Literatur machen
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Gekicher am Paternoster und Hausaufgaben<strong>machen</strong><br />
im Flur: Eine ganze Schulklasse<br />
nahm an der dritten Staffel der<br />
Schreibwerkstatt Naturwissenschaften<br />
teil und sorgte für Pausenhof-Atmosphäre<br />
im <strong>Literatur</strong>haus. Die 23 Schülerinnen<br />
und Schüler besuchten die 9. Klasse der<br />
Waldschule Degerloch und entschieden<br />
sich für zwei Stunden „Science & Fiction“<br />
statt Biologie-Unterricht. Organisiert<br />
wurde der Kurs gemeinsam mit Karin<br />
Schneider, der Biologie-Lehrerin der<br />
Klasse. Inhaltlich waren wir festgelegt,<br />
denn das Thema „Evolution“ stand auf<br />
dem Lehrplan. Außerdem war wichtig,<br />
dass die Schüler für ihre Kursbeteiligung<br />
am Ende benotet werden konnten.<br />
Während des Kurses wurden daher<br />
Fakten über das Thema Evolution (z.B.<br />
„Wie entstanden die Wirbeltiergruppen?“)<br />
einerseits und Ratschläge zum<br />
Thema Schreiben (z.B. „Was sind sprachliche<br />
Klischees?“) andererseits vermittelt.<br />
Im Anschluss gab es eine konkrete<br />
Schreibaufgabe. Verschiedene Exkursionen<br />
– beispielsweise zum Fossiliensammeln<br />
auf die Schwäbische Alb und<br />
zum Löwentormuseum – und Vorträge<br />
von Wissenschaftlern ergänzten das<br />
Programm. Die neuen Texte oder eine<br />
Auswahl davon wurden beim folgenden<br />
Werkstatttreffen gelesen und diskutiert.<br />
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Als Ersatz für eine Klassenarbeit haben<br />
die Teilnehmenden einen in der Schreibwerkstatt<br />
geschriebenen Text zur<br />
Benotung ausgewählt.<br />
Angefangen hat unser Projekt mit<br />
Charles Darwin: Nach einer kurzen Vorstellung<br />
Darwins und seiner Theorie zur<br />
Entstehung der Arten schrieben die<br />
Schüler einen fiktiven Dialog zwischen<br />
Darwin und seiner (ebenfalls fiktiven!)<br />
religiösen Schwiegermutter. Ein Ergebnis<br />
ist der Text „Eine Nacht in London“ von<br />
Marcel Junghanß. Wichtige Schlüsselbegriffe<br />
zum Thema Evolution wie<br />
Selektion und Mutation inspirierten die<br />
Schüler zu Texten über die Selektion von<br />
Turnschuhen und die Mutation von<br />
Hirschen aus den Wäldern des Stuttgarter<br />
Umlandes. Die „Zwitterfische“ von<br />
Kevin MacPherson sind jedoch das Opfer<br />
einer Modifikation – eines nicht vererbbaren<br />
Umwelteinflusses.<br />
Der Entwicklungsbiologe Ralf Dahm vom<br />
Max-Planck-Institut in Tübingen war zu<br />
Gast in der Schreibwerkstatt und berichtete,<br />
wie die Forscher den komplizierten<br />
Weg von einer befruchteten Eizelle zum<br />
lebensfähigen Organismus erforschen.<br />
Wichtige Modellorganismen für die<br />
Forschung der Tübinger Entwicklungsbiologen<br />
sind Zebrafische, über die<br />
Jasmin Kienle schreibt.<br />
Ein weiterer Gast war der Zoologe und<br />
Lehrbuchautor Volker Storch von der<br />
Universität Heidelberg. Er machte den<br />
Schülern eindrucksvoll klar, dass die<br />
Grenze zwischen Mensch und Tier viel<br />
unschärfer ist, als wir annehmen. Anne<br />
Löchner schreibt darüber.<br />
Wir wünschen viel Vergnügen bei dieser<br />
Auswahl – bei Texten, die Fakten und Fiktion<br />
zusammenbringen. Für die Schüler<br />
war das Projekt nicht unanstrengend,<br />
denn „schlimmer als in der Schule“ waren<br />
Genauigkeit und kreative Ideen gleichzeitig<br />
gefragt. Gelohnt hat sich der<br />
Aufwand in jedem Fall – denn die Schüler<br />
haben nicht nur gute Texte geschrieben,<br />
sondern auch viel über Evolution gelernt:<br />
Beschreiben kann man nur, was man<br />
auch begriffen hat.<br />
Claudia von See, Werkstattleiterin<br />
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