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vhs - Iserlohn

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8. Anhang: VHS-Zeitzeugen erinnern sich<br />

8.1. Gunter Kingreen: „Als die Volkshochschule 40 Jahre jung war …“<br />

Gunter Kingreen, seit 50 Jahren Hörer und Dozent an der VHS <strong>Iserlohn</strong>, erinnerte sich an<br />

seinen ersten Kurs im Jahr 1959:<br />

„Eine Arbeitsgemeinschaft, so nannte man damals einen Kurs, sammelte sich zum Thema<br />

,Thomas Mann’ in den geschichtsträchtigen Gewölben des Alten Rathauses vom 4. November<br />

1959 bis zum 6. April 1960. Angehende Abiturienten, kundige Bürger und beredte<br />

Studienräte trafen da zusammen.<br />

Leiter der AG war Dr. Olschewski aus Köln. Er verfügte nicht gerade über die letzten Weihen<br />

der Pädagogik. Sein Reichtum an Fremdwörtern konnte zuweilen erst nach dem Ende der<br />

jeweiligen Sitzung geklärt werde.<br />

In den ersten Sitzungen besprachen wir Thomas Manns Erzählung ,Tristan’. Ein Satz wie<br />

,Klöterjahn scherzte in ziemlich unerlaubter Weise mit einem Stubenmädchen’ verführte<br />

dazu, lang und breit zu erörtern, wer denn hier sich als Moralapostel aufspielte: der Verfasser?<br />

Die Gesellschaft? Klöterjahn vielleicht selbst?<br />

Das Protokoll zu dieser Sitzung am 25. November 1959 geriet denn auch eher zu einer<br />

,Kampfschrift’ als zu einer bloßen Wiedergabe der Sitzung. Und da musste sich Dr.<br />

Olschewski dann dieser Kampfschrift stellen, und er tat es auch.<br />

Ein neuer Streit entbrannte bei der Behandlung der ,Buddenbrooks’. Man war sich einig, dass<br />

der Verfall einer Familie nur ein soziologischer Aspekt bei der Betrachtung des Werkes sei,<br />

denn geistig und künstlerisch steigt die Familie auf, im Tode gipfelnd. Thomas Mann folgt<br />

hier den Gedanken des Philosophen Schopenhauer. Aber übernimmt er sie bloß oder stellt er<br />

sie mit seiner Ironie nicht zugleich in Frage? Darüber gab es eine neue Auseinandersetzung.<br />

Versöhnlich war dann die Gegenüberstellung von Thomas Manns Ironie, die alles in Frage zu<br />

stellen scheint, mit dem Humor bei Jean Paul, der uns so vertraut und liebenswert ist: Da trägt<br />

der Schulmeister Wutz zu seiner Geliebten einen Pfefferkuchen. Unterwegs ,biss er sauber die<br />

vier rechten Winkel ab und machte ein Achteck, ein Sechzehneck.’ ,Darauf war nach diesen<br />

mathematischen Ausarbeitungen das Vieleck vor keinem Mädchen mehr zu produzieren!’<br />

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