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Recht & Verwaltung<br />
Neues Nachbarrecht gilt ab 1. Juli 2004<br />
Wie weit sind die<br />
Gemeinden betroffen?<br />
Um es gleich vorweg zu nehmen: Mit dem neuen Nachbarschaftsrecht sollte es nicht zu<br />
einer Flut von Klagen kommen. Vorgeschrieben wird zuallererst der „Versuch der<br />
außergerichtlichen Streitbeilegung“ mit oder ohne Schlichtungsstelle. Und da kommen<br />
die Gemeinden massiv ins Spiel. Der Bürgermeister ist nämlich immer noch die<br />
Respektsperson im Ort. Vor allem wird er als Vermittler gefragt sein.<br />
◆ Univ.-Prof. Dr. Ferdinand Kerschner<br />
Das ab 1. Juli geltende neue Nachbarrecht<br />
betrifft in seinen wesentlichsten<br />
Neuerungen vor allem :<br />
◆ Beschattungsfälle durch Bäume und<br />
andere Pflanzen am Nachbargrund:<br />
Der betroffene Eigentümer (aber auch<br />
Mieter) kann bei unzumutbarer Beeinträchtigung<br />
durch die Beschattung<br />
beim Gericht auf Abhilfe klagen. Die<br />
maßgebliche Bestimmung des § 364<br />
Abs 3 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch<br />
lautet:<br />
„Ebenso kann der Grundstückseigentümer<br />
einem Nachbarn die von dessen Bäumen<br />
oder anderen Pflanzen ausgehenden<br />
Einwirkungen durch den Entzug von<br />
Licht oder Luft insoweit untersagen, als<br />
diese das Maß des Absatz 2 überschreiten<br />
und zu einer unzumutbaren Beeinträchtigung<br />
der Benutzung des Grundstücks<br />
führen. Bundes- und landesgesetzliche<br />
Regelungen über den Schutz von oder vor<br />
Bäumen und anderen Pflanzen, insbe-<br />
◆ Univ. Prof.<br />
Dr. Ferdinand<br />
Kerschner ist Vorstand des Instituts<br />
für Zivil- und Umweltrecht an der<br />
Johannes Kepler Universität Linz<br />
10 KOMMUNAL<br />
sondere über den Wald-, Flur-, Feld-,<br />
Ortsbild-, Natur- und Baumschutz, bleiben<br />
unberührt.“<br />
Vor der Klage muss aber eine<br />
außergerichtliche Streitbeilegung<br />
versucht werden.<br />
◆ Herüberwachsende Äste<br />
bzw Wurzeln darf der beeinträchtigte<br />
Nachbar<br />
(grundsätzlich aber auf<br />
eigene Kosten) weiterhin<br />
selbst entfernen, hat dabei<br />
aber fachgerecht und möglichst<br />
schonend vorzugehen. Ist durch<br />
die Wurzeln bzw Äste bereits ein Schaden<br />
entstanden oder droht ein solcher<br />
offenbar, muss der störende Nachbar<br />
die Hälfte der Kosten (aber auch nicht<br />
mehr) ersetzen (§ 422 ABGB).<br />
◆ Das (neue) allgemeine nachbarliche<br />
Rücksichtnahmegebot:<br />
„Im Besonderen haben die Eigentümer<br />
benachbarter Grundstücke bei der Ausübung<br />
ihrer Rechte aufeinander Rücksicht<br />
zu nehmen.“<br />
Bedeutung des neuen<br />
Rechts für Gemeinden<br />
Vom neuen Nachbarrecht kann eine<br />
Gemeinde in gleich mehrfacher Hinsicht<br />
betroffen sein:<br />
◆ Ist die Gemeinde Eigentümer von<br />
Liegenschaften (Grundstücken), kann<br />
sie selbst durch fremde Bäume (oder<br />
andere Pflanzen) beeinträchtigt sein<br />
oder als Eigentümer<br />
der Bäume (bzw<br />
anderer Pflanzen)<br />
selbst Störer sein.<br />
Praktisch wird es sich<br />
meist um gemeindeeigene<br />
Wohnanlagen,<br />
Parks oder auch<br />
Gemeindestraßen<br />
handeln. Das private<br />
Nachbarrecht gilt<br />
nämlich auch im Verhältnis<br />
zu öffentlichen Straßen, soweit<br />
es um Straßenverwaltung geht.<br />
Vor der<br />
Klage muss eine<br />
außergerichtliche<br />
Streitbeilegung<br />
versucht werden.<br />
◆ Die Gemeinde bzw der Bürgermeister<br />
werden gerade bei Nachbarschaftskonflikten<br />
oft als Vermittler angegangen.<br />
Soweit noch Gemeindevermittlungsämter<br />
bestehen, kämen diese<br />
auch als mögliche Schlichtungsstellen<br />
in Beschattungsfällen in Betracht.<br />
◆ Je nach Landesrecht kann die<br />
Gemeinde sogar unmittelbar als einschlägiger<br />
Verordnungsgeber in<br />
Betracht kommen. Keine gerichtliche<br />
Abwehr ist nämlich gegeben, wenn und<br />
soweit ein öffentlich-rechtlicher Baumschutz<br />
vorliegt. So können etwa<br />
Gemeinden in Niederösterreich gem.<br />
§ 15 Naturschutzgesetz 2000 Baumschutzverordnungen<br />
erlassen (Ziele des<br />
Gesetzes sind heimische Arbeitsvielfalt,<br />
das örtliche Kleinklima und eine