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Literatur machen

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36<br />

Fast alles taugt zum Thema<br />

Die Karriere eines fast jeden Journalisten<br />

beginnt mit einem herben Rückschlag.<br />

Mit der Erkenntnis nämlich, dass sich<br />

das Vorhaben, der Menschheit nun<br />

endlich die Wahrheit zu bringen, so gut<br />

wie nicht umsetzen lässt. Selbst wenn es<br />

DIE Wahrheit gäbe, hätte der angehende<br />

Journalist seine liebe Not damit, sie in<br />

einen griffigen Artikel zu packen.<br />

Alles fängt also eine Nummer kleiner an.<br />

Mit der Aneignung des grundlegenden<br />

Handwerkszeugs etwa. Wie funktioniert<br />

Recherche? Mit welchen Techniken und<br />

Tricks erziele ich beim Interview die<br />

besten Ergebnisse? Was zeichnet eine<br />

gute Reportage aus? Welchen formalen<br />

Ansprüchen muss ein journalistischer<br />

Text genügen?<br />

Nebenbei macht man sich schon mal<br />

Gedanken über die Themen, die man<br />

zum Gegenstand der Berichterstattung<br />

<strong>machen</strong> könnte. Spätestens hier folgt die<br />

zweite, vielleicht viel überraschendere<br />

Erkenntnis: Fast alles taugt zum Thema.<br />

Man muss es nur unter der entsprechenden<br />

Fragestellung betrachten und in<br />

der entsprechenden Weise verpacken.<br />

Die eigene Welt, der eigene Alltag<br />

steckt voller Geschichten und Themen:<br />

Freunde, die etwas Besonderes <strong>machen</strong>,<br />

außergewöhnliche Reisen, die typischen<br />

Verhaltensweisen und Vorlieben der<br />

Altersgenossen... Wer einmal entdeckt<br />

hat, wie unerschöpflich der Fundus<br />

schon im eigenen Umkreis ist, kommt<br />

aus dem Schreiben nicht mehr heraus.<br />

Die ganz großen Fragen muss man<br />

dabei ja nicht unbedingt aus den Augen<br />

verlieren.<br />

06<br />

37<br />

Journalistisches Schreiben bewegt sich<br />

immer im Spannungsfeld zwischen<br />

Möglichkeit und Begrenzung. Der Rahmen,<br />

in dem der Autor (oder Reporter)<br />

arbeitet, besteht aus der wie auch immer<br />

gearteten Realität, über die er berichtet,<br />

sowie dem Medium, für das er schreibt.<br />

So weit, so begrenzt. Innerhalb dieses<br />

Raumes herrscht jedoch meist noch<br />

genügend Freiheit, um ein eigenes<br />

Profil, einen individuellen Stil entwickeln<br />

zu können.<br />

Die Reportage-Werkstatt versucht, die<br />

Teilnehmer auf der Suche nach ihrem<br />

Profil zu unterstützen. Dazu gehört<br />

natürlich eine Portion Theorie, die eigentliche<br />

Arbeit findet jedoch an den entstandenen<br />

Texten statt. Nur in der Praxis<br />

kann man schließlich erkennen, wo die<br />

eigenen Interessen und Stärken liegen.<br />

Besonders erfreulich ist, dass der Workshop<br />

im zurückliegenden Semester nicht<br />

mehr nur ein Ort für Trockenübungen<br />

war, sondern den Charakter einer wirklichen<br />

Redaktion angenommen hat. Zu<br />

verdanken ist das der Zusammenarbeit<br />

mit der Baden-Württemberg-Ausgabe<br />

der Russischsprachigen Monatszeitung<br />

Izvestia. Von Mai an gestalteten die<br />

Schüler der Reportage-Werkstatt jeweils<br />

eine oder zwei Seiten der Zeitung mit<br />

ihren Artikeln und ihren Themen, auf<br />

Deutsch und teilweise auch auf Russisch.<br />

Eine einmalige und gute Chance für<br />

junge Journalisten, sich zu bewähren.<br />

Es gibt eben nicht nur herbe Rückschläge,<br />

sondern manchmal auch große<br />

Sprünge nach vorn.<br />

Tilman Rau, Werkstattleiter

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