die auswirkungen des wachsenden ... - Stockmann, Ulrich
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1. Einleitung<br />
Die Auswirkungen <strong>des</strong> <strong>wachsenden</strong> Billigflugsektors in Europa<br />
Obwohl Billigfluganbieter spürbare Auswirkungen auf bestimmte Marktsegmente <strong>des</strong><br />
Luftverkehrs haben, sind Umfang und Art <strong>die</strong>ser Wirkung weitgehend regionaler Natur.<br />
Ausgangspunkt für das Billigflugphänomen, das sich inzwischen finanziell wie operationell als<br />
robustes Dienstleistungskonzept erwiesen hat, waren <strong>die</strong> USA. Trotz der in der Regel<br />
homogenen Definition <strong>die</strong>ser Dienstleistung zeigt sich bei der Betrachtung der Fachliteratur,<br />
dass eine große Vielfalt von Modellen vorliegt (u. a. Windle R., et al, 1996; Doganis R., 2001;<br />
Calder S., 2002; Lawton T. 2002; Francis G. et al., 2004). Um <strong>die</strong> Dynamik und das Potenzial<br />
<strong>die</strong>ses neu entstandenen Marktes zu verstehen, sollte zunächst ein Blick auf <strong>die</strong> vielfältigen<br />
Geschäftsmodelle geworfen werden.<br />
Die meisten Billigflugmodelle weisen bestimmte gemeinsame Eigenschaften auf, zu denen<br />
Folgen<strong>des</strong> zählt: intensive Flugzeugnutzung, Buchung über das Internet, Nutzung kleinerer<br />
Flughäfen, auf eine Min<strong>des</strong>tanzahl begrenzte Besatzung, unteres Gehaltsniveau, geringere<br />
gewerkschaftliche Organisiertheit der Mitarbeiter, nur eine Sitzklasse, kurze Bodenstandzeiten,<br />
keine Frachtbeförderung, sehr einfache Flugpreisstrukturen und Preisstrategien, strenge<br />
Ertragsmanagementverfahren, E-Ticketing, oft freie Sitzplatzwahl (zügigerer Einstieg), kein<br />
kostenloser Bordservice, d. h. Speisen und Getränke sind vom Fluggast zu bezahlen, keine<br />
Anschlussflüge, statt<strong>des</strong>sen Nonstop-Flüge. Der zunehmende Wettbewerb im Luftverkehr hat<br />
im Übrigen dazu geführt, dass <strong>die</strong> etablierten Fluggesellschaften einen Teil <strong>die</strong>ser Merkmale<br />
übernommen haben, um in dem neuen deregulierten Umfeld besser überleben zu können.<br />
Abb. 1 gibt aus wirtschaftlicher Sicht einen Überblick über <strong>die</strong> Kostenvorteile, <strong>die</strong> generell bei<br />
allen Billigflugmodellen anfallen. In der Vergangenheit bestand <strong>die</strong> übliche Vorgehensweise der<br />
Fluggesellschaften darin, ihre Einnahmen durch eine Segmentierung <strong>des</strong> Angebots zu<br />
optimieren, z. B. in <strong>die</strong> Klassen Economy, Business, First Class usw. (das linke Diagramm von<br />
Abb. 1 stellt zwei Marktsegmente mit Tarif A und Tarif B dar). Dabei wurden <strong>die</strong> niedrigeren<br />
Tarife in Abhängigkeit sowohl von den Stückkosten als auch von der potenziellen Konkurrenz<br />
und <strong>die</strong> höheren Tarife in Abhängigkeit von der Zahlungsbereitschaft der Reisenden festgelegt.<br />
Angesichts sehr hoher Stückkosten lagen <strong>die</strong> niedrigeren Tarife oberhalb der unteren Bereiche<br />
der Nachfragekurve (rechte Seite <strong>des</strong> Diagramms), und so wurde ein beträchtlicher Teil <strong>des</strong><br />
Marktes vom Fliegen abgehalten. Dieser Teil entspricht dem Personenkreis, der sich durch eine<br />
sehr geringe Zahlungsbereitschaft auszeichnet. Doch genau mit <strong>die</strong>sem Marktsegment als Ziel<br />
sind <strong>die</strong> Billigfluganbieter in den Markt eingestiegen (mittlerer Teil von Abb. 1), und zwar mit<br />
sehr niedrigen Flugpreisen (rechte Seite <strong>des</strong> Diagramms). Infolge<strong>des</strong>sen konnte ein wesentlicher<br />
Teil <strong>des</strong> Marktes plötzlich Flugreisen unternehmen.<br />
Daraus erklärt sich der Erfolg <strong>des</strong> Billigflugkonzepts – mit niedrigen Flugpreisen <strong>die</strong><br />
Kundschaft zu erobern, <strong>die</strong> sich Flugreisen bisher nicht leisten konnte. Vorraussetzung für den<br />
Erfolg <strong>die</strong>ser Strategie war ein Betrieb mit niedrigen Kosten, damit <strong>die</strong> niedrigen Flugpreise<br />
gehalten werden konnten. Dies schlägt sich auch in der englischen Bezeichnung für <strong>die</strong><br />
Billigfluggesellschaften („Low-Cost Airlines“, LCA) nieder.<br />
Einer McKinsey-Stu<strong>die</strong> (2002) zufolge lassen sich mit einem Niedrigkostenmodell durch<br />
betriebliche und unternehmerische Maßnahmen bis zu 57 % der Kosten einsparen. Die<br />
herkömmlichen Fluggesellschaften reduzieren zwar ihre Kosten, liegen dabei jedoch weit hinter<br />
den Billigfliegern. Somit wenden sie sich an ein kleineres Marktsegment, d. h. an <strong>die</strong> Passagiere,<br />
für <strong>die</strong> eine höhere Zahlungsbereitschaft charakteristisch ist. Darüber hinaus mussten sie einen<br />
Teil der unteren Bereiche ihrer Nachfragekurve an <strong>die</strong> Billigfluganbieter abtreten.<br />
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PE 397.234