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»sofern sich das ... Interesse unserer Bürgerschaft nachweisen<br />
läßt« 10 .<br />
Die beiden ersten Vorträge in der Geschichte der <strong>Iserlohn</strong>er<br />
Volkshochschule kündigte der IKZ am 17. November 1919 11 an:<br />
»Bekanntmachung Städtische Volkshochschulkurse. Im<br />
November - Dezember finden 2 Kurse statt.<br />
Redner: 1) Dr. Grigull aus Werden über das Thema: »Unser<br />
Sonnensystem« (mit Lichtbildern).<br />
Redner: 2) Universitätsprofessor Dr. Besserer aus Münster über<br />
das Thema: »Verhütung und Bekämpfung der ansteckenden<br />
Krankheiten mit besonderer Berücksichtigung der<br />
Tuberkulosen««.<br />
Mit dem Vortrag von Prof. Dr. Besserer hatte der Bildungsausschuß<br />
offensichtlich ins Schwarze getroffen. Etwa 200<br />
Zuhörer fanden sich in der Aula des Realgymnasiums ein, um<br />
sich über die Bekämpfung ansteckender Seuchen kompetent<br />
informieren zu lassen. Vor allem aber - und das hob der IKZ in<br />
seiner Berichterstattung über diese erste Veranstaltung der<br />
<strong>Iserlohn</strong>er VHS überhaupt geradezu enthusiastisch hervor - hatte<br />
die VHS die richtigen Hörer erreicht: »Männer und Frauen des<br />
Volkes ver-schiedenster Altersstufen legten von regster<br />
Anteilnahme breiter sozialer Schichten an der begrüßenswerten<br />
Darbietung Zeugnis ab. Da saß der jugendliche Stift, dem die<br />
Lernbegierde hell aus den Augen leuchtete, neben dem schon<br />
graumelierten Arbeitsmann, der in der schwieligen Faust Papier<br />
und Bleistift zum Notizenmachen hielt. Hatte vielleicht auch er<br />
einst ein geistiges Weiterkommen geträumt, aber des Lebens<br />
rauhe Wirklichkeit gebot herrisch ein Halt. Hatte arbeiten und<br />
verdienen müssen und kein vermögendes Elternhaus und keine<br />
soziale Umwelt waren da, die für seine Weiterbildung sorgten.<br />
Jetzt ist wohl eine sozial bessere Zeit gekommen, die die<br />
Menschen höher bringen, zu den Mehrwissern hinaufziehen will.<br />
Herzlich begrüßte er ... die Volkshochschulkurse, die ...<br />
hoffentlich eine dauernde Einrichtung in <strong>Iserlohn</strong> bleiben<br />
werden. Auch die weiblichen Besucher des Kursus boten ein<br />
typisches Bild des Verständnisses für die getroffene Einrichtung;<br />
wahrlich ein erhebendes Schauspiel ist die Arbeiterfrau an der<br />
Seite ihres Gatten, die aus den Mühen und Lasten des Tages<br />
heraus eine Stunde sich freimacht, um dem Leben höheren Inhalt<br />
als Besen und Scheuerkessel ihn geben, abzugewinnen. Daneben<br />
paßt sich die Krankenschwester, das Ladenfräulein ermunternd<br />
dem Zuge nach Wissen und Bildung an, so daß der Beobachter<br />
wohl den Eindruck gewann, daß der Zweck der Übung erreicht<br />
war und der Anfang die Erwartungen übertraf ... Aus der ersten<br />
Stunde schieden die Zuhörer in gespannter Erwartung der<br />
zweiten, die vielleicht mit Lichtbildern dargeboten wird« 12 .<br />
Auch mit einer weiteren - auf sechs Abende im Winterhalbjahr<br />
1919/20 konzipierten - Vortragsreihe über westfälische<br />
plattdeutsche Dichtung (Referent Ludwig Schröder) erzielte die<br />
VHS einen großen Erfolg. In einem Rückblick auf die<br />
Veranstaltung schrieb der IKZ am 9. März 1920: Was diese<br />
Vorträge »an Genuß und Freude, an Anregung und Belehrung«<br />
gegeben haben, »das vermag nur der zu sagen und zu würdigen,<br />
der selber unter der großen treuen Zuhörergemeinde gesessen<br />
hat. Welcher Reichtum an heimatlichen dichterischen<br />
Schöpfungen ist uns hier enthüllt worden! Und doch erdrückte<br />
nie die Menge des Stoffes. Es war eben Künstlerhand, die hier<br />
schuf, wenn vor uns die Dichterpersönlichkeiten in scharfen,<br />
lebensvollen Strichen erstanden, wenn die mannigfaltigen<br />
großen und kleinen Werke uns nahegebracht wurden durch eine<br />
unübertreffliche Charakteristik. Man fühlte jedem der<br />
feingemeißelten Sätze ab, daß ihr Urheber einmal vollkommen<br />
in und über der Sache stand, dann aber auch, daß seine<br />
Ausdrucksform durch alle<br />
Schattierungen und Färbunqen hindurch. in jeder Linie und<br />
Bewegung, den Stempel meisterhafter Beherrschung trug. Ich bin<br />
dessen sicher, daß die Dichter sich glücklich geschätzt hätten,<br />
wären sie Zeugen gewesen von der stimmungsvollen Art, mit der<br />
Herr Ludwig Schröder ihre Vermittlung zum Hörerkreis gefunden<br />
hat«!". Zum Schluß seines Berichtes bedauerte der Redakteur das<br />
Ende des Kursus und gab seiner Hoffnung Ausdruck, die<br />
»Wanderung durch den reichen Schatz der heimatlichen Literatur«<br />
möge eine Fortsetzung finden.<br />
Auffällig in diesem zweiten Bericht des IKZ über eine Veranstaltung<br />
der VHS ist, daß zwar wie im ersten von der großen<br />
und über die Abende hinweg konstant bleibenden Zuhörerschaft<br />
die Rede ist, im Gegensatz zu dem ersten Bericht aber mit keinem<br />
Wort die soziale Zusammensetzung der Kursusteilnehmer<br />
erwähnt wird. Anzunehmen ist, daß sich unter den Hörern wohl<br />
eine Mehrheit mit einer anderen als der Volksschulbildung<br />
befunden hat. Das aber hätte den Motiven und dem<br />
Selbstverständnis der VHS widersprochen. In einer euphorischoptimistischen<br />
Aufbruchstimmung und anknüpfend an liberale<br />
und konfessionelle Bemühungen zur Verbreitung von<br />
Volkswissen und die Arbeit der Arbeiterbildungsvereine, die sich<br />
in erster Linie an die gerichtet hatten, denen ein erster<br />
Bildungsweg nur unzulängliches Wissen vermittelt hatte, hatte<br />
der <strong>Iserlohn</strong>er Bildungsausschuß nämlich beschlossen, als<br />
Besucher der VHS nur Personen mit Volksschulbildung<br />
zuzulassen. Anderen sollte die Teilnahme an Volkshochschulkursen<br />
nur dann erlaubt sein, wenn »noch Platz vorhanden ist«!".<br />
Der war nach den gelungenen Auftaktveranstaltungen<br />
offensichtlich häufiger vorhanden, d. h. die angebotenen Vorträge<br />
zogen bei weitem nicht immer die erwarteten Massen an, so daß<br />
der Bildungsausschuß am 23. Februar 1920 den numerus clausus<br />
aufhob und festlegte: »Die Kurse sollen allen<br />
Bevölkerungskreisen zugänglich gemacht werden« 15 . Obwohl die<br />
VHS für einzelne Vorträge z. T. sehr intensiv warb 16 , das<br />
jeweilige Thema ausführlich erläuterte 17 und hervorhob, es sei<br />
»für jedermann bestimmt«, fand z. B. ein Vortrag über »Metalltechnisches<br />
aus alter und neuer Zeit« kaum Interesse. Am 3. April<br />
1920 mahnte deshalb der IKZ: »Wie wir hören, ist leider die<br />
Anmeldung zu dem ... Kursus „Metalltechnisches aus alter und<br />
neuer Zeit“ bisher noch recht gering geblieben. Die von Herrn<br />
Ing. Krause, Lehrer an der<br />
10. IKZ, 78. Jg., Nr. 235 v. 8. 10. 1919.<br />
11. IKZ, 78. Jg., Nr. 269 v. 17. 11. 1919.<br />
12. IKZ, 78. Jg., Nr, 274 v. 24. 11.1919. , .<br />
13. IKZ 78 Jg., Nr. 59 v. 9.3. 1920. - Bereits am 6.2. 1920 (78 Jg., Nr.<br />
31) hatte der IKZ über diese Veranstaltung berichtet: »Der zweite<br />
Vortragsabend über Westfälischplattdeutsche Dichtung war noch<br />
stärker besucht als der erste ... Mit gespannter Aufmerksamkeit<br />
folgten die Zuhörer den interessanten Darlegungen und beteiligten<br />
sich nachher auch rege ,<br />
an der Leseübung ... «. .<br />
14. Protokollbuch des Bildungsausschusses der Stadt <strong>Iserlohn</strong>, Sitzung<br />
v. 14. 11. 1919. StAls.<br />
15. Ebd., Sitzung v. 23. 2. 1920.<br />
16. So wies der IKZ allein im Januar 1921 fünf Mal auf den Vortrag<br />
»Grundfragen der Astronomie« hin, den Studienrat Heine halten<br />
wollte. Vgl. IKZ; v. 6.1.,8.1., 11. 1. und 15.1. 1921.<br />
17. »Die VHS will mit diesem Vortrag nicht in das Gebiet der<br />
Fachschule übergreifen; die zur Verfügung stehende Zeit würde<br />
auch nicht ausreichen, den Stoff vom fachwissenschaftlichen<br />
Standpunkt aus einigermaßen erschöpfend zu behandeln. An den<br />
vier für den Vortrag in Aussicht genommenen Abenden soll<br />
vielmehr nur eine Auswahl von Gebieten aus der Geschichte der<br />
Metalle, ihrer Verarbeitung in alter und neuer Zeit und der<br />
Nutzbarmachung der wissenschaftlichen Untersuchung der Metalle<br />
mit Mikroskop und Meßtechnik gegeben werden.« IKZ, 78. Jg.,<br />
Nr. 69 v. 29. 3. 1920.<br />
15