SPORTaktiv Dezember 2018
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DIE<br />
WELT<br />
AUF DEN<br />
KOPF GESTELLT<br />
YOGA TRAINIERT<br />
KÖRPER, GEIST UND<br />
SEELE. ABER SELBST<br />
EINER DER GEFRAGTESTEN<br />
LEHRER WIE YOUNG-HO<br />
KIM HAT KLEIN ANGEFAN-<br />
GEN – UND ZWAR MIT<br />
GROSSEN TRÄUMEN,<br />
DIE DEN GEBÜRTIGEN<br />
SÜDKOREANER IN<br />
KLEINEN SCHRITTEN<br />
VON DEUTSCHLAND<br />
AUS DIE WELT IN DEN<br />
FLUSS BRINGEN LIESSEN.<br />
VON MARTINA STIX<br />
Foto: Yongsubi<br />
Die einen mögen sich ihren Kick<br />
holen, indem sie sich Felsklippen<br />
hinabstürzen. Die anderen<br />
vielleicht dadurch, dass sie ganz profan<br />
flüssig kredenzt ihren Koffeinspiegel hinaufschnellen<br />
lassen. Und wiederum andere<br />
betrachten dafür einfach die Welt auf<br />
den Kopf gestellt. So wie Young-Ho Kim.<br />
Denn Adho Mukha Vrikshasana mache,<br />
so der Yogalehrer, schlicht und ergreifend<br />
süchtig: „Ich mag den Handstand so sehr,<br />
weil dabei dein ganzer Körper arbeitet.<br />
Aber auch, weil er superehrlich ist, dabei<br />
kannst du nichts faken. Du hast es drauf<br />
– oder eben nicht.“<br />
In einer Yogawelt, in der zurzeit oft der<br />
schöne Schein in Form von noch schöneren<br />
Instagram-Bildern zelebriert wird,<br />
erscheint die Frage nach dem Sein wichtiger<br />
denn je. Kim sagt: „Sechsstellige<br />
Follower-Zahlen machen noch lange keinen<br />
guten Lehrer!“ Aber was dann? Vor<br />
allem eines: Authentizität. Für ihn gebe<br />
es nichts Widerlicheres als Yogalehrer, die<br />
etwas vorgeben zu sein, das sie nicht sind:<br />
„Das fängt schon bei der Stimme an. Du<br />
hast Leute, die außerhalb des Studios<br />
ganz normal mit dir reden und dann ihre<br />
pseudoerleuchtete Stimme auspacken.“<br />
Kritisch sehe er auch Dinge, die man<br />
nur macht, weil sie von einem Yogalehrer<br />
erwartet werden. „Ich würde etwa nie auf<br />
die Idee kommen, Mantras zu chanten,<br />
das ist nicht mein Ding.“<br />
Yoga an sich ist aber seit 20 Jahren vollends<br />
Kims Ding. Die Liebe dazu brachte<br />
der gebürtige Südkoreaner, dessen sportliche<br />
Wurzeln im Taekwondo liegen, aber<br />
nicht aus seiner Heimat mit – er sollte<br />
sie mit Anfang 20 andernorts erst finden.<br />
„Asien hat mich damals überhaupt nicht<br />
interessiert. Jedes Mal, wenn ich genug<br />
Geld zusammen hatte, bin ich in die<br />
USA.“ 1998 reichten die Ersparnisse für<br />
eine Reise an die Westküste. Es war dort<br />
die Zeit des ersten großen Asana-Booms.<br />
Jeder machte damals in Kalifornien Yoga<br />
– und so machte es Kim zum Ausprobieren<br />
eine Woche lang mit einer Fülle<br />
unterschiedlicher Klassen auch. Zum<br />
schicksalsschweren Yoga-Erlebnis sollte es<br />
dennoch nicht auf der Matte kommen.<br />
In einer Buchhandlung stolperte er über<br />
Rodney Yee, einen Yogalehrer, der damals<br />
mehr als eine Million Videokassetten<br />
verkauft hatte: „In meinem jugendlichen<br />
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