SPORTaktiv Dezember 2018
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Nacktlauf bei Vollmond<br />
Wer den Rückwärtsläufer und Sportpsychologen<br />
kennenlernt, sieht einen<br />
Mann, der in sich ruht, aber über den<br />
Tellerrand hinausblickt. Der Neues<br />
wagt – aber nicht in Harakiri-Aktionen.<br />
Bei Gosch entsteht erst immer ein<br />
Plan im Kopf und dann ein Projekt.<br />
Als Bub vom Land in der Südweststeiermark<br />
hat er mit 12, 13 Jahren<br />
gemerkt: Wenn ich trainiere, bin ich<br />
besser als die anderen. So hat seine<br />
sprichwörtliche Laufbahn begonnen.<br />
In einem Sport, der damals nicht so<br />
en vogue war wie heute. Nach dem<br />
Präsenzdienst war er lange als Exekutivbeamter<br />
tätig, hat dann währenddessen<br />
wieder den Horizont erweitert und mit<br />
dem Studium begonnen. Die halblustigen<br />
Kommentare, warum er nicht<br />
rückwärts zur Arbeit kommt und, dass<br />
er alles nur der Inszenierung wegen<br />
macht, hat er weggesteckt und ist seinen<br />
Weg gegangen. Immer mit einem<br />
Schuss kreativen Andersseins. „Einmal<br />
bin ich bei Vollmond nackt rückwärts<br />
auf den Plabutsch, einen Berg im Grazer<br />
Umland, gelaufen.“<br />
Heute hat er eine sportwissenschaftliche<br />
und sportpsychologische Beratungsstelle,<br />
betreut das Nationalteam der<br />
Sportschützen mental und hat mit Erich<br />
Frischenschlager, einem Hochschulprofessor<br />
für Bewegungswissenschaften<br />
und Sportpädagogik, einen Ratgeber<br />
geschrieben, wie man seine Lebensqualität<br />
steigert. Auch Übungskärtchen<br />
für den Alltag haben die beiden entwickelt.<br />
„Darum geht es mir: gesund<br />
AB UND ZU<br />
RÜCKWÄRTS<br />
ZU LAUFEN<br />
VERBESSERT<br />
DEN LAUFSTIL.<br />
bleiben bis ins Alter.“ Darum hat er<br />
seine extremen sportlichen Projekte<br />
zurückgeschraubt, läuft heute nur noch<br />
„weil es mir guttut“. Er hält auch ein<br />
Plädoyer für Bewegung, als Mittel zur<br />
Steigerung der Lernfähigkeit. „Wenn<br />
wir komplexe Sportarten ausüben, erhöhen<br />
wir die Anzahl der neuronalen<br />
Verschaltungen“, sagt Gosch. Und das<br />
geht in jedem Alter, nicht nur in der<br />
Schulzeit. Oder mit einfachen Übungen<br />
abseits des Sportplatzes oder der<br />
Turnhalle. In Seminaren lässt er Leute<br />
gerne gemeinsam bis 100 zählen. „Bei<br />
ungeraden Zahlen müssen sie die linke<br />
Hand heben, bei Geraden die rechte,<br />
bei Zahlen, die durch drei teilbar sind<br />
müssen sie klatschen, bei Zahlen, die<br />
durch fünf teilbar sind hüpfen.“<br />
Den Zusammenhang zwischen Körper<br />
und Geist zu fördern – das ist so<br />
etwas wie die Mission, die Sennahoj<br />
Gosch antreibt. Ob vorwärts oder<br />
rückwärts. „Denn Bewegung ist Dünger<br />
für unser Gehirn.“<br />
<strong>SPORTaktiv</strong><br />
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