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schnell vergriffen sein wird 91 «. Oder: »Am vergangenen Dienstag<br />
begann der Kursus über den zweiten Teil der Goetheschen<br />
Faustdichtung in der hiesigen städtischen VHS. Im vergangenen<br />
Jahr erfreute sich der Kursus, der den ersten Teil behandelte, aus<br />
allen Teilen der Bevölkerung eines regen Interesses. Obwohl die<br />
Vorlesungen in erster Linie für Hörer mit Volksschulbildung<br />
bestimmt sind, so versteht der Vortragende (das ist<br />
Arbeitersekretär Skuhr, H.-J. B.) es doch, auch denen, die über<br />
ein größeres Wissen verfügen, den Stoff interessant zu machen«.<br />
Oder: »Studienrat Dr. Wagner hat sich auf die wiederholt<br />
vorgebrachten Wünsche seiner zahlreichen Hörerschaft<br />
bereiterklärt, in einem 5 doppelstündigen Kursus über „Kant<br />
1927 nannte die VHS in einer Vorankündigung dann sogar statt<br />
Themen nur noch die Namen von Dozenten: »In den nächsten<br />
Monaten werden die Herren Studienrat Pr. Wagner, Dr. med.<br />
Neuwerth, Parteisekretär Skuhr-Nachrodt und Fachoberlehrer und<br />
Chemiker Dr. Wagner weitere Kurse abhalten, über die<br />
demnächst Bekanntmachungen erfolgen 96 «.<br />
Konsequent blieb der Bildungsausschuß auch dabei, die<br />
Ankündigung der Kurse mit dem Hinweis zu versehen, daß die<br />
Vorträge in allgemeinverständlicher Form gehalten würden und<br />
Vorkenntnisse nicht erforderlich seien: »Die Einführung in die<br />
Volkswirtschaft soll in leicht fachlicher Weise gedacht sein, so<br />
daß Vorkenntnisse nicht vorausgesetzt werden 97 «. Auf diese<br />
Weise versuchte er, den Menschen die Scheu vor der Hochschule<br />
zu nehmen. Die Ankündigungstexte betonten ferner immer<br />
wieder, daß die jeweilige Thematik an einzelnen, leicht faßlichen<br />
Beispielen erarbeitet werden solle, und waren bemüht, die oft<br />
hochwissenschaftlich wirkenden Vortragsthemen etwas »tiefer zu<br />
hängen«: »Der Kursus ... „Einführung in die Kunstgeschichte“ ...<br />
soll eine Arbeitsgemeinschaft für Hörer mit Volksschulbildung<br />
sein ... Es kann natürlich nicht die Absicht sein, das ganze,<br />
ungeheure Gebiet zu behandeln, das würde nur zu einer Häufung<br />
von Namen ohne Inhalt führen, vielmehr soll an einzelnen<br />
Persönlichkeiten und charakteristischen Erscheinungen das<br />
Verständnis für die Kunst geweckt und ihr Zusammenhang mit<br />
dem Geistesleben jedes Zeitalters aufgedeckt werden«, schrieb<br />
der IKZ beispielsweise im Oktober 1924 98 . Und im Januar 1925<br />
führte er einen Vortrag über Kant wie folgt ein: »Bei den vielen<br />
Fragen und Zweifeln der Gegenwart ist das Interesse für Kant<br />
wieder außerordentlich gestiegen, und es ist auch besonders der<br />
Wunsch geäußert worden, die Gedanken Kants dem breiteren<br />
Publikum zugänglich zu machen. Dieser Versuch soll hier<br />
unternommen werden. Die Vorträge sind so volkstümlich wie<br />
möglich 99 «. Ferner wird in den Ankündigungstexten häufig die<br />
Möglichkeit betont, »jederzeit Fragen stellen« zu können 100 - ein<br />
deutlicher Hinweis darauf, daß sich die Vorträge an der<br />
Aufnahmefähigkeit der Hörer orientierten und die praxisnahe,<br />
theorieferne Vorgehensweise herausstellten. So heißt es z. B. in<br />
der Ankündigung zu dem Kursus »Einführung in die<br />
Elektrizitätslehre auf Grund von praktischen Beispielen«: »Die<br />
Art der Behandlung wird allgemeinverständlich sein und so, daß<br />
die Teilnehmer nicht nur hören, was wir von dieser<br />
Naturerscheinung wissen, sondern daß sie vor allem erfahren, wie<br />
wir zu diesem Wissen gekommen sind, wie es sich auf Grund von<br />
Beobachtungen und Versuchen zusammenhängend aufgebaut hat.<br />
Dementsprechend soll der Kursus in erster Linie lebendige<br />
Anschauung und unmittelbare Erfahrung vermitteln 101 «.<br />
Daß es in zunehmendem, Maße gelang, Arbeiter für die<br />
Vorträge der VHS zu interessieren, scheint vor allem auf die<br />
Mitarbeit des Arbeitersekretärs Skuhr aus Nachrodt<br />
zurückzuführen sein. Während Skuhr mit seinen beiden ersten<br />
Vortragsveranstaltungen (Faust I und Faust II) überraschend<br />
eher bildungsbürgerliche Themen aufgriff, widmete er sich in<br />
der Folge Gegenständen, mit denen die Arbeiter schon in den<br />
Arbeiterbildungsvereinen in Berührung gekommen sein dürften.<br />
So sprach er über den »Historischen Materielismus« 102 - und<br />
»Der Einzelne und die Gesellschaft. Aufbau und innere<br />
Gesetzmäßigkeit des Gesellschaftslebens« 103 . Der Vortrag »Die<br />
Frau in der nordischen Literatur« 104 sollte auf dem Wege über<br />
die Literatur die Hörer mit der Stellung der Frau in Familie und<br />
Gesellschaft bekanntmachen und ihnen Einblicke vermitteln in<br />
»Tendenzen des Ringens um die Gleichberechtigung der<br />
Geschlechter« - also ein geradezu klassisches<br />
sozialdemokratisches Thema. Gleiches gilt für Skuhrs Vortrag<br />
über »Die Sittenanschauungen im Wandel der Zeit« 105 , dessen<br />
Leitidee darin bestand, nachzuweisen, daß jede Epoche<br />
besondere, sich aus dem jeweiligen Stand der Technik<br />
ergebende Wirtschaftsmethoden praktiziert, die die<br />
herrschenden Sittenanschauungen maßgeblich beeinflussen:<br />
»Somit sind nicht ewige Ideen, sondern materielle<br />
Daseinsbedingungen die treibenden Faktoren der sittlichen<br />
Höherentwicklung der Menschheit«.<br />
Angesichts des Zulaufs, den die VHS- Veranstaltungen, die<br />
übrigens in Konkurrenz zu denen des damals überaus aktiven<br />
Kaufmännischen Vereins standen 106 , fanden, stieß eine im Januar<br />
1925 im »Märkischen Landboten« (Hemer) veröffentlichte<br />
Zuschrift, die den <strong>Iserlohn</strong>ern »Kulturlosigkeit« vorwarf, auf<br />
Empörung 107 . Während kulturelle ' ~ Veranstaltungen in <strong>Iserlohn</strong><br />
häufig vor leeren Rängen stattfänden - hieß es im »Märkischen<br />
Landboten« - sei der Andrang beim Schützenfest oder ähnlichen<br />
geselligen Vergnügungen lebensgefährlich, und die Wirte machten<br />
glänzende Geschäfte. Diese Kulturlosigkeit sei »ein böses Zeichen<br />
für den geistigen Stand« <strong>Iserlohn</strong>s. Dem hielt der IKZ entgegen,<br />
daß gute Vorträge noch stets vor großer Zuhörerschaft<br />
stattgefunden hätten und verwies als Beleg für diese These nun<br />
allerdings nicht auf Veranstaltungen der VHS, sondern auf die<br />
Vorträge des Kaufmännischen Vereins - ein deutliches Indiz für den<br />
Stellenwert, den dieser bürgerlich geprägte Verein in der<br />
gesellschaftlichen und kulturellen Hierarchie damals besaß 108 .<br />
93. IKZ, 83. Jg., Nr. 43 V. 20. 2. 1925.<br />
94. IKZ, 82. Jg., Nr. 34 v. 9. 2. 1924.<br />
95. IKZ, 83. Jg., Nr. 7 v. 9. 1. 1925.<br />
96. IKZ, 85. Jg., Nr. 6 v. 8. 1. 1927.<br />
97. IKZ, 82. Jg., Nr. 15 v. 18. 1. 1924.<br />
98. IKZ, 83. Jg., Nr. 259 v. 3. 11. 1924. - Damit versuchte man 1 der<br />
Forderung gerecht zu werden, die VHS müsse» Wissenschaft in<br />
lebendiges Leben« zurückverwandeln. Vgl. Krau-<br />
se, a. o. a. 0., S. 27: »Die Gelehrtenschule verwandelt alles<br />
Lebendige in Wissenschaft; die Volkshochschule muß<br />
versuchen, Wissenschaft in lebendiges Leben<br />
zurückzuverwandeln«.<br />
99. IKZ, 83. Jg., 16 v. 20. 1. 1925.<br />
100. IKZ, 84. Jg., Nr. 256 v. 31. 10. 1925 .<br />
101. IKZ, 84. Jg., Nr. 259 v. 4. 11. 1925.<br />
102. IKZ, 83 Jg., Nr. 254 v. 28. 10. 1924.<br />
103. IKZ 83. Jg., Nr. 20 v. 25. 1. 1926.<br />
104. IKZ 84. Jg., Nr. 28 v. 3. 2. 1927.<br />
105. IKZ, 85. Jg., Nr. 301 v. 24. 12. 1927.<br />
106. Die Hinweise auf Veranstaltungen des KV im IKZ in den<br />
Jahren 1919 - 1933 sind so zahlreich, daß sich hier<br />
Einzelnachweise erübrigen. - Zum Teil ergaben sich<br />
Konkurrenzsituationen zwischen dem KV und der VHS.<br />
So kündigte z. B. der KV im Jahre 1925 einen fast<br />
identischen Vortrag an wie die VHS. VHS: »Studienrat<br />
Wagner über -Kant und seine Bedeutung für die<br />
Gegenwart..« IKZ, 83. Jg., Nr. 7 v. 9. 1. 1925. KV:<br />
»Universitätsprofessor Dr. Ernst Horneffer, »Kant und das<br />
deutsche Volk..« IKZ, 84. Jg., Nr. 248 v. 22. 10. 1925.<br />
107. IKZ, 83. Jg., Nr. 136 v. 13.6. 1925.<br />
108. Wörtlich heißt es: »Der Kaufmännische Verein, der mit<br />
stets wachsendem Erfolge durch seine wissenschaftlichen<br />
Vorträge die geistigen und künstlerischen Bedürfnisse<br />
unserer Mitbürger ungemein vorteilhaft beeinflußt und<br />
belebt ... «<br />
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