossenschaftsbank</strong>. Die<br />
Landwirtschaft war <strong>der</strong> Ausgangspunkt für <strong>der</strong>en<br />
Entwicklung. Auch die Landwirtschaft hat eine ereignisreiche<br />
Entwicklung genommen.<br />
Das Leben auf dem Land war in <strong>der</strong> Zeit vor<br />
<strong>der</strong> Industrialisierung von einer hierarchischen<br />
Ordnung bestimmt. Grundbesitz entschied über<br />
den sozialen Status und die entsprechenden Lebensverhältnisse.<br />
An oberster Stelle <strong>der</strong> Ständehierarchie<br />
standen Adel und Klerus mit zum Teil<br />
riesigem erblichem Grundbesitz. Das Bürgertum<br />
bildete den zweiten Stand und bediente vor allem<br />
Handel und Gewerbe, während Bauern, Handwerker,<br />
Landarbeiter und an<strong>der</strong>e Dienstleistende<br />
<strong>als</strong> dritter Stand den größten Bevölkerungsanteil<br />
stellten.<br />
Der Lebensstandard <strong>der</strong> Bauern und <strong>der</strong> Landbevölkerung<br />
war in <strong>der</strong> vorindustriellen Zeit durch<br />
Armut und den Kampf ums Überleben gekennzeichnet.<br />
Aus schlechten Produktions- und Lebensbedingungen<br />
resultierten Hungersnöte und<br />
Epidemien. Die agrarische Wirtschafts- und Lebensweise<br />
war für die Landbevölkerung von zentraler<br />
Bedeutung. Die Arbeit auf dem Hof richtete<br />
sich nach Hofgröße und Art des landwirtschaftlichen<br />
Betriebs. So konnte man auf größeren Höfen<br />
nur mit Hilfskräften – Knechten, Mägden und Tagelöhnern<br />
– die Erntearbeiten bewältigen.<br />
Kin<strong>der</strong> wurden in den Arbeitsalltag eingebunden<br />
und mussten früh Verantwortung und häusliche<br />
Pfl ichten übernehmen. Das Übertragen von Aufgaben<br />
– Feldarbeiten wie Jäten, Rübenhacken,<br />
Kartoffellesen o<strong>der</strong> Beerenpfl ücken, Kräutersammeln,<br />
Viehhüten – diente dazu, den Nachwuchs<br />
auf das Erwachsenenleben vorzubereiten und die<br />
Arbeitsabläufe für die Erwachsenen zu entlasten.<br />
Trotz vielfältigen Personaleinsatzes und <strong>der</strong> Verwendung<br />
von besserem Saatgut reichten die Erträge<br />
nicht immer aus, die wachsende Bevölkerung<br />
zu versorgen. Eng wurde es, wenn Trockenheit,<br />
übermäßige Regenperioden o<strong>der</strong> Unwetter die<br />
Ernten verringerten o<strong>der</strong> gar ausfallen ließen. Der<br />
Hungerwinter von 1846/47 veranlasste Friedrich<br />
Mensch, Arbeitswelt, Lebensbil<strong>der</strong> im Wandel<br />
Strukturwandel in <strong>der</strong><br />
Landwirtschaft von 1850 bis heute<br />
Wilhelm Raiffeisen, Bürgermeister von Weyerbusch<br />
im Westerwald, den „Verein für Selbstbeschaffung<br />
von Brot und Früchten“ zu gründen,<br />
um <strong>der</strong> Not leidenden Landbevölkerung unter die<br />
Arme zu greifen. Das war Raiffeisens Antwort auf<br />
die Not während <strong>der</strong> Mitte des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts.<br />
Unter an<strong>der</strong>em stellte Raiffeisen Bauern, die<br />
durch Missernten und Wucherzinsen hohe Schulden<br />
hatten, Geld zur Rettung ihrer Höfe bereit.<br />
Er organisierte ländliche Selbsthilfe in Form <strong>der</strong><br />
Darlehnskassen. In diese Kassen zahlte jedes<br />
Mitglied eine bestimmte Summe ein. Mit diesem<br />
Geld wurden für alle günstig Saatgut und Futtermittel<br />
gekauft, und über diese Kassen wurde <strong>der</strong><br />
Verkauf <strong>der</strong> landwirtschaftlichen Produkte auf<br />
dem Markt abgewickelt.<br />
Die Industrialisierung wirkte sich im 19. Jahrhun<strong>der</strong>t<br />
auch auf das Land aus. Die Bevölkerung und<br />
<strong>der</strong> Produktionsbedarf stiegen stark an. Landwirtschaftliche<br />
und gesellschaftliche Strukturen<br />
än<strong>der</strong>ten sich durch zunehmende Landfl ucht,<br />
Urbanisierung und verän<strong>der</strong>te Produktionsbedingungen.<br />
Die Erwerbstätigkeit im landwirtschaftlichen<br />
Gewerbe ging bis zum Ende des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />
stetig zurück. Gleichzeitig konnten die<br />
Arbeitsbedingungen und auch <strong>der</strong> Ertrag in <strong>der</strong><br />
Landwirtschaft durch technischen Fortschritt erheblich<br />
verbessert werden. Grund dafür waren<br />
produktivere Maschinen (Drillmaschine, Düngerstreuer,<br />
Dampfpfl ug, Dreschmaschine) und neue<br />
Arten <strong>der</strong> Düngung auf chemischer Basis (Kunstdünger,<br />
Kali, Ammoniak, Stickstoff, Thomasmehl).<br />
Die sogenannten Kunstdünger waren bei den örtlichen<br />
Darlehnskassen zu haben und mit barer<br />
Münze zu zahlen. Beglichen wurden die Rechnungen,<br />
auch für an<strong>der</strong>e Anschaffungen des Alltagsbetriebs<br />
einer Landwirtschaft, wenn durch<br />
Verkauf von landwirtschaftlichen Produkten Geld<br />
eingenommen wurde.<br />
Diese Art <strong>der</strong> Bezahlung galt bis in die Jahre während<br />
und nach dem Zweiten Weltkrieg. So wurde<br />
von kleineren Darlehns-/Raiffeisenkassen das<br />
Milchgeld oft am Sonntag nach dem Kirchgang<br />
ausgezahlt.<br />
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