vhs - Iserlohn
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In dieser Zeit der Not dankte der Kaiser ab (was kein großer Verlust war) und die<br />
demokratische Republik wurde in Weimar ausgerufen. Und – und damit bin ich beim Thema<br />
– das Bildungssystem sollte renoviert werden. In Artikel 148 der Weimarer Reichsverfassung<br />
wurde eine neue Bildungseinrichtung kreiert – die Volkshochschule. Diese VHS sollte vom<br />
Staat und von den Kommunen finanziert werden. Das preußische Volksbildungsministerium<br />
forderte qua Erlass vom 25.02.1919 alle Gemeinden auf, eine öffentliche Volkshochschule zu<br />
gründen. Auf der Reichsschulkonferenz 1920 befasste sich eine eigene Arbeitsgruppe mit der<br />
Struktur und dem Profil dieser neuen Einrichtung. Auch wenn es bereits Vorläufer dieser<br />
Institution gab, so kann das Jahr 1919 durchaus als der Beginn der modernen<br />
institutionalisierten EB gelten.<br />
Die Begründungen dieser Reform waren nicht nur kultur- und bildungs-, sondern auch<br />
wirtschafts- und sozialpolitisch. Wirtschaftlich sollte die VHS vor allem die berufliche<br />
Wiedereingliederung der Kriegsheimkehrer unterstützen. Sozialpolitisch sollten durch eine<br />
integrative Volksbildung die Klassengegensätze überbrückt werden. Man sprach von einer<br />
„Volkbildung durch Volksbildung“, von einer „Arbeitsgemeinschaft von Kopf- und<br />
Handarbeitern“, von einer Aufwertung der „volkstümlichen Bildung“. Außerdem sollte die<br />
Bildungsbenachteiligung der Frauen durch die VHS verringert werden – zumal der Frau<br />
erstmalig das allgemeine Wahlrecht zugebilligt worden war. Politisch und ideologisch sollte<br />
das demokratische Bewusstsein und die politische Urteilsfähigkeit geschult werden. Die<br />
Demokratie – so hieß es – fordert den aufgeklärten und mündigen Bürger. Darüber hinaus galt<br />
es, nach der Katastrophe des Kaiserreichs eine moderne kulturelle und politische Identität –<br />
u.a. durch die Besinnung auf klassische deutsche Kultur – zu schaffen.<br />
Dass dieser Versuch der Demokratisierung bald scheiterte, dass aus der volkstümlichen<br />
Bildungsidee eine rassistische und militaristische Blut- und Bodenideologie wurde, kann zwar<br />
den meisten VHSn nicht angelastet werden, gehört aber zu den dunklen Seiten der VHS-<br />
Geschichte.<br />
Pädagogisch betrachtet ist die VHS-Bewegung Bestandteil der Reformpädagogik. Es gehörte<br />
zum Selbstverständnis der VHS, nicht nur wissenschaftliches Wissen durch Vorträge zu<br />
„popularisieren“, sondern teilnehmer- und erfahrungsorientiert in Arbeitsgemeinschaften neue<br />
Einsichten zu erarbeiten. Dieses Konzept entsprach M. Montessoris „Erziehung vom Kinde<br />
aus“, Kerschensteiners Arbeitsschulidee, dem Konzept der Landerziehungsheime und der<br />
Kunsterziehungsbewegung. Vor allem aber war die Mehrzahl der VHS-Lehrkräfte<br />
„jugendbewegt“, d.h. naturverbunden, zivilisationskritisch, antiindustriell.<br />
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