Literatur machen
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Leonie Achtnich<br />
***<br />
der himmel errötet<br />
über unser nichtgespräch<br />
ungesagtes versickert in den fugen<br />
schlittert über parkett<br />
ertrinkt im orangensaft<br />
unsere schuhe parallel wie unsere gesten<br />
zwischen uns nur gebügeltes schweigen<br />
aus den ecken knistert<br />
ein stück weißt-du-noch<br />
Selma Alihodˇzić<br />
meine sonne<br />
brennt noch<br />
kenne nun den wert der wertlosen<br />
löse ihnen die schicksalstories von<br />
gesichtern<br />
dann erde<br />
umschließlich und warm<br />
aus euren augen sprechen seelen<br />
rufen euch<br />
zur schwelle, am anfang der unendlichkeit<br />
ich seh’ euch<br />
erleuchtet mir den blick<br />
Dominique Baur<br />
Oberflächlichkeit<br />
06<br />
56<br />
ich liebe deine Oberfläche<br />
so glatt<br />
so schimmernd<br />
viskos<br />
unantastbar<br />
weil zart<br />
und brüchig unterhöhlt<br />
aber anziehend<br />
quälend und hypnotisch<br />
macht mich träumend<br />
bebend<br />
und fast sabbern<br />
will sie streicheln<br />
drücken<br />
daran kratzen<br />
Christina Döneke<br />
Schneeflocke im Juni II<br />
Es ist einige Zeit her. Mein Gesicht,<br />
hundert Jahre mehr. Schroff und durchgezehrte<br />
Wand – bin ich – steht es noch<br />
immer. Ein bisschen schräg sind wir<br />
im Wind und blasser, aber unter<br />
Schmutzschichtlagen schimmernd.<br />
Die Worte, die ich dir, das Blut, mit dem<br />
ich, meine Seele, die darin. Was aber<br />
bleibt (b)ist Du, im Augenblick des<br />
Schicksals, wo bist du geblieben? Das<br />
Gestern überall und stetig. Wohltuend<br />
wärmende Dunkelheit, von augenschmerzendem<br />
Licht durchbrochen, bis<br />
nur noch der Wunsch nach Leere. Und<br />
dann der Zwang und die Augen mit der<br />
Zange und du ganz nackt, platscht auf<br />
einmal leise die Trauer gegen dich und<br />
deine und gegen die Wände in und um<br />
und überall. Verwaschen tropft dein Bild,<br />
die Farben fortgeschwemmt, und so mal’<br />
ich dich erneut in schwarz und weiß.<br />
Aber die Schrift und die Worte und du an<br />
deiner Wand, das bleibt. Als Denk Mal.<br />
Und da wir Helden sind, hat nichts funktioniert.<br />
06<br />
57<br />
Die Augenringe hat man dir angemalt<br />
Mit der brüchigen Bleistiftspitze<br />
Und nur ein kleiner Blitz<br />
Beim Vorbeigehen.<br />
Ja, deine Lippen funkeln<br />
Rubinrot auf weißer Haut<br />
Und kein Glanz<br />
In den Augen.<br />
Es scheint als seien<br />
Zwei dunkle Löcher im Gesicht<br />
Und wenn man durchschaut<br />
Bleibt nur ein Regenmeer.<br />
Der alte Traumfänger über der Kommode<br />
Kämpft schon lange nicht mehr<br />
Denkt sich jeder<br />
Bei diesem Niemandsgesicht.<br />
Der rote Mohn geht ein<br />
Wenn du vorbeigehst<br />
Aber das siehst du nicht.<br />
Auf dem Lippenstift<br />
Steht Pearl & Shine<br />
Und hält was es verspricht.<br />
Ein kleiner Schutzengel<br />
An deiner kleinen Seite.<br />
Natalie Hörl<br />
Pearl & Shine