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Rudolf Steiner Nationalökonomischer Kurs - Institut für soziale ...

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zwei solche Anschauungen, lassen Sie diese, die eine und die andere, real werden, dann werden<br />

Sie sehen, wie sich die realen volkswirtschaftlichen Verhältnisse unter der einen und der anderen<br />

Anschauung verändern; denn dasjenige, was vorgeht unter Menschen, ist eben auch das Ergebnis<br />

der Anschauungen. Es verändern die Anschauungen dasjenige, was vorgeht, je nachdem sie selbst<br />

anders werden. Heute baut das ganze Proletariat seine Agitation darauf auf, daß die Arbeit<br />

entsprechend bezahlt werden muß; aber nirgends wird Arbeit bezahlt, sondern immer werden nur<br />

die Ergebnisse der Arbeit bezahlt. Und das würde, wenn man es verstehen würde im rechten Sinn,<br />

auch in der Wirklichkeit der Preise zum Ausdruck kommen. Man kann nicht sagen: Es ist<br />

gleichgültig, ob man etwas Warenpreis oder Lohn nennt; denn in dem Augenblick, wo man vom<br />

Lohn spricht, glaubt man, daß man Arbeit in Wirklichkeit bezahlt. Und dann kommt man auf all<br />

diejenigen weiteren sekundären Begriffe, welche die Arbeit als solche zusammenbringen mit<br />

anderen volkswirtschaftlichen Prozessen, die werterzeugend sind, und es entstehen die <strong>soziale</strong>n<br />

Wirren in einer falschen Weise. Es entstehen die <strong>soziale</strong>n Wirren insofern richtig, als sie aus<br />

Empfindungen, aus Gefühlen heraus entstehen. Gefühle und Empfindungen haben immer in einer<br />

gewissen Weise recht; aber man kann nicht korrigieren, was man korrigieren soll, wenn man nicht<br />

die richtigen Begriffe hat. Und das ist im <strong>soziale</strong>n Leben das Fatale, daß auf eine ganz richtige<br />

Weise oftmals die Diskrepanzen entstehen, die Korrekturen sich aber unter falschen Begriffen<br />

vollziehen. Und im allereinzelnsten entwickeln die Menschen solche falschen Begriffe, die dann<br />

auch hinausgetragen werden in die ganze volkswirtschaftliche Anschauung und dann eben<br />

Verheerendes anrichten.<br />

Nehmen Sie einmal ein sehr einfaches Beispiel an: Ein Herr - ich möchte dieses Beispiel aus dem<br />

Leben erzählen - sagte mir einmal: Ja, ich liebe es sehr, Ansichtskarten <strong>für</strong> meine Freunde zu<br />

schreiben, recht viele Ansichtspostkarten. - Ich sagte: Ich liebe gar nicht, Ansichtspostkarten zu<br />

schreiben, und zwar - es war das noch in einer Zeit, wo ich noch nicht so viel zu tun hatte wie<br />

jetzt -, und zwar, sagte ich, aus volkswirtschaftlichen Gründen. - Warum? - fragte er. Ich sagte:<br />

Ich muß mir unwillkürlich denken bei jeder Ansichtspostkarte, die ich schreibe, es läuft vielleicht<br />

ein Briefträger hinauf bis zum vierten Stock. Kurz, ich verursache eine Umlagerung des<br />

volkswirtschaftlichen Prozesses. Nicht auf die Arbeit des Briefträgers kommt es an, aber beim<br />

Briefträger ist schwer zu unterscheiden die Leistung von der Arbeit. Und die Leistung muß taxiert<br />

werden. Ich vermehre also in unökonomischer Weise die Leistungen, die die Briefträger zu<br />

vollführen haben, wenn ich es liebe, viele Ansichtspostkarten an meine Freunde zu schreiben. - Er<br />

sagte: Das ist nicht volkswirtschaftlich gedacht; denn wenn man stipuliert: ein Briefträger braucht<br />

nur so und so viel zu leisten, dann werden ja <strong>für</strong> die vielen Ansichtspostkarten, die die vielen<br />

Leute schreiben, eben viele neue Briefträger angestellt, und es bekommen so und so viele<br />

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